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238 B u c h i l i . Kap. 2. §.31.
. Schriftsteller: folglich, so schhesse ich, war dieser Andreas höchst
wahrscheinlich selbst ein junger Schriftsteller, und zwar vermuthhch
unter den jungen nicht einmal der älteste, denn er steht nicht
einmal an ihrer Spitze. Ich füge noch eins hinzu. Der berühmte
H e r o p h i l e e r Andreas, dessen Vater sonst niemand nennt,
wäre durch die Angabe desselben von Galenos sehr unpassend
bezeidmet; ein jüngerer Andreas musste aber durch einen
solchen Zusatz von dem Herophileer unterschieden werden.
Doch der eigentliche Knote, der uns zu dieser Abschweifung
veranlasste, löst sich nicht so, wie Sprengel meinte, durch die
Unterscheidung des Chrysariden und des Herophileer Andreasder
Andreas, den Dioskorides lobt, Galenos tadelt, war ohne
Zweifel derselbe, der Herophi leer. Versuchen wir eine andere
Losung. Angenommen, Dioskorides hätte die genaue Kenntniss
und sorgfältige Unterscheidung der einfachen Arzneimittel; Galenos
dagegen die medicinischen Angaben über dieselben seinem Urtheil
zum Grunde gelegt: so könnten die entgegengesetzten Urtheile
beider Kritiker gleichberechtigt sein. Vermuthhch war jedoch
das des Galenos zugleich nichts weniger als unbefangen. Beinahe
so oft er ihn citirt, — und er citirt ihn sehr oft, — blickt eine
gewisse Erbitterung gegen Andreas durch; einmal i) stellt er ihn
sogar ohne jeden bestimmten Anlass, bloss beispielsweise, dem
Hippokrates gegenüber, um zu zeigen, dass die Kritik auch den
Charakter und die sittliche Bildung eines Schriftstellers nicht unbeachtet
lassen dürfe. Den Hippokrates nennt er höchst erfahren
und eifrigst die Wahrheit zu erforschen; den Andreas dagegen
roh, anmassend und fern von der Würde des Hippokrates.
Den Grund dieser auffallenden Erbitterung erblickt Fabricius 2)
mit vieler Wahrscheinlichkeit darin, dass Galenos den Hippokrates
beinahe vergötterte, Andreas in einer seiner Schriften: über die
1) Galenus de .subfiguratione empirica cap. 10 ad ßnem. fol. S3 D der
dritten und eben so der achten lateinischen Ausgabe der Opera apud Juntas
m der Abtheilung Aer Libri isagogici. Der griechische Text ist noch ungedruckt'
2) Fabric, hibl. graec. XIII, pag. 58.
B u c h III. Kap. 2. §. 31. 239
m e d i c i n i s c h e Genealogie^) (vermuthlich älteste Geschichte
der Medicin) ihn beschuldigte, das Tempelarchiv zu Knidos in
Brand gesteckt zu haben. Sprengel 2) schreibt zwar diese Beschuldigung
wieder einem gewissen Andreas zu, und Rosenbaum
steht diesmal auf seiner Seite. Es ist jedoch eine gar zu
abgenutzte Hermeneutik, so oft verschiedene Nachrichten über
dieselbe Person zu dem Bilde, das wir uns von ihr machten, nicht
passen wollen, beliebig mehrere Personen desselben Namens zu
erfinden; so hier neben dem Herophileer einen Karystier,
einen B ibl iägi s theus , einen gewissen Andreas, wozu in so
fern auch noch der allerdings verschiedene Chrysaride kommt,
als man auch ihm einiges aufbürdete, was man dem lieben Herophileer
abzunehmen wünschte.
Unter des Andreas Schriften kommt bei Athenäos auch
eine vor: über die Dinge, die man fälschlich für wahr
h ä l t 2). Schon der Titel des Buchs, noch mehr, was Athenäos
daraus berichtet, scheint den Verfasser von der galenischen Anklage
des Aberglaubens zu reinigen. Er behauptete darin, „es sei falsch,
dass die Muräne aus dem Meer in die Sümpfe ginge, um sich mit der
Natter zu paaren; denn die Natter, welche dürre Einöden liebe,
wohne nicht in Sümpfen 4)." Aber wenige Zeilen vorher lässt
Athenäos den Andreas in einer andern Schrift über giftige
T h i e r e ^ ) sagen, „unter den Muränen tödte diejenige durch ihren
Biss, welche, von der Natter erzeugt, kleiner, rundlich und gefleckt
sei." Der Widerspruch bezog sich also nur auf die Scene
der fabelhaften Begattung, nicht auf diese selbst. Einigen Anlass
zu schlimmer Nachrede scheint er also doch gegeben zu haben,
wiewohl er ein ausgezeichneter Pflanzenkenner sein konnte.
1) Vita Hippocratis Sorano adscripta. in Hippo er at is opp. edit. Külinii
vol. III, pag. 851,
2) Sprengel, Gesch. d. Med. /, S. 331.
3) IleQÌ XMV xpiudùig TTSTttarav/JsvcoT, Athen. VII, cap. 18. pag. 812 E.
4) Dasselbe mit etwas andern Worten lässt der Scholiast des Nikandros
theriac. vers. 823 ihn sagen, ohne die Schrift zu nennen, worin es vorkam.
5) ns()i SaxéTOiv, ibid ein D.