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40 B u c h Kap. 2. §• 7.
zwischen streitenden Parteien, wie Empedokles war, streng genommen
keiner Partei ganz gleich zu stellen ist.
Kraft und Stoff, Geist und Welt, die Anaximander in den
Begriff des unsterblichen Anfangs, Herakleitos in die Harmonie
des ewigen Flusses zusammenfasste, von denen aber die Eleaten
nur das erstere als Wahrheit anerkannten, schied Empedokles
und Hess beide als gleich ursprünglich und ewig gelten. Die Eine
alles wirkende Kraft seiner Vorgänger schied er nochmals in zwei
einander gesetzmässig entgegen wirkende Kräfte, die er als Liebe
und Hader, Harmonie und Zwiespalt, und durch ähnliche Worte
bezeichnete. Und „hatte Thaies, — ich bediene mich hier der
eigenen Worte des Aristoteles, •— alles aus dem Was ser entstehen
lassen, hatten Anaximenes und Diogenes die Luf t als
Anfang aller Körper dem Wasser vorangestellt, Hippasos aber
und Herakleitos das Feuer : so unterschied Empedokles vier
A n f ä n g e , indem er als vierten die E rde den vorgenannten
hinzufügte. Denn diese viere, meinte er, dauerten ewig, und es
entstände nichts, als nur durch Verbindung oder Trennung Vieler
oder Weniger zu E inem oder aus Einem.^^^) Hier haben wir
also zum ersten mal als grundverschiedene Anfänge der Körper
die später sogenannten vier Elemente, deren Unterscheidung
zwei Jahrtausende lang den entschiedensten Einfluss auf die,Entwickelung
der IsTaturwissenschaft ausübte, bis sie der neuern Chemie
endlich weichen mussten. Den spätem philosophischen Kunstausdruck
Element e ((y^oixeXa) finden wir jedoch bei Empedokles
noch nicht; er nannte sie, wie dem Dichter ziemt, bildlich die
v i e r Wurzel n der Dinge, und personificirte sie sogar, das
1) Aristot, metaphys, cap. 3, pag. 983—984 edit, Beklceri. — An einer
andern Stelle, de gemrat. et corrupt. II, cap, 1. pag, 329^ scheint Aristoteles das
W a s s e r als das vierte von Empedokles den drei andern hinzugefügte Element
zu bezeichnen. Die Stelle ist indess nicht so klar wie die vorige, und
widerspricht, wenn sie wirklich so, wie ich glaube, zu verstehen ist, nicht
nur der obigen desselben Schriftstellers, sondern auch allem, was wir sonst
von des Thaies Philosophie wissen, gradezu. Ich vermuthe daher, dass sie
verdorben ist.
Buch L Kap, 2, §. 7. 41
Feuer als Zeus, die Luft als Here, die Erde als Aidoneus, das
Wasser als Nestis i). Seine Worte sind :
Jetzt zuvörderst vernimm des Alls vierfältige Wurzeln:
''reuer und Wasser und Erd' und des Aethers unendliche Höhe;
^^Daraus ward, was da war, was da sein wird, oder was nun ist.^^^)
Und an einer andern Stelle:
Jetzt zuvörderst vernimm des Alls vierfältige Wurzeln:
"zeus glorreich, und Here Ernährerin, nebst Aidoneus,
Nestis auch, die bethaut mit Thränen die sterbliche Wimper.
''Aber zuäusserst entrückt war diesem Vereine der Hader/^
Wie er sich nun das Zusammenwirken der beiden Urkräfte in den
vier Wurzeln der Dinge vorgestellt, darüber geben folgende Verse
die sicherste Auskunft. Einige Erläuterungen füge ich in den
Anmerkungen hinzu. Denn wie sehr ich auch nach Verständlichkeit
des Ausdrucks strebte, etwas anderes ist die durchsichtige
Klarheit homerischer Rhapsodie, etwas anderes die gedankenreiche
Tiefe empedokleischer Speculation. Daher ich um Nachsicht bitte
für meine Uebersetzungen. Die Zahl der Verse bezieht sich auf Sturz.
. Grenzen der Kunde
Doppelte nenn' ich. Denn jetzo verwuchs das Eins zum Alleinsein
1) man? bedeutet gewöhnlich nüchtern, und soll, aus avrians abgekürzt
von Usiv essen herkommen. Das Wasser so zu nennen, wäre etwas
nüchterne Poesie. Wie Sturz vermuthet, könnte aber die Nnans des Empedokles
von V^HV, messen, rieseln, abgeleitet sein, also die Rieselnde bedeuten,
was die gleich folgenden Verse zu bestätigen scheinen. Aidoneus
bekanntlich für Pluton.
ü) Bei Sturz Vers 160 — 163.
3) Daselbst Vers 26 — 29. , . ,
4) Diesen Halbvers enthält das Original nicht. Er lässt sich aber aus
Vers 47 unbedenklich hinzufügen. Dort ergiebt auch der Zusammenhang,
was Empedokles unter G r enz en-de r Kunde verstand, nämlich die beiden
Wendepunkte periodischer Weltbildung, erstlich Vermischung und Vereinigung
der vier Wurzeln zu mannichfachen Gebilden unter dem Einfluss der Liebe
und des Haders ; und zweitens Wiederzerfallen und Rückkehr derselben in
den Zustand des formlosen Sphäros, den wir In einer später anzuführenden
Stelle näher werden kennen lernen.
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