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170 B u c h II. Kap. 2. §. 20.
geisselte, unser Kant durch seine Kritik der Urtheilskraft mit tiefem
Ernst aus der AYissenschai't vertrieb, und die sich doch niemals
ausrotten lässt; damals gelang es noch nicht einmal den
Besten, sich von dieser Fessel los zu winden. Sehr richtig sagt
Theophrastos, die Natur habe ihr e P r i n c i p i e n in sich selbst,
und das nenne man naturgemäss, was sich von selbst mache (rà
aoi6i:i<(i.:a). Doch der Landbau, meint er, unterstütze die Natur,
dass sie in der That ihre Zwecke erreiche. Sei es doch auch
Naturzweck, dass vom Gleichen das Gleiche wieder erzeugo t werde ;'
und demungeaclitet verschlechtere sich der zahme Baum, wenn
er aus dem Samen aufwachse; die Pflanze bediirfe also der Kunst
luid irrdfe des Menschen zur Erreichung ihres eigenen Naturzwecks.
Als ob nicht eben das, was hier beweisen soll, die
Streitfrage selbst wäre! Sind denn die sogenannten veredelten
Früchte wirklich eine Veredelung der Pflanze? oder vielleicht nur
eine zu unserm Vergnügen verderbte Pflanzennatur, wie der Castrat,
den der Papst singen lässt, eine verderbte Menschennatur? Und
gleichwohl täuschte Theophrastos sich und die Nachwelt mit so
ofi^^enbaren Trugschlüssen, Selbst sein hyperdialektischer Censor,
Julius Cäsar Scaliger, hat zwar auch an diesem Satz, wie fast an
jedem zahllose Ausstellungen zu machen; in der Hauptsache aber
hebt er den Irrthum seines Auetors beifällig mit noch schneidenderen
Worten hervor. Totum rei caput est, sagt er^), quod plantae
sunt animantes immobiles; quapropter nequeunt commoda sua
quaercre ac persequi, cum quibus sua commutent incommoda. Non
possunt aquatum ire, non sibi laxare stipatum solum, quo suffocantur,
non parare sibi tegetes, quibus foveantur, non reoidere
partes supervacaneas, quibus intercipitur succi pars idonea ad
fructus augendos : atque haec omnia requiruntur naturae legibus (?).
Quam ob rem eadem natura, quae propter hominem (?) plantas
ipsas fabricata est, homini dedit rationem, dedit manum, unde et
a tempore loco que plantis, et a plantis sibi suppeterent expeditae
commoditates.
1) Scalig er i comment, in libb. Theophr. de causis plantar, pag. 69 a. è.
B u c h II. Kap. 2. §. 20. 171
Nach dieser unsrer Abschweifung, der die unsers Auetors an
Länge nichts nachgiebt, kehren wir zur Inhaltsanzeige zurück.
Kap. 17. Das Ga rwe rden der Fruchthül l e erfolge bei
einigen Pflanzen früher, bei andern später; Kap. 18, was zum
Theil vom Boden abhänge. Kap. 19. Aber auch Fruchthülle und
Same reiften nicht immer zugleich, denn der Reifung jener komme
die Kunst zu Hülfe. Kap. 20. Einige Bäume trügen ihre Frücht
an den vorjährigen, andre an den diesjährigen Zweigen, doch an
jenen niemals, ohne sich wenigstens einen Stiel neu zu bilden;
die Palme trüge an den Ueberresten des Vorjahrs. Auch trügen
einige Bäume jährlich, andre Jahr um Jahr. Kap. 21. Die F r u c h t -
h ü l l e sei vor der Frucht und dem Samen, wie alles, was wegen
eines andern sei; denn sie sei der Frucht und des Samens wegen.
Hier behauptet Theophrastos also selbst, dass das Fleisch der
Fruchthülle doch einen andern Naturzweck hat als den, verspeiset
zu werden. Dass Fruchthülle (pericarpium) bei ihm nur das essbare
Fleisch bedeute, welches das kapselartige Kernhaus des Apfels,
den nussartigen Kern der Pflaume oder die Samen der Beere einschliesst,
werden die Leser längst bemerkt haben.
In diesem und dem folgenden Kapitel nimmt er endlich Gelegenheit
über die Z e i c h e n der vermeinten W ä rme oder K ä l t e
der Pflanzen zu sprechen, auf die er, nebst Feuchtigkeit und
Trockenheit, fast alle Erscheinungen an der Pflanze zurückführt.
Aus ihren Wirkungen, meint er, müsse man auf die Wärme schliessen.
Menestor habe fünf Zeichen derselben angegeben: 1. warme
Pflanzen wären fruchtbarer; 2. sie lebten vornehmlich im W^asser,
so wie die kälteren Pflanzen in wärmeren Gegenden; 3. sie keimten
und reiften frühzeitig; 4. sie verlören ihre Blätter nicht; 5. sie
brennten gut, und flngen leicht Feuer. Diese Zeichen erkennt
aber Theophrastos in Kap. 22 nicht an, sondern zeigt, dass sie
einander zum Theil sogar widersprechen. Sicherer findet er folgende;
Fettigkeit Schärfe Geruch. Damit begabte Pflanzen geriethen
auch leicht in Brand. Warm wäre aber auch die Linde
und alle, deren Holz die Axt schnell abstumpfe; ferner die, welche
genossen den Körper erwärmen; endlich die sich warm anfühlen
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