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B u c h I. Kap. 1. §. 3. B u c h I. Kap. 1. §. 3. 11
aber solle rings um ihn her tanzen, und viel von Liebeswerken
reden. Gleicherweise solle man beim Kümmel, wenn man ihn säet,
Lästerungen reden. Auch um die schwarze Nieswurz solle man
einen Kreis beschreiben, sich gegen Mittag stellen und beten, und
sowohl rechts wie links auf den Adler acht geben, denn er bringe
dem Grabenden Gefahr; käme er ihnen nahe, so stürben sie in
demselben Jahr. Das alles, wie gesagt, scheint ungereimt zu sein."
— An sich gewiss, mit Rücksicht auf den klar zu Tage liegenden
Zweck keineswegs. Es kam darauf an, Nebenbuhler von einem
leichten und einträglichen Gewerbe fern zu halten. Dazu bot der
Aberglaube eins der sichersten Mittel. Zu demselben Zwecke
mussten aber auch die gesammelten Kenntnisse so viel wie möglich
verheimlicht M^erden. Kann ich gleich dafür, dass es geschah,
cein ausdrückliches Zeugniss beibringen, so lässt sich doch kaum
daran zweifeln; und auch das beschränkte unstreitig den Nutzen
der Rhizotomie für die Botanik.
Von der Charlatanerie der P h a rma k o p o l e n , die man zwar
von den Rhizotomen unterschied, die aber oft beide Gewerbe zugleich
scheinen getrieben zu haben, weiss Theophrastos nicht weniger
zu erzählen. Unter andern i), der Pharmakopole Aristop
h i l o s von Platäa hätte gesagt, er besässe Mittel, das Zeugungsvermögen
zu stärken und zu schwächen. Letzteres könnte
er sogar auf bestimmte Zeit, etwa auf zwei oder drei Monate, einrichten,
und bediente sich dessen oft bei Sklaven, um sie zu zügeln
oder zu züchtigen.
Vorzüglich suchten sie sich durch wirkliches oder vorgespiegeltes
Verschlucken drastischer Arzneimittel in grossen Dosen das
Ansehen zu geben, als commandirten sie die Wirkung ihrer Mittel,
wie noch jetzt zuweilen Rattenfänger so thun, als verschluckten
sie Arsenik.
Anders fasst Sprengel die Salftie auf; von dem Pharmakopolen
Eudemos, den er noch dazu mit dem Philosophen gleiches Namens
von Rhodos verwechselt, sagt er unter anderni): „er versuchte
an sich selbst die Kräfte der Arzneien, besonders des Helleborus
" Nach folgenden Stellen des Theophrastos mögen meme
Leser selbst beurtheilen, ob das zu wissenschaftlichen Zwecken
ano-estellte Experimente oder betrügliche Gaukeleien waren.
^ Alle Arzneimittel, sagt er unter andern^), sind minder wirksam
bei denen, die sich daran gewöhnten, bei Einigen ganz unwirksam.
Manche, die ganze Bündel von Nieswurz verzehren, leiden
nichts davon, so z. B. T hr a s i a s , der, was Wurzeln betriíít,
für einen der vorzüglichsten gilt. Dasselbe sollen jedoch auch einige
Herten thun. Ein solcher kam zu einem viel bewunderten Pharmakopolen,
der eine oder zwei Wurzeln ass, und beschämte ihn,
indem er ein ganzes Bündel verzehrte. Er versicherte, sowohl er
wie Andere thäten das Tag für Tag." - Ich lasse dahin gestellt
sein, ob er es wirklich that, oder ob er den Pharmakopolen nur
an Gewandtheit als Gaukler übertraf.
Wenige Zeilen weiter erzählt Theophrastos von jenem Eudemos,
den er einen in seiner Kunst sehr geschickten Pharmakopolen
nennt, auch dieser hätte Nieswurz genommen und gewettet,
das sollte ihn bis Sonnenuntergang (so lange er auf dem Markte
auszustehen pflegte) nichts anhaben. Allein obgleich die Portion
sehr mässig gewesen, hätte er sie doch nicht bei sich behalten
und überwinden können. Das, meine ich, ist nicht die Art, wie
man Experimente anstellt.
„Auch Eudemos der Chi er, fährt Theophrastos fort, bekam
nach Nieswurz keine Ausleerungen. Er erzählt selbst, wie
er einst an einem Tage zwei und zwanzig Portionen genommen,
während er bis zum Abend ohne aufzustehen auf dem Markt bei
1) Theophr, hist. plant. IX, cap. 18. sect, 4.
1) Spreng eis Gesch. d. Botan. /, Ä 50. - Ueber die vielen Pharmakopolen,
Aerzte und Phllosoplien Namens Eudemos , deren wir gleich zwei
werden kennen lernen, verweise ich auf ßos enbaums Anmerkungen zu
seiner (der vierten) Ausgabe des ersten Bandes von Spr eng ei s Geschichte
der Medicin, Lpz. 1846, Seite 314 und 442, wo auch'noch merkwürdige Züge
jener Charlatanerie, freilich aus verschiedenen Zeiten, vorkommen.
2) Theophr. l. c. 17. sect. 1,