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B e i (len I 'f la n z e n k ö n n e n w ir d ie p a r a s it ä r e n E r s c l ie in u n g e n
in ilir e n e r s t e n A n f ä n g e n b e o b a c h t e n und k e n n e n le r n e n . Es gibt
eine Anzahl von Bilzforinen, welche ihre Wirte n ur u n t e r b e s o n d e r e n
I 'in s t iin d e n beiallen können und welche auf diesen parasitierend, zerstörende
nnd tötende Einflüsse auf die angegriffenen Gewebe ausüben. Die befallenen
Pflanzenteile und Pflanzen sterben ab und werden durch diese Erscheinung
äusserlich aiiflallig. Hierher gehört z. ß. der Pilz der Edelfliule der Weintraube,
die BütiTtis cinerea, welche an reifen Weintrauben, die kleine W u n d s t e l l e n
bekommen, Angriffspunkte findet und mit ihrer Vegetation ein langsames Ab-
sterbeii der Gewebe herbeifuhrt, welches mit einer Färbung ins Braune ver-
Inmden ist. — Als ein weiteres Beispiel von etwas fortgeschrittenem Parasitismus
kann hier der Pilz der Kartoffelkranklieit, Phyto))hthora infestans, angeführt
werden. Dieser Parasit ist schon mit der F ä h i g k e i t d e s E in d r in g e n s
dur ch (He g e s c h lo s s e n e O b e r h a u t , namentlich an den Blättern, versehen,
dringt so in die Gewebe ein, hat aber noch die Eigentümlichkeit, alle von ihm
mit weiterem Vordringen berührten Gewebeteile zum schnellen Absterben zu
bringen, wodurch er seiner eigenen Vegetation resp. seinen eigenen Vorteilen
entgegenwirkt.
In noch anderen wiederum fortgeschrittenen Fällen des Parasitismus finden
wir eine Anpassung zwischen den Parasiten und ihren Wirten ausgebildet. Die
Pilze töten nicht mehr die Gewebe, und die Wirte haben sich der Vegetation
ilirer Parasiten so weit angepasst, dass sie die Eindringlinge ernähren, zwar
einen mehr oder minder grossen Schaden von dieser Ernährung nehmen, aber
eine stärker störende Wirkung durch Absterben nicht mehr erfahren. — Wir
können diese AnpaSvSungen zwischen den Parasiten und den Wirten in einer aufsteigenden
Reihe von Fällen beobachten, in welchen sich die Wirte immer mehr
mit ihren Parasiten abfinden, bis beide schliesslich in relativ friedlichen Beziehungen
mit einander fbrtleben. — Die vollkommneren Anpassungen der Parasiten
an ihre Wirte sprechen sich zunächst darin aus, dass bestimmte Formen
von parasitischen Pilzen immer nur anf bestimmten Nährpflanzen, und nur in
diesen, oft sogar nur in bestimmten Teilen von diesen, vegetieren resp. fructi-
flcieren können.
Einen besonders interessanten Fall von parasitischem Zusammenleben dieser
Art finden wir bei den Brandpilzen in unseren Getreideformen vor. Die zugehörigen
Parasiten dringen in die bestimmten, angepassten Nährpflanzen ein und
zwar meist schon in ihren ersten Keimstadien; sie werden, bis zur Vegetations-
s])itze vorgedrungen, von ihren Wirten ernährt, wachsen in diesen fort, oline
dass die mindeste störende Schädigung sich äusserlich verrät, und gelangen erst
nachträglich in den letzten Entvvickelungsstadien der Nährpflanze, in den Blüten
und Früchten der Getreidepflanzen, zur Fruchtbildung und mit dieser zur
äusseren Erscheinung dev bis dahin verborgen gebliebenen Kranklieit. Ohne
arge Schädigung und ohne Störung gewisser Pflanzenteile geht es natürlich auch
hier nicht ab.’)
ln den vollkonnnensten Fällen der Anpassung, wie sie z. B. bei den
Flechten bildenden Pilzen zur Erscheinung kommen, leben die Wirte, welche
hier als grüne oder blaue Algenzellen sich zeigen, mit den parasitischen Pilzen,
von welchen sie befallen werden, gemeinsam fort. Die Algenzellen wachsen und
vennehreii sich trotz des Parasitismus durch die befallenden Pilze, und beide
zusammen, Algen und Pilze, bilden den in der Erscheinung eigenartigen Organismus
der Flechten.
Man hat diese wohl weitest fortgeschrittenen Fälle von Parasitismus als
Erscheiniingeu der Symbiose, des gemeinsamen friedlichen Zusammenlebens von
Wirten und Pilzen, bezeichnet. Es kann aber keinem Zweifel unterliegen, dass
es sich hier nur um den weitest fortgeschrittenen Fall einer parasitären Erscheinung,
also mn eine Anpassung zwischen Wirt und Parasit handelt, welche
sich nach rückwärts hin den vorgenannten primitiveren Fällen ganz natürlich
anschliesst. — Den vollkommensten Fall, den wir in der Pflanzenwelt nach
dieser Richtung hin zu beobachten imstande gewesen sind, finden wir in den allbekannten
Wurzelknöllchen der Leguminosen vor. Die Knöllchen, Wurzel-
anschwelhmgen der Hülsenfrüchtler, werden verursacht durch eigenartige Pilz-
fonnen, durch Rhizobien, welche in noch unbekannter Welse in die Gewebe der
Wurzeln eindringen und in ihren Zellen unter bedeutender Erweiterung und Vermehrung
parasitieren. Die befallenen Pflanzen erleiden nun nicht blus durch
die Parasiten, welche sie in ihren Wurzeln beherbergen, keine Störung, sondern
vielmehr eine vorteilhafte Beeinflussung für ihre Ernährung und Entwicklung.
Es ist nnzwelfelhaft durch Liellriegel erwiesen, dass die eingedrungenen Parasiten
im Zusammenhänge mit ihren Nährpflanzen den freien Stickstofl’ der Luft zu
’) Man vergleiche hierzu die iiäliereii Ausführungen in den vei-schiedenen Teilni des
vorliegenden W^erkes, namentlich Band V, XI, XII und X III: Brandpilze I —IV.