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156 Buch IL Kap. 2. §.18.
es, wenn sich Theophrastos ein für allemal darüber aussprach.
Wir wissen nicht, ob er es M-irUich gethan, und das ist bei dem
Verlust der meisten seiner Werke kein Wunder. Ist es aber geschehen,
so löst sich dadurch das obige Räthsel beinahe vollständig.
Es bedurfte dann natürlich keiner speciellen Citate des, Aristoteles,
der Antheil desselben an allen Werken des Theophrastos durfte
als bekannt vorausgesetzt, eine Wiederholung am gelegenen Orte
nicht gescheut werden, Späteren Grammatikern, unter denen sich
besonders zwei, An dr onikos Rho dio s und H e rmi p p o s, mit
den Schriften des Theophrastos beschäftigt zu haben scheinen i),
konnten den Verfasser und den Herausgeber nur zu leicht verwechseln,
und mussten bei solchen Schriften, woran beide mehr
oder weniger Theil hatten, vollends in Verlegenheit gerathen.
Herrschten aber solche Zweifel bei einigen Werken, so konnten
sie sich in noch späterer Zeit auch auf solche Werke erstrecken,
die man früher als entschieden aristotelisch oder theophrastisch
betrachtet hatte.
Es bleibt nur noch die doppelte Eeihe unzweifelhaft ächt
aristotehscher und ächt theophrastischer Schriften unter ganz oder
fast gleichen Titeln zu betrachten übrig. Die Absicht, seines
grossen Meisters Leistungen durch neue Bearbeitungen derselben
Gegenstände zu überbieten, können wir vernünftiger Weise dem
Theophrastos nicht zutrauen, Seine Aufgabe war, Lücken auszufüllen,
im Allgemeinen aufgestellte Gedanken weiter zu verfolgen
und im Besondern zu bewähren, dieselben Gegenstände von Seiten
her, von denen sie Aristoteles unberührt gelassen hatte, zu beleuchten,
und dergleichen mehr. In einem einzelnen Fall sagt
uns Cicero ganz bestimmt, dass es sich wirklich so verhalten.
„Durch Aristoteles, sagt er 2) kennen wir die Sitten Einrichtungen
Verfassungen nicht nur aller griechischcn, sondern auch ausländischen
Staaten; durch Theophrastos auch ihre Gesetze." So diente
1) Verg-l. Fabric. hibl. Graec. I I I , pag. 412, 4M und 'und Schneider
in Theophr. opera F, pag. 234.
2) Cicero de ßnihus V. cap. 4.
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also das Werk des Theophrastos über die Gesetze dem aristotelischen
über die Staatsverfassungen zur Ergänzung. Sollte es sich
mit den naturwissenschaftlichen Werken beider anders verhalten?
Unter den zoologischen Werken des Theophrastos werden genannt:
vom Instinct und den Gewohnheiten der Thiere, von den verschiedenen
Stimmen gleichartiger Thiere, von den von selbst
(automatisch) entstehenden Thieren, von den Winterschläfern;
dazu sechs Bücher von den Thieren ohne nähere Bezeichnung des
Inhalts 1). Es leuchtet von selbst ein, dass jene besondern Werke
vielleicht nur Abschnitte des letztern waren; und dann war dieses
nichts weniger als eine Wiederholung der aristotelischen Thiergeschichte,
sondern eine reichhaltige Ergänzung derselben. Einen
gewissen Mangel an Zusammenhang tadelten die Kritiker von
Scaliger bis heute an den noch übrigen Büchern des Theophrastos
von den Ursachen der Pflanzen. Besässen wir des Aristoteles
Theorie der Pflanzen, und fände sich, dass Theophrastos, diese
voraussetzend, sie nur hätte ergänzen wollen: so möchte sich der
Tadel vielleicht in Lob verwandeln. Leider fehlt uns ein solcher
Maassstab, desto vorsichtiger sollten wir bei Beurtheilung der uns
noch übrigen Fragmente theophrastischer Schriften verfahren. Denn
vollständig ist keins seiner Werke auf uns gekommen. Mögen
genauere Kenner beider Schriftste'ler diese Bemerkungen ihrer
Aufmerksamkeit würdigen. Ich zweifle nicht, dass sie sich mehr
und mehr bestätigen werden.
Unter den beiden noch vorhandenen botanischen Werken des
Theophrastos bestand die Geschicht e der P f l a n z e n aus zehn
Büchern, neuere Ausgaben enthalten nur neun; denn was ältere
Ausgaben und einige Handschriften wenigstens als Anfang des
zehnten lieferten, erwies sich bei näherer Untersuchung als Schlusssatz
des neunten, verbunden mit einigen Wiederholungen aus
früheren Büchern. Ausserdem fehlt uns nach der wohl begründeten
Meinung des neuesten Bearbeiters, Wimm er, das Ende des
zweiten und fünften Buchs, und zahlreiche Lücken zeigen sich
1) Fabric hibl. Gr. l. c. 449 und -iJÖ.
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