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38 B u c h I. Kap. 2. §. 7. B u c h T. Kap. 2. §. 7. 39
der Natur, erfasste mit Liebe das Lebeu derselben, und vergeistio
te es, konnte aber bis zum freien Geist sich nicht erheben;
die andere, ganz versenkt in den Gedanken des Geistes, verleugnete
die Natur, ohne doch ihrer sich ganz erwehren zu können.
Die Pflanzennatur blieb entweder auf beiden Seiten noch unbeachtet,
oder uns wenigstens ging, was man davon erkannt zu haben
og laubte,' verloren. Gleiclnvolil durften wir diese älteste Periode
der Philosophie nicht übergehen, um die des Empedokles, den
ersten Versuch eiher Vermittelung beider Grundansichten, zu der
ich mich nun wende, und aus der sich wenigstens Einiges über
die Natur der Pflanze erhielt, richtig aufzufassen.
§. 7.
E m p e d o k l e s Akragantino s.
E m p e d o k l e s aus Akragas (Agrigentum der Römer, jetzt
Girgenti) an der Südküste Siciliens blühete ungefähr um 444 v. C.
Er war reich, angesehen, berühmt als Dichter Redner Philosoph
Arzt Seher und — Wunderthäter. Sein überaus hoch geschätztes
Gedicht von der Natur, wozu das von den Alten gleichfalls oft
erwähnte Gedicht unter dem Namen der S ü h n u n g e n als Theil
gehört zu haben scheint, soll in drei Büchern aus fünf tausend
Hexametern bestanden haben. Alles, was sich in oft sehr geringen
Bruchstücken davon erhielt, beträgt nicht viel über vier
hundert Verse, wozu jedoch manche zum Theil sehr ausführliche
Berichte über die Lehre des Dichter-Philosophen kommen. Sturz
hat sich das Verdienst erworben, alles bei den Alten auf Empedokles
Bezügliche zu sammeln, die Fragmente so, wie sie in seinem
Gedicht wahrscheinlich auf einander folgten, zusammen zu stellen,
kritisch zu bearbeiten, und Leben und Lehre des Weisen von
Akragas bis ins feinste Detail mit Geist und Gelehrsamkeit zu
entwickeln. Nach ihm entdeckte Pevron in einer turiner Hand-
J ) Empedo des Agrig entinus. De vita et philosophia ejus exposuit etc.
F. G. Sturz. Tom. J, I I , Lipsiae, 1805. 8.
Schrift noch mehrere Fragmente, die er in einer besondern kleinen
Schrift bekannt machte. Die dem Zuschnitt nach, sonst aber
in nichts der sturzischen ähnliche Arbeit von Lommatzsch 2) nebst
einer metrischen Uebersetzung kann ich leider nicht empfehlen.
Was sie Gutes enthält, gehört Sturz, und die sehr übel klingenden
Hexameter der Uebersetzung lassen sich ohne Vergleichung des
Originals meist gar nicht verstehen.
„Empedokles, sagt Brandis 3), kehrt zwar zu der Annahme
ursprünglich bestimmter UrstofFe zurück, sucht aber die darüber
hinausgehenden Speculationen, wie einerseits des Herakleitos, so
andererseits der Eleaten und Pythagoreer zu benutzen, und zuo
leich ihren Folgerungen sich zu entziehen, indem er die Realität
von Sein und Werden zu verbinden, und mit hervorstechendem
Sinn für Beobachtung eine grössere Mannichfaltigkeit von Erscheinungen
auf seine Grundannahmen zurückzuführen bestrebt ist.
In ihnen gehört er, Avie auch Aristoteles und Andere ausdrücklich
anerkannten, durchaus zu der Reihe der ionischen Physiologen,
und nähert sich nur in einzelnen Bestimmungen den Pythagoreern
und Eleaten, zu denen er in persönlicher Beziehung gestanden
haben soll."
Man streitet bis auf den heutigen Tag darüber, zu welcher
Schule Empedokles zu rechnen sei. Ritter rechnet ihn zu den
Eleaten, Lommatzsch, wie früher Brucker u. a., zu den Pythagoreern,
Sturz zwar nicht zu diesen, doch zu den sogenannten
Pythagoristen. Mir scheint Brandis, wie gewöhnlich, wenn er von
seinen Vorgängern abweicht, den bessern Theil ergriffen zu haben;
doch wollen wir nicht unbemerkt lassen, dass ein Vermittler
1) Empedo eli s et Parmenidis fragmenia ex codice Taurinensis hibliothecae
restituta et illustrata ab Amadeo Peyron etc. Lipsiae, 1819. 8.
2) Lommatzsch, B. G. C., die Weisheit des EmpedoMes nach ihren Quellen
und deren Auslegung philosophisch bearbeitet, nebst einer metrischen Uebersetzung der
noch vorhandenen Stellen seines Lehrgedichts über die Natur und die Läuterungen,
soioie seiner Epigramme. Berlin, 1830. 8.
3) Brandis am angef. Ort 1, S. 188.
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