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336 Biich IV. §. 48.
zu entfernen i). Auch waren die bedeutenderen älteren römischen
Dichter grosstentheils Ausländer; einige, wie der Grieche Livius
Andronicus, der Karthager Pubhus Terentius wurden sogar als
Sklaven nach Rom geschleppt und später erst wieder freigelassen.
Als man aber an griechischer Kunst und Wissenschaft Geschmack
zu gewinnen anfing, eroberte man sie Heber mit den Waffen als
mit dem Geist, man erbeutete Kunstwerke und Bibliotheken, machte
Kunstler und Gelehrte zu Sklaven, und betrachtete auch ihr geistiges
Können und Wissen als wohl erworbenes Eigenthum. So
brachte Sulla die Bibhothek des A p e l l i k o n, den literarischen
Nachlass des Aristoteles und Theophrastos, nach Rom; so sammelte
Lucul i US die reichste Bibhothek, welche Rom bis dahin
gesehen, w^enigstens grossentheils auf seinen asiatischen Feldzügen,
machte den Tyrannion, einen der gelehrtesten Grammatiker
seiner Zeit zum Gefangenen, und führte ihn, wenn auch grossmüthiger
als Andere nicht als Sklaven, mit sich nach Rom; so
erbeutete Pomp e jus die Archive des Mi thr ida t e s , und Hess
des Königs geheime Memoiren durch seinen gelehrten Freigelassenen
L enäus ins Lateinische übersetzen2).
Zwei so disparate Naturen wie griechischer Geist und römischer
Charakter lassen sich nicht unmittelbar an einander messen, sie
wollen einzeln jede für sich gewürdigt sein. Uns aber, die wir
es nur mit der Wissenschaft, und zwar nur mit einem besondern
Zweige derselben zu thun haben, berührt nicht, was den Römer
gross machte, und was uns angeht, lag dem fern. Denn mit der
Naturwissenschaft lässt sich, wenn man kein Archimedes ist, das
heisst sich nicht mit reiner Begeisterung nach göttlichem Beruf
in die Tiefen der Wissenschaft versenkt hat, kein Hund aus dem
1) Plutarch, in vita Calonis maj., Opj?. I , pag. 849 D. edit t'' ar/.s'.
2) Auf Lenäus werde ich später §. 59 zurückkommen, Ueber die
Bibliothek des A p e l l i k o n und über Tyrannion vergl. man vornehmlich
Stahr's Aristotelia, II, cap. 10 Seite 11-i und cap. 11 Seite 122, und Brandis
Handbuch der Geschichte der griechisch-römischen Philosophie Theil 21, Ahtheil. II,
erste Hälfte, Seite 65 ff.
Buch IV. §. 48. 337
Ofen locken, geschweige denn ein Haus bauen, der Staat regieren
oder Völker unterjochen.. Und an sich betrachtet, was kann sie
werden ohne Naturphilosophie, die in Rom niemals Eingang fand,
als höchstens ein Conglomérat abgerissener Wahrnehmungen?
Erwarten wir daher, statt des fröhlichen Aufschwunges der
Botanik in Griechenland, hier zu Rom nur einzelne Anklänge,
und zwar meist unverkennbar an griechische Weisen, seltener, wie
es scheint, nationalen Ursprungs ; eingestreuete Bemerkungen über
Pflanzennatur oder einzelne Pflanzen zum Zweck vortheilhafterer
Benutzung, sehr selten als Andeutung eines geahneten tieferen
Zusammenhanges der Erscheinungen. Manches der Art werden
uns die Landwirthe, fast noch mehr der Architekt Vitruvius, das
wenigste die Aerzte darbieten, welche die Heilmittellehre noch
mehr als anderes vernachlässigten.
Unter den zahlreichen Hand- und Lehrbüchern römischer
Literargeschichte nenne ich nur diejenigen, die ich vor andern
benutzte, um sie nicht Seite für Seite vollständig citiren zu müssen:
J o h . Nicol. Funcci i Marburgensis de virili aetate latinae
linguae tractatus (Pars I). Marburg! Cattorum 1727. Pars II,
Ibidem 1730. 4. — Als Materialien-Sammlung zu den Biographien
der Schriftsteller noch immer sehr brauchbar. — Die drei
vorhergegangenen Tractatus de origine, de pueritia, de adolescentia
latinae linguae, behandeln Zeiträume, die für unsern
Zweck wenig oder nichts darbieten.
Jo. Alb. Fabr ici i bibliotheca latina, nunc melius delecta
rectius digesta et aucta diligentia Jo. Aug. Ernesti. Tom.
I — HI. Lipsiae 1773 -- 74. 8. — „In der That hat sich
E r n e s t i Weglassungen und Zusammenziehungen erlaubt, welche
durch seine Vermehrungen nicht ersetzt werden. Auch ist das
Buch sehr incorrect gedruckt, und es fehlen die Register."
(Ebert, in s. bibliogr. Lexikon). Alles wahr, und doch brauchbarer
als die fünfte und letzte Originalausgabe, worin Nachträge
und Verbesserungen nicht gehörigen Orts aufgenommen,
sondern in zwei starken Supplementbänden nachgeschleppt sind.
Wichtig sind besonders für Chronologie die von Fabricius selbst
Meyer, Gesch. d. Botanüc. I. 22
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