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200 Buch II. Kap. 3. §. 25.
Manclie Pflanzen haben mehrere Farben in sich, wie der
Saft des Mohns und die Neige des ausgepressten OHvenöls {z^g
üaiag o a^uagyi^g). Auch diese sind anfangs weiss wie der Granatapfel,
aus dem Weissen gehen sie ins Hochrothe über, zuletzt
aber, wenn das Schwarze Ueberhand nimmt, werden sie blau.
Daher sich auch die oberen Blätter des Mohns röthen, weil die
Kochung in ihnen sehr schnell vor sich geht, die unteren aber
schwarz sind, indem diese Farbe in ihnen bereits vorwaltet, wie
auch in der Frucht, die zuletzt schwarz wird. In solchen Pflanzen
aber, in denen nur Eine Farbe herrscht, etwa die weisse schwarze
hochrothe oder violette, behalten auch die Früchte stets die Natur
deijenigen Farbe, in welche sie sich einmal aus dem Grünen
verwandelt haben.
Auch findet man, dass bei einigen Blüthe und Frucht von
gleicher Farbe sind, wie z. B. beim Granatbaum. Denn sowohl
seine Frucht wird roth, wie auch seine Blüthe. Bei andern ist
aber die Farbe beider sehr verschieden, wie beim Lorbeer und
Epheu. Denn ihre Blüthe ist ganz gelb, und die Frucht des einen
schwarz, des andern roth. So ist es auch mit dem Apfelbaum;
auch dessen Blüthe ist weiss ins Purpurfarbige spielend, die Frucht
hingegen gelb. Die Blume des Mohns ist roth, die Frucht bald
schwarz bald weiss, weil die Kochung der in ihnen waltenden Säfte
zu verschiedenen Zeiten erfolgt.
Dies bewährt sich auf vielerlei Weise. Denn auch einige
Früchte erleiden, wie gesagt, mit der fortschreitenden Kochung
vielfache^ Veränderungen. Auch im Geruch und Geschmack zeigt
sich zwischen Blume und Frucht oft ein grosser Unterschiel
Aber noch aufFallender ist es bei den Blumen selbst, wenn an
demselben Blatt ein Theil schwarz, ein anderer roth, oder einer
weisslich, ein anderer purpurfarbig ist. Vorzüglich sieht man das
an der Iris; denn wegen mannichfaltiger Kochung vereint auch
diese Blume in sich die verschiedensten Farben, gleich wie die
Trauben, wenn sie zu reifen beginnen. Die stärkste Kochung erleidet
das Aeusserste der Blumen, daher sie, wo sie aufsitzen,
weniger gefärbt sind.
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Fast wird auch an einigen das Feuchte gleichsam ausgebrannt,
ehe es seine eigentliche Kochung erreicht; daher die Blumen ihre
Farbe behalten, die Früchte dagegen bei fortschreitender Kochung
die ihrige verändern. Denn jene werden wegen der geringen
Menge der Nahrung schnell gar; die Früchte aber verwandeln
sich wegen ihres Ueberflusses an Feuchtigkeit während der Kochung
in alle Farben, die ihrer Natur angemessen sind. Was
sich auch, wie früher gesagt worden, beim Färben zeigt. Denn
im Anfang, wenn die Purpurfärber die Blutbrühe ansetzen, wird
sie dunkel, schwarz und luftfarbig; ist aber die Masse genug
durchgearbeitet, so erscheint die Purpurfarbe glänzend und blühend.
Daher müssen sich auch die Blumen an Farbe, von den Früchten
sehr unterscheiden. Einige übersteigen gleichsam das Ziel,
das ihnen die Natur gesetzt hat, andere bleiben dahinter zurück,
jene, weil sie eine vollständige, diese, weil sie eine unvollständige
Kochung erfahren. Aus diesen Ursachen scheinen sich die Blumen
und Früchte in der Farbe von einander zu unterscheiden.
Die Blätter der meisten Bäume werden aber endlich gelb, weil
sie wegen Abnahme der Nahrung früher welken, als sie in die
ihrer Natur angemessene Farbe übergehen können; wie auch einige
abfallende Früchte gelb werden, weil ihnen die Nahrung ausgeht,
bevor sie gar geworden; eben so der Weizen und alle Saaten,
denn auch sie werden zuletzt gelb. Das Feuchte in ihnen bewirkt
die Verwandlung der Farbe, ohne dass sie wegen des schnellen
Austrocknens schwarz werden. Denn mit dem Gelben verbunden
wird das Schwarze, Avie gesagt, grün. Wird aber das Schwarze
immer schwächer, so geht die Farbe allmälig wieder ins Gelbgrüne
über, und wird endlich gelb. Zwar werden die Blatter des
Birnbaums und der Andrachne, auch einiger andern Pflanzen, wenn
sie gar gekocht sind, roth; was aber an ihnen geschwind austrocknet,
wird gelb, weil ihm die Nahrung vor dem .Garwerden
ausgeht.
Das sind die Ursachen, welche die Farben-Unterschiede der
Pflanzen zumeist zu bewirken scheinen.
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