fi;
V i ••• t . i
l
84 B u c h IL Kap. 1. 14.
höher hielt als seinen eigenen Vater, und bethätigte ihm spater
seine Dankbarkeit auf das Grossartigste.
Der königliche Hof zu Pella mit seinen Zerstreuungen un(
Versuchungen jeder Art eignete sich wenig zur Erziehung des
schon missleiteten Prinzen. Nach Plutarchos entschloss sich der
König, sicher auf Aristoteles Verwendung, die Stadt Stageira
wieder aufbauen, die vertriebenen oder in Sklaverei gehaltenen
Bürger wieder zurückkehren zu lassen, und daselbst das Nymphäon
zu gründen, eine Bildungsanstalt, zunächst für seinen Sohn,
doch, wie Stahr wahrscheinlich zu machen sucht, so dass andere
ausgezeichnete Knaben und Jünglinge dort an des Aristoteles Vorträo
en Theil nehmen konnten, wie Marsyas,<—¡ des spätem Königs
Antigonos Bruder, Kallisthenes, des Alexandros unglücklicher Beop
^leiter nach Asien und Vetter des Aristoteles, vielleicht auch des
letztern Lieblingsschüler und Nachfolger am Lykeion T h e o -
p h r a s t o s Eresios. Bedenklich ist mir dabei nur, dass unter
den drei Genannten nur Marsyas mit Alexandros in ziemlich gleichem
Alter stand, die beiden andern . etwa fünfzehn Jahr älter
waren Acht Jahr lang weilte Aristoteles in Makedonien, sein
unmittelbarer Antheil an des Alexandros Erziehung erstreckte sich
indess höchstens auf vier Jahr; denn schon 340 v. Chr., als Phihppos
gegen Byzanz zu Felde zog, bestellte er seinen damals sechzehnjährigen
Sohn zum Reichsverweser. Gleichwohl scheint sich
jener Unterricht auf alle Theile der Philosophie bis auf die höchsten
Probleme der Metaphysik ausgedehnt zu haben. Denn aus
Asien, mitten im Drange seiner Welteroberung, schreibt Alexandros
seinem Lehrer in einem Briefe, dessen Aechtheit, wie Stahr
sagt, oft bezweifelt, nie widerlegt ward^j: thatest nicht wohl,
Deine akroatischen Vorträge bekannt zu machen. Wodurch sollen
wir uns auszeichnen vor Andern, wenn die Vorträge, durch die
wir gebildet wurden, Allen gemein sind? Ich wenigstens zeichne
1) Auch Brandis bezweifelt diese Vermutliung.
2) Brandis S. 56 nennt den Brief „mehr als v e r d ä c h t i g , " doch
ohne Angabe seiner Gründe.
Buch IL Kap. 1. §. 14. 85
mich Heber aus durch das Wissen des Höchsten, als durch Macht."
Die angebliche Antwort des Aristoteles lautet: „Du schriebst mir
wegen der akroatischen Vorträge, ich hätte sie geheim halten sollen,
wfsse denn, dass sie veröffentlicht und nicht veröffentlicht sind.
Denn verständlich sind sie nur denen, die mich hörten." — Bedenkt
man aber, wie innig und nachhaltig für lange Zeit des
Alexandros Verhältniss zu seinem Lehrer Avar, so versteht sich
von selbst, dass dessen Einwirkung auf ihn mit dem eigentlichen
Unterricht nicht abbrechen konnte. Ueberhaupt unterscheiden nur
die spätem Ausleger des Aristoteles seine exoterischen und seine
akroatischen oder, esoterischen Vorträge und Schriften. Nach Stahr
sind unter jenen die populären, unter diesen die streng wissenschaftlich
gehaltenen zu verstehen, so dass der Unterschied durchaus
nicht die Bedeutsamkeit hat, die man darin zu finden glaubte^).
In diese Zeit des Aufenthalts in Makedonien scheinen die
grossen naturwissenschaftlichen Werke des Aristoteles zu fallen.
Die Meteorologica können, wie Alexander von Humboldt^) nachgewiesen
hat, nicht später als höchstens 337 v. Chr. geschrieben
sein, und ihnen folgte die Thiergeschichte vermuthhch sehr bald.
Stahr ist geneigt, • diese Werke und was dazu gehört, also auch
die verloren gegangene Theori e der P f lanzen, auf die ich
zurückkommen werde, in des Aristoteles zweiten athenischen Aufenthalt
zu verlegen, v^eil derselbe, wenn, auch von Haus aus wohlhabend,
und von Philippos ohne Zweifel fürstlich belohnt, doch
dazu, wie er meint, einer ganz andern Unterstützung bedurfte, die
ihm erst Alexandros mit beispielloser Freigebigkeit gewährt hätte.
Nach Athenäos^) schenkte ihm Alexandros 800 Talente, nach
unserm Gelde etwa 1,800,000 Thaler; und wie viel ein Gelehrter
damals bedurfte, um sich einen so ausgedehnten literarischen Apparat
wie Aristoteles zu verschaffen, das zeigt schon die einzige
1) Nach Brandis S. 101—109 kommt bei Aristoteles selbst noch keine
Spur dieser Unterscheidung vor, und was die Ausleger darunter verstanden,
ist viel zu schwankend, um es noch jetzt festzuhalten.
2) Humboldt Kosmos IZ, S. 191 und 427.
3) Athenäus IX, cap. 13. pag. 398 edit. Casaubon.
,. .. tä
Ir^ f f i'i j ,
; U
'r
J
W'. V
Wi
i I
Ttk