
Die Versuche bei der Infection des Maisbrandes zeigen deutlich, dass hier
die grossen Nährpflanzen im Laufe ihrer Entwicklung und Ausgestaltung an den
verschiedenen Stellen die jüngsten Anlagen von Geweben den Angriflen der
Infectionskeime des IMaisbrandes aussetzen. Diese Angriffsstellen dauern fort bis
zu der Anlage der weiblichen BlUthenkolben, welche erst nach vollständiger
Ä usgestaltimg der Pflanze einzutreten pflegt. Es sind bei dem Mais die jungen
Blätter an der Vegetationsspitze, die männlichen Blüthenstände und die jungen
Achsen von den eingewehten Infectionskeimen erreichbar, und ebenso erfolgt
auch die Infection an den weiblichen ßlüthenkolbeii und an den adventiven
Wurzeln am Grunde der Nährpflanze. Die stattgehabte Infection ist hier leicht
nnd sicher festzustellen und die Branderscheinung tritt schon nach Ablauf von
etwa 3 Wochen ein. Der Brand bleibt localisirt auf die einzelnen Stellen, an
welchen die Infection erfolgt ist; und diese tritt unabhängig ein an allen den
genannten, für die Brandkeime empfänglichen, inflcirbaren Stellen.
Bei den übrigen ßrandformen, die auf unserem Getreide Vorkommen, liegt
die Sache wesentlich anders. Die Krankheitserscheiuung kommt nicht an den
Stellen ziu- Entwicklung, an welchen die Infection eingetreten ist. Die Wirkung
der Infection zeigt sich erst nach langer Inknbationsdauer, nach IMonaten, mit
der Entfaltung der Blüthenstände. Nur in den Blüthenstäuden ist die alleinige
Stätte für die Ausbildung der Brandlager gegeben, und diese Blüthenstände liegen
an dem entgegengesetzten Ende der Nährpflanze, welche schon in den ersten
Keimstadien von den Filzlceimen befallen ist. Die Nährpflanzen sind während
der ganzen Dauer ihres Lebens nach aussen hin von ausgebildeten und erhärteten
Geweben umgeben, in welche die Infectionskeime nicht einzudringen
vennögen. Die Nährpflanzen bieten nur ein einziges Mal und zwar im Beginne
ihrer Entwicklung junge Gewebe äusserlich den Infectionskeimen dar. Es sind
dies die ersten Keimstadien des jungen Saatgutes, an welchen die Infection im
Boden erfolgen muss, wenn nachträglich brandige Pflanzen entstehen sollen.
Diese Thatsachen entsprechen durchaus der früheren und älteren Meinung, dass
die Infection der Brandpilze an dem jungen Saatgute erfolgt. Es geschieht dies
unzweifelhaft, aber inan hat bei dieser Beurtheilnng ausser Acht gelassen, dass
die Nährpflanzen, wenn sie zum Blühen gereift sind, ein zweites Mal junge und
angreifbare Gewebe in ihren Fruchtknoten mit ihren Narben den Infectionskeimen
darbieten, und dass ebenso gut wie die Infection der jungen Keimlinge im Boden
stattfindet, auch eine Infection an den Theilen der weiblichen Blüthenanlagen erfolgen
kann.
Es ist mm durch unsere Untersuchungen der sichere Nachweis erbracht,
dass diese Infection an den Blüthen wirklich stattfindet, dass durch Wind und
Insecten der Brandstaub von brandigen Individuen auf gesunde Pflanzen übertragen
ivird.
D ie s e r so n a h e lie g e n d e V o r g a n g d e r I n f e c t io n in d en B lü th e n
is t b is h e r d a d u r c h v e r d e c k t u nd d e r E r k e n i i t n i s s e n t z o g e n w o r d e n ,
d a s s d e r B r a n d in d e n i n f i c i r t e n B lü th e n n ic h t in d em s e lb e n
J a h r e m it d e r R e i f e d e s G e t r e id e s e i n t r i t t , d a s s d ie e in g e d r u n g e n e n
I n f e c t io n s k e im e im S am e n v i e lm e h r l a t e n t b le ib e n u n d e r s t im
fo lg e n d e n J a h r e m it der A u s k e im u n g d e s S a a t g u t e s in d en a u s g
e r e i f t e n und b lü h e n d e n P f la n z e n z u r E n tw i c k lu n g g e la n g e n .
D ie B lü t h e n in f e c t i o n , d ie s c h o n an d en w e ib l i c h e n K o lb e n d e s M a is
s i c h e r n a c h g e w i e s e n w e r d e n k o n n t e , t r i t t a ls o a u c h h ie r a b e r m it
d e r V a r ia t i o n e in , d a ss d ie I iic u b a t io i is d a u e r b is zum A u s b r u c h der
K r a i ik h e i t s e r s c h e in u n g , a ls o b is zu r A u s b ild u n g d e s S p o r e n la g e r s
e in e e r h e b l ic h lä n g e r e i s t , d a ss s ie n ic h t d r e i W o c h e n u m f a s s t ,
.son d e rn e r s t im f o lg e n d e n zw e i t e n J a h r e n a c h d er s t a t t g e h a b t e n
I n f e c t io n ih r e n A b s c h lu s s e r r e ic h t . In d ie s e r b e n ie r k e iisw e r th e n
T h a t s a c h e l i e g t d as E ig e n a r t ig e b e i d e r j e t z t f e s t g e s t e l l t e n B lü t h e n in
f e c t i o n u n s e r e r G e t r e id e a r t e n .
W ir h a b e n d em n a c h m it zw e i v o n e in a n d e r u n a b h ä n g ig e n
I n f e c t i o n s s t e l l e n , e in m a l in d en ju n g e n K e im l in g e n , d a s a n d e r e
M a l in d en B lü t h e n , fü r d a s A u f t r e t e n d e r B r a n d k r a iik h e i t e n b e i
u n s e r e n G e t r e id e f o rm e n zu r e c h n e n u n d zu e r w ä g e n , d a ss in den
e in z e ln e n F ä l l e n b e id e I n f e c t io n s f o rm e n z u g l e i c h o d e r b a ld n u r
d ie e in e , b a ld d i e a n d e r e d ie v o r h e r r s c h e n d w ir k s am e s e in k a n n .
F ü r d i e B e u r t h e i ln n g d e r n a t ü r l i c h e n V e r b r e i t u n g d er B r a n d p
i l z e u nd d e r B r a n d k r a n k h e i t e n s in d d i e s e n eu a u f g e k lä r t e n T h a t s
a c h e n v o n e n t s c h e id e n d em W e r th e .
Es ist aber in den hier dargelegten Einzelheiten nur die Entwicklung der
Parasiten in n e r h a lb ihrer Nährpflanzen berücksichtigt worden, die verschiedenen
Formen wie die Infectionen stattfliiden und wie aus den ein-
B t e f a ld , Botan. Untersnclmngen. XUI. 9