
liclier Blütlie zu weiblicher Blüthe bei diesen diöcisch diclinen Pflanzen in der
eiiifacbsten und natürlichsten Weise erfolgen kann. Wenn man die Rolle des
Insectes selber übernimmt und den Antherenbrand in die weiblichen ßlütlien so
überti-ägt, wie es der Rüssel der Schmetterlinge thun muss, so kann man sieb
leicht überzeugen, dass die auf die inneren Theile der weiblichen Blüthen übertragenen
Brandsporen, dort wo sie mit Narbensekret und Nektar, den günstigsten
Näbrsnbstraten für die saprophytische Ernährung der Brandsporeii, in Berührung
koinmeii, aut das leichteste anskeimen, und zwar in den Formen, wie sie im
V. Theile dieses Werkes für den Antherenbrand beschrieben sind. Es steht der
Vorstellung nichts im Wege, dass die aus einzelnen oder fusionirteii Conidien
austreibenden Keiinscbläuobe, tlie in ihrer Eoriii aufiallig an Polleiischläuche er-
iimern,’) den Grilfelkaiial gleich diesem durchwachsen, in den Fruchtknoten Vordringen
und die in centraler Placeiitation beflndlichen Eier erreichen nnd
inflciren können. Wie von einem Lielitblicke getroffen steigt der Gedanke in
der Vorstellung auf, dass in dem Narbensekret und in dem Nektar der Blüthe
die natürlichen saprophytischen Substrate gegeben sind, in welchen die ßrandsporen
auskeimeu, ihre Keime vermehren, mit ihren Keimschläuchen durch den
Griffelkanal Vordringen und die jungen Samenanlagen erreichen können. Für
den erwiesenen facultativen Parasitismus, für die überaus leichte Emäbrung der
Brandsporeii in allen möglichen Näbrlüsuiigeii, finden wir hier wiederum eine
naheliegende Erklärung. Nicht bloss im Boden befinden sich die Substi-ate für
die saprophytische Ernährung dieser Pilze, sie finden sieb ebenso in den Blüthen
von insectenblüthigen Pflanzen, welche so häufig von Brandpilzen befallen werden,
und von welchen bisher der Antherenbrand nur als einer und zwar der prägnanteste
und interessanteste h'all für unsere Untersuchungen herangezogen
worden ist.
Nachdem diese Vorfragen erörtert sind, handelt es sich mn praktische Versuche.
Diese Versuche sind zunächst mit Melaiidryum album als Versucbsobject
ausgefuhrt. Die weiblichen Blütben dieser Pflanze wurden mit dein Brandstaub
aus den Antheren männlicher Blüthen inficirt. Der Iiisecteiirüssel wurde durch
einen eigenartigen Pinsel ' |ersetzt, und die Bestäubung resp. Infection von den
’) Vergleiche die Abbildungen auf Tafel I. im V. Hefte dieses Werkes. Fig. 2 5—27.
*) In der Umgebung von Breslau haben wir nur männliche Blüthen, welche in den
Antheren von Ust. Antherarum befallen waren, angefroffen. Es wird aber schon von älteren
Narben bis zu den tieferen Stellen des Fruclitknotens diirchgefllhrt, so ungefähr
wie man sich die Einführung der Sporen durch den InsecteiirUssel denken kann.
Die stattgehahte Infection war nicht zu bezweifeln, aber leider wurde die Ernte
der Samen von den inficierten ßlütlien vereitelt. Die Infectionen waren nur
ausserhalb Breslaus ausführbar, wo Pflanzen von Melandryum album sich vorfaiiden.
Die inficirten Pflanzen konnten darum nicht in steter Beobachtung bleiben und
waren bereits abgescbiiitteii, als wir die Samen ernten wollten. Um Erfahrimgen
wie diese zu vermeiden, wurden dann gesunde und befallene Melandryurnpflanzen
im Garten angezogen. Nun war die Infection im Garten ausführbar und die
Pflanzen komiteii stetig überwacht werden. Leider machten sich auch hier von
neuem Störungen bemerkbar, die vorher nicht geahnt werden konnten. Als die
Kapseln reif geworden waren, zeigte es sich, dass die Samen bis auf einen
kleinen Rest von Maden aufgefressen waren. Dieser Rest wurde nun im folgenden
Jalire zur Aussaat verwendet. Unter den so gezogenen Pflanzen befanden sich
in der That eine Anzahl brandiger Individuen. Weitere Erfaliruiigen belehrten
uns, dass eine natürliche Infection durch Schmetterlinge mit Sicherheit erreicht
werden kann, wenn in der immittelbaren Nähe von brandigen Stauden gesunde
weibliche Pflanzen von Melandiyum gezogen werden. Schon die makroskopische
Untersuchung der Narbe dieser Pflanze ergibt, dass sie fast ausnahmslos mit
Brandsporen be-stäubt .sind, die man mikroskopisch auf den Narben keimen und
sich weiter entwickeln sehen kann. Der von solchen gezeichneten weiblichen
Blüthen nachti'äglich geerntete und desinficirte Same, der allerdings auch hier
durch Insectenfrass stark decimirt war, ergab in den einzelnen Parzellen bis
20 pct. an brandigen Pflanzen, deren Erkrankung nicht anders als durch die
vorausgegangene Blütheninfection erklärt werden konnte. Mit diesen Einzelheiten
müssen wir uns hier vorläufig begnügen. Untersuchuiigeii gleich diesen
können nicht in ein paar Jahren völlig erschöpft werden, sie bedürfen der jahrelangen
Fortsetzung, wenn sie zu allseitig abgeschlossenen Resultaten führen sollen.
Jedenfalls ist es von höchstem Interesse, dass sich bei den Blüthen bewohnenden
Brandformen die zwei Typen der Infection wiederfinden lassen, wie
sie bei der Polleiibestänbuiig bei den windblüthigen Pflanzen einmal, bei insecteii-
Autoren (T u la s n e , G i a r d , M a g n in u. A.) angegeben und bis in die neueste Zeit bestätigt,
dass es auch zwittrige Blütben gibt, von welchen man anninunt, dass die Enüvicklung
der hier stets brandigen Antheren durch den Einfluss des Pilzes hervorgerufen wird.
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