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224 B u c h III. Kap. 1. §, 30.
scliliesseii wir hier aus, weil sie offenbar wie Diokles Karystios in
eine frühere, oder wie Pamphilos in eine spätere Zeit gehörten.
Sinkt dadurch obige Zahl beträchtlich herab, so bleibt sie doch
oo: eoö; en das GeAAdcht der einzelnen Namen noch immer' unverhältnissniässig
stark. Erhalten hat sich nur Nikolaos Damaskenos in kläglichstem
Zustande, Nikandros Kolophonios zum Theil und einige
Geographen und Georgiker, die auch wohl beiläufig einiger Pflanzen
op 'edenken in mehr oder minder erheblichen Bruchstücken. Doch
grade, je weniger wir von den meisten Schriftstellern dieser Zeit
über Botanik wissen, desto sorgfältiger muss alles, was wir von
ihnen wissen, zusannnengestellt w^erden, um ein so viel wie möglich
befriedigendes Gesammtbild zu geben.
Auf einige charakteristische Züge der Literatur des Zeitalters
überhaupt, besonders der naturwissenschaftlichen, mache ich im
Voraus aufmerksam.
Dazu gehört vor allem die vorherrschende Neigung zu gramm
a t i s c h e r Behandlung der Gegenstände, selbst der naturwissenschaftlichen.
Astronomie und Geographie erwuchsen freilich erst
im alexandrinischen Zeitalter, dazu konnte die Grammatik nicht mitwirken
; der Anatomie eröffnete sich mit der Erlaubniss, menschliche
Leichname zu zergliedern, eine ganz neue Bahn, der die
Grammatiker gleichfalls fern blieben; die Mathematik bediente sich
von jeher einer ganz eigenthümlichen Sprache, die nur der Eingeweihete
versteht, auch damit befassten sich die Grammatiker
nicht; sämmtlicher übrigen Wissenschaften aber mitsammt der
Poesie bemächtigten sie sich. In der eigentlichen Medicin fing
man schon an Commentare über den Hippokrates, Erklärungen
der^ bei ihm vorkommenden ungewöhnhchen Ausdrücke zu schreiben,
und Untersuchungen über die Aechtheit seiner einzelnen
Bücher anzustellen.
Zu letztern hatte man leider bei allen älteren Schriftstellern
Grund genug. Wie leicht sich bei der Vervielfältigung durch
Abschriften Fehler einschleichen, ist bekannt. Ganz besonders
suchte man daher für die grossen Bibliotheken in Alexandrien Pergamon
u. s. w. alte Handschriften oder gar Autographa zu be-
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kommen, und bezahlte sie mit unerhörten Preisen. Das erregte
die Spéculation , man fing an zu fälschen und schlechtes eigenes
oder fremdes Machwerk unter beliebten Namen um schweres Geld
zu verkaufen. Dergleichen Betrügereien zu entdecken, das Aechte
vom Falschen zu sondern, war eine Hauptaufgabe der Mitglieder
des alexandrinischen Museums; für jeden bedeutenderen Schriftsteller
der Vorzeit^ wie für Hippokrates, Aristoteles, Theophrastos
u. s. w., arbeitete man einen Kanon, ein Verzeichniss seiner für
ächt erkannten Schriften, den endlich die Grammatiker Aristophanes
und Ar istarchos, Bibliothekare an der Bibliothek des
Brucheion und Ptolemäos Epiphanes, für die gesammte klassische
Literatur abschlössen. Offenbar mussten dergleichen Forschungen,
wie verdienstlich sie an sich sein mochten, in den Naturwissenschaften
die Sachkenner von eigener Naturforschung ablenken
und die Grammatiker, sich auch ohne Sachkenntniss mit einer
Art naturwissenschaftlicher Literatur zu befassen, ermuthigen.
Ein anderer hervorstechender Zug der naturwissenschaftlichen
Literatur des Zeitalters ist das Haschen nach dem Aussero
r d e n t l i c h e n , Wunderbaren, Zauberhaften, was die
Macht des Menschen über die Natur und seine Mitmenschen zu
steigern versprach. Schon bei Aristoteles und Theophrastos fanden
wir die teleologische Beziehung der Naturdinge auf den Menschen
vorwaltender als bilhg, doch mit der reinen Lust am Begreifen
auch des Alltäghchsten in der Natur noch so innig verschlungen,
dass die Wissenschaft in ihrem jugendkräftigen Emporstreben dadurch
nicht merldich gehemmt ward. Je mehr aber jener ächt
wissenschaftliche Trieb sich abschwächte, desto anspruchsvoller
trat das selbstsüchtige Verlangen hervor. Nur das in der Natur,
was durch seine Seltenheit oder die Merkwürdigkeit seiner Wirkung
überraschte, Staunen erregte, fand man noch der Betrachtung
Werth, ohne nach den Ursachen seines Daseins oder seines Einflusses
zu fragen. Daher die zahlreichen Werke über Naturm
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e r k w ü r d i g k e i t e n , Tcaçaôo^a^ d^av/LiaGta ^ lötocpvT] ^ und wie
sie weiter genannt wurden. Aber auch dem sinnlichen Genuss
wie der Leidenschaft sollte die Natur fröhnen, und durch zauber-
Meyer, Gcscli. d. Botanik. I. 15