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siigt derselbe, würde fälschlicli dem Demokritos zugeschrieben.
Dies führt uns bis auf Vitruvius zurück, der des Demokritos
Cheirokmeta, also, ohne es zu wissen, den Bolos citirt; und Vitruvius
schrieb zwischen den Jahren 15 und 18 v. Chr. i). -- Noch
einen, obgleich nicht so sichern Schritt weiter rückwärts führt uns
Phnius. Nachdem er erklärt hat, es stehe fest, dass Demokritos
der Verfasser der Cheirokmeta sei, und zur Probe das unsinnigste
Zeug daraus erzählt hat von allerlei Zauberpflanzen, fährt er fort^):
„Diesen (Zauberpflanzen) fügte Apol lodorus, der Anhänger
jenes, die Aeschynoniene . . . , Cratevas die Oenotheris hinzu."
Vorausgesetzt nun, dass sich dieser, ich weiss nicht welcher, Apollodoros
auf die Cheirokmeta, Krateuas auf Apollodoros bezogen,
wie es den Anschein hat, dass wir hier also eine chronologische
Folge haben: so dürfen wir den Bolos füglich bis zu Ptolemäos
Vir. Physkon zurücksetzen, ohne jedoch behaupten zu wollen,
dass er nicht schon unter einem der früheren Ptolemäer gelebt
haben könnte. Sehr weit stand er demnach vermuthlich nicht
hinter dem falschen Orpheus und falschen Pythagoras zurück in
der Zeit, und seine Vaterstadt Mendes lag nicht fern von Alexandrien.
Immer dieselbe Komödie auf demselben Theater!
Noch verdient bemerkt zu werden das umgekehrte Verhältniss,
worin sein Ruf und die Würde der Wissenschaft in verschiedenen
Zeiten zu einander standen. Cicero, der in den Büchern von
der Weissagung und vom Geschick Gelegenheit genug hatte, des
neuen Magikers zu gedenken, kennt oder achtet ihn noch nicht
der Erwähnung werth. Kurz vor Christi Geburt, bei Vi t ruvius
hören wir zuerst von ihm, doch noch unter dem angenommenen
Namen des Demokritos. Kurz nach Christi Geburt, bei Colum
e l l a , tritt sein eigener Name ans Licht, nebst einem Zauber
gegen eine Krankheit der Schaafe und einem wunderlichen Mittel
Gurken gegen die Kälte abzuhärten. Man soll sie in das Mark
abgeschnittener Doldenpflanzen oder Brombeerstauden setzen. Das
1) Siehe Hirt m Wolf und Buttmanns Archiv d. AUerih. Wissensch. /, S. 229.
PI in. X X I V , cap. 17 sect. 102.
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Buch von den Sympathien hält jedoch Columella noch für ächt
demokritisch, und entlehnt daraus einen Zauber gegen Kohlraupen,
alles, wie es scheint, scherzhafter Weise. Nun folgt P l i n i u s mit
Tadel und Verachtung, und gleichwohl langen Auszügen aus den
Cheirokmetis und der Monographie des Chamäleon, deren Aechtheit
er kritiklos in Schutz nimmt. Nur ein paar Züge aus ersterm
Buch zur Probe: Aglaopholis, auf arabischen Marmorfelsen
vorkommend, werde von den Magikern zum Citiren der Götter
gebraucht 1); Achämeni s , eine indische Pflanze von Bernsteinfarbe
ohne Blatt, w^er am Tage von ihrer Wurzel mit Wein trinke,
bekenne Nachts unter Foltern und Göttererscheinungen jede Schuld;
A r i a n i s , eine feuerfarbene Pflanze aus ilriana, gesammelt, wenn
die Sonne im LÖwen steht, entzünde durch blosses Berühren in
Oel getränktes Holz, u. s. w. Bei jeder Pflanze ständen auch
noch die Namen, w^'omit die Magiker sie nennten. Indess brauche
ich kaum zu bemerken, dass auch die andern Namen völlig unbekannt
sind, natürlich damit der Gläubige, so oft ihn Ein Versuch
täuschte, zu neuen Forschungen Raum behielt. Strenger
beurtheilt bald darauf Gellius den ihm dem Namen nach noch
unbekannten Monographen des Chamäleons. Erst anderthalb hundert
Jahr n. Chr., bei G a l e n o s , tritt der Zauberer entschieden mit offenem
Visier auf. Aber nochmals erfährt er bittern Tadel wegen seiner
Giftmischerei. Von nun an verstummen Spott und Tadel, der
Vlann kommt allmäJig zu Ehren. Stephanos Byzantios,
etwa 500 J. n. Chr., muss ihn sehr hoch gestellt haben, sonst
hätte er ihn in seinem compendiösen Wörterbuch der Städte gewiss
nicht als botanische Auctorität neben Theophrastos citirt.
T h e o p h y l a k t o s Simokat t a im siebten Jahrhundert nennt ihn
in einem Athem mit andern ihm ehrwürdigen Männern, denen er
sich nicht gleich zu stellen wage, in folgender Ordnung: Demokritos,
Aristoteles, die Platoniker, Jamblichos, Proklos, Galenos,
Plotinos, Sotion, Alexandros (ohne Zweifel Aphrodisiakos), Theophrastos,
B o l o s , Aelianos, Plutarchos, Ambro, Imbrasios, Damas-
1) Buch VIII, §. 51 werde ich auf diese Pllanze zurückkommen.
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