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144 B u c h IL Kap. 1. §. 16.
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entsteht, In denen aber, welche kein Herz haben, etwas demselben
Analoges: so mag auch bei denen, die es nicht haben, aus dem
Analogen desselben das Princip ausgehen.
143. Nicht, was die Seele verloren hat, ist das der Möglichkeit
nach lebendig Seiende, sondern was sie hat. Der Same aber
und die Frucht sind der Möglichkeit nach ein solcher Körper.
144. Es giebt auch gewaltsame und widernatürliche Zeugungen,
den naturgemässen entgegengesetzte und gewaltsame Zuund
Abnahmen, z. B. durch die Nahrung bewirkte zu frühe Mannbarkeit,
oder schnell aufschiessendes, nicht ansetzendes Getreide.
145. Missgeburten sind Verirrungen dessen, was eines Zweckes
wegen ist. . . . Sodann muss der Same nothwendig zuerst geworden
sein, und die Thiere nicht sofort, und das „Zeugungskräftig zuerst
Entsprosste" — war der Same. Ausserdem ist auch in den
Pflanzen das Wozu, nur weniger ausgeprägt. Entstand nun etwa
auch bei den Pflanzen, gleich wie „Stierbrut Mannsantlitzes"
Buch II. Kap. 1. §. 16. 145
143) De anima II, cap. 1. pag. 412 b.
144) Physic. auscult. F, cap. 6. pag. 230 a.
145) Ihid II, cap. 8. pag. 199 h.
a) Es sind dies Worte eines Empedokleischen Verses, den wir noch in
seinem Zusammenhange besitzen. Ich setze V. 198 — 202 hierher.
, Zeugungskräftig entsprossten zuerst Urbilder dem Boden,
„Beiderlei Looses, der Erde zugleich theilhaft und des Wassers.
„Die nun erregte das Feuer, bestrebt zu Verwandtem zu kommen,
„Sie, die noch gar nichts zeigten von lieblicher Glieder Gestaltung,
„Auch weder Stimme, noch gar schon mannanheimelnder Rede,"
Es wollte mir aber nicht gelingen, das W^ort ovXocpvsls ganz sinngemäss
zu übersetzen. Lommatsch übersetzt z e u g u n g s g a n z , in der activen Bedeutung
von ganz und gar zeugungsfähig. Jeder Deutsche, der den
Text nicht kennt, wird es aber in passiver Bedeutung nehmen für vo I i s t an dig
a u s g e z e u g t .
b) Bezieht sich wieder auf die im Alterthum viel besprochenen Verse
des Empepokles, V. 214 — 217:
„Mancherlei Doppelgesichter und Zwiefachbrüstige giebts nun,
„Stierbrut Mannsantlitzes, und wiederum Andres erhebt sich,
„Mannesgezücht stierhäuptig, gemischmascht diese von Männern,
„Weiblicher Abkunft jene, geziert mit schattigen Gliedern."
eben so Rebenbrut Oelbaumantlitzes, oder nicht? Das wäre widersinnig;
gleichwohl, wenn bei den Thieren, müsste es so sein;
auch in den Samen müsste entstehen, was eben der Zufall fügte.
Wer das sagt, hebt aber die Naturdinge und die Natur gänzlich
auf. Denn Naturdinge sind die, Avelche, von einem innern Princip
fortdauernd bewegt, zu einem gewissen Ziel kommen.
146. Ereignet es sich, dass aus Einem Samen mehr als Ein
Gesammtwesen entsteht, so liegt der Grund davon vermutlich
in der Materie und den sich bildenden Leibesfrüchten. Daher
auch derlei Missgeburten bei den nur Ein Junges gebährenden
Thieren äusserst selten, bei den viele Junge gebärenden öfter, und
am meisten bei den Vögeln vorkommen. . . . Weshalb sie auch oft
Doppeleier legen. Denn wegen des nahen Aneinanderseins ver-
Avachsen die Leibesfrüchte, wie mitunter auch viele Fruchthüllen.
147. Die Missgeburt ist etwas gegen die Natur, doch nicht
gegen die ganze Natur, sondern nur gegen ihre gewöhnliche Art;
denn dem, was die Natur immer und nach Nothwendigkeit thut,
geschieht nichts entgegen, sondern nur dem, was zwar gewöhnlich
so geschieht, doch auch anders erfolgen kann. Aber auch da, wo
sich etwas zwar gegen diese Ordnung, immer jedoch nicht bloss
zufällig ereignet, scheint eigentlich keine Missgeburt zu sein, weil
dasselbe gewissermassen gegen und nach der Natur ist, falls nicht
die Naturgestaltung den NaturstoiF überwältigt. Daher man dergleichen
nicht Missgeburten nennt, auch nicht bèi andern Dingen,
bei denen es vorzukommen pflegt, wie bei den Fruchthüllen. So
siebt es einen W^einstock, den Einige Kapnion (den rauchfarbenen)
nennen. Trägt der nun schwarze Trauben, so hält man das für
keine Missgeburt, weil er es öfter zu thun pflegt. Der Grund
davon ist, dass er zwischen dem Weissen und Schwarzen das
Mittel hält, so dass der Uebergang nicht gross und nicht
naturwidrig erscheint. Ist er doch kein Uebergang in eine nadere
Natur.
147) De geììerat. animal. IV, cap. 4. pag. 770 h.
Meyer, Gesch. d. Botanik. I.