
Das in der vorstelienden Art leiclit herstellbare Mistdecoct ist für die
Kultur sehr vieler Pilze und ganz besonders der Formen geeignet, welche wir
auf den verscliiedenen Mistsortcn anzutretfen gewohnt sind. Es kann das Deeoct
leicht in den verschiedensten Fonnen der Verdünnung angewendet und der
Eigenart der verschiedenen Pilzformeii angepasst werden.
Die Nährlösung hat ihre natürliche Schwäche darin, dass sie zwar mit
Stickstoffverbindungen ausreichend, mit organischen Stoffen, namentlich mit
Kohlehydraten etc., die für die Lhlze als Kohlenstoffqueile besonders geeignet
sind, aber nur verhältnismässig arm oder gar nicht ausgestattet ist. Ein besonderer
Charakter dieser Nährlösung ist noch darin gegeben, dass sie keine oder fast
keine sauren Eigenschaften besitzt und dass hierdurch alle Formen, denen saure
Nährsubstrate ungünstig sind, in der Entwicklung bevorzugt werden.
Man kann diese Mängel zu einem Teil dadurch begleichen, dass man der
Nährlösung Kohlehydrate, namentlich Glycose, in geeigneten Mengen znsetzt
oder Nährlösungen aus Säften süsser Früchte mit ihr vermischt, welche besonders
reich an Kohlehydraten, weniger reich aber an Stickstoffverbindungen sind.
Nährlösungen dieser Art sind gleichsam die ergänzende Hälfte der Nähr-
medien für die Entwicklung der Pilze, welche Gegenstand der engeren Untersuchung
werden können. Auch für die Herstellung dieser Nährlösungen sind die
Fingerzeige in der Natur selbst gegeben. Wir treffen die verschiedensten Pilzformen
in der Natur an den Früchten der Pflanzen an, welche im lieifezustande
zuckerreich sind, und die von den Tieren als Nahrung bevorzugt werden. Die
Früchte können in der Kegel mit ihrer Keife die Widerstandsfähigkeit gegen die
Pilze dadurch allmählich verlieren, dass sie Wundstellen an der Obei-fläche bekommen,
an welchen die Pilzkeime, die aus der Luft niedergefallen sind, die natürlichen
Angriffspunkte für ihre Entwicklung flnden. Die Fäulniserscheinungen
der Früchte, so weit sie nicht durch natürliches Absterben der Gewebe veranlasst
werden, sind immer durch Pilze verursacht, welche iu die Früchte eindringen
und später an ihrer Übei-fläche zur Fruchtbildung, also zur erkennbaren und
charakteristischen Erscheinung kommen.’)
’) Die Fäulnis der Früchte ist in ihren Ursachen schon vor mehr als 30 Jahren von
mir ausführlich untersucht und in einer Abhandlung „Fäulnis der Früchte“ nicdergelegt.
Vergleiche Sitzungsberichte der naturforschenden Freunde in Berlin 1876; weiter Sitzungsberichte
der naturforschenden Gesellschaft für vaterländische Kultur in Breslau Vortrag von
0 . Brefeld am 10. Februar 1902. ^
Alle die Pilzforinen, welche wir an den Früchten, namentlich an den sUsseil
Früchten, antretfen, sind der Ernährung in zuckerreichen Substraten angepas.st.
Sie sind zumeist andere Formen wie die, welclie wir auf den Fäkalien der Tiere
antreffen, und flir alle diese Formen müssen wir Nährmedien aus zuckerhaltigen
Früchten herstellen.
Wenn wir versuchen, die.sc N ä h r lö s u n g e i i au s f r i s c l i e n z u c k e r r
e i c h e n F r ü c h t e n herzu.stellen, kommen wir bald zu der Erkenntnis, dass die
Nährlösungen schwer zu klären und darum für die Kultur der Pilze schwierig
zu verwenden sind. Die Schwierigkeiten werden aber bald gehoben, wenn wir
g e t r o c k n e t e h r i i c l i t e verwenden nnd aus d ie s e n in geeigneter Form d ie
N ä h r lö s u n g e n herstellen. Die Menschen verfahren ja auch, um die Früchte,
die nur in einer bestimmten Jahreszeit reifen, zu jeder Zeit als Nahrung verwenden
zn können in der Art, dass sie die Früchte eintrockneii und .sie
hierdurch, also durch die Oonceiitration der Nährmedien, gegen die Angrifte der
Pilze schützen. Getrocknete Früchte von Äpfeln, Kirnen, Pflaumen, Kirschen,
Weintrauben etc. sind allgemeine Handelsartikel, und es handelt sich nur um
die geeignetste Wahl unter diesen, um sie für die Herstellung von Nährmedien
zu verwenden. Nach meinen Erfahrungen sind Kosinen und Pflaumen, und von
diesen beiden vorzugsweise die Pflaumen, für die Herstellung unserer Nährlösungen
die geeignetsten. Pflaumen aus guten Jahren, die man gewöhnlich als „Lazarettpflaumen“
zu bezeichnen pflegt, die einen süs.sen, wenig sauren Ge.schmack aufweisen,
verwendet man in der Weise, dass man das Fleisch von den Steinen in
grossen Stücken abschält, das Fleisch m it k a lt em W a s s e r übergiesst, 12
Stunden k a l t ausziehen lässt, den kalten Auszug abgiesst und alsbald im Danijjf-
bade zur Dicke eines Extractes eindampft. Um die Früchte auszunUtzen, kann
man sie noch ein zweites Mal ausziehen und ebenso eindampfen. Das gewonnene
Exti-act, das nicht mehr fliesst, aber noch mit einem Spatel leicht abznnehmen
ist, bleibt nun für die Dauer pilzfrei und zu jeder Zeit, in jedem Augenblicke,
leicht verwendbar für die Herstellung der geeigneten Nährlösung. Jlan löst von
diesem Extracte, je nach dem J3edürfnisse des einzelnen Falles, die geeigneten
Mengen in Wasser k a l t auf, filtriert sie mit der grössten Leichtigkeit ab und
sterilisiert die so erhaltene, klare Nährlösung durch vier- bis fünfmaliges Erhitzen
in der früher von den j\listdecocten beschriebenen Art bei 60 bis 80 Grad.
Auch die Aufbewahrung in deu Erlenmeyerschen Kölbchen ist die gleiche, und
die so erhaltene Nährlösung, in den je mit einem Glasstäbchen besonders beschickten,
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