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Braiidsporeimuisseii in die Ersclieimnig treten. Die Zerstörung des Kornes ist
eine rein innerliclie. Äusserlich ist seine Gestalt kaum verändert, nur etwas
kleiner. Wenn man die Beobachtnngen an befallenen Ähren früh ausführt, kann
man sich noch überzeugen, dass die Blüten normal angelegt sind, dass aber
eine Befruchtung hier ausgeschlossen ist. Die Fruchtknoten sind schon vorher
vom Filze innerlich befallen nnd, merkwürdig genug, entwickelt sich (ohne eine
j^efruchtung,) der Fruclitknoten zur normalen Gestalt des Weizens, der im
Innern in toto in ein Brandlager mit schwarzen ßrandsporen umgewandelt
ist. Die Brandsporen verstäuben erst mit dem Dreschen des reifen Getreides,
und liieraus können wir annehmen, dass auf dem "Weizenfelde selbst eine
ßlüteninfection durcli die Brandsporen des Stinkbrandes nicht wohl ausgefUhi't
werden kann. Die Brandsporen keimen schon bald nach ihrer Bildung vereinzelt
aus. Die Sporen können lange Zeit im Boden liegen, bis sie die günstigen
Bedingungen zur Auskeimung in der Übei-fläche des Bodens finden.
Sie können hier wohl auch durch ihre Kraiizkörperchen Mycelien mit Sichel-
coiiidieii erzeugen, die durch den Wind verti'iehen werden. Dass durch diese
Entwicklung der ßrandsporen im Boden eine Blüteiiinfectiou des Weizens erfolgt,
ist zwar nicht ausgesdilossen, aber jedenfalls nur in sehr begrenzten Fällen
wirksam. ir können annehmen, dass die Infection am jimgen Saatgute durch
anhaftende Brandsporen und auch durch saprophytische Entwicklung der Braiid-
keime im gedüngten oder humösen Boden stattfiiidet. Bezüglich dieser sapro-
pliytischen Entwicklung muss ich hier auf meine früheren IJntersuchmigen zurück-
greifen, welche ich vor fast dreissig Jahren ansgefiihrt und im V. Bande d. W.
Iiiedergelegt habe. Es ist für die Brandsporen der Tilletia besonders bemerkens-
Avert, dass sie durch Nährlösungen in ihrer Keimung nicht gefördert werden, wie
es in aufialliger Weise bei den Sporen des ßeiilenbrandes der Fall Avar. Die
grossen Brandsporen sind hier offenbar mit Reservestoffen so reichlich ausgestattet,
dass flir sie im blossen Wasser die günstigsten Keimiiiigsbedingimgen
gegeben sind nnd dass die Aveitere Zufuhr von Nährstoffen eher nachteilig als
fcirderlich fiir die Keimung einwirkt. Dagegen finden die Kranzkörperchen und
die Conidien, welche von den ansgekeimten Sporen gebildet werden, in geeigneten
verdünnten Nährlösungen und Nährsubstraten ftir ihre Entwicklung den günstigsten
Nälirboden. Es werden hier Mycelien nnd Conidien in Jmft reichlich
gebildet. (Vergl. Text und Abbildungen auf Tafel XII imd XIII im V. Bande
d. W.). Für das saprophytische Leben des Pilzes und die Vermehrung seiner
Keime in der Natur ist dieses eigenartige Verhalten des Parasiten wohl zu berücksichtigen,
wenn man ein richtiges Verständnis für seine Infection und für das
Auftreten des durch ihn erzeugten Getreidebrandes geAvinrien Avill. Die Brandsporen,
welche mit dem Futter durch den tierischen Leib in den Dünger geraten,
sind für ihre Keinmng zunächst nicht günstig beeinflusst, die Wirkung des
saprophytischen Substrates kommt erst nach erfolgter Keimung der Brandsporen
in den Kranzkörperchen uud in den Conidien zur Wirkung, Avelche in der Oberfläche
des Bodens sich entwickeln können, Avie es in den Kulturen von Nährlösungen
vorhin beschrieben wurde. — Man desinfieirt das Saatgut, um die
ßrandsporen an diesem zu töten, in wirksamer Weise. Es ist aber damit die
Infection der jungen Saatkeime, vom umgebenden Boden ausgehend, keineswegs
ausgeschlossen. Beim Dreschen des Getreides Averden die Brandsporen aus deu
brandigen Kornern frei, geraten so auf das gedroschene Getreide und, Avenn im
Freien gedroschen Avird, durch Verstäiibung auch in den umgebenden Boden.
Nach verschiedenen Mitteilungen von Landwirten ist an solchen Stellen, wo im
Freien das Dreschen stattgefunden hat, der Brand an einem Saatgut des Weizens
aufgetreten, Avelches vorsichtig desinfieirt Avar, sodass hier nur die Annahme
noch möglich ist, dass die Brandinfectionen an den Saatkeimlingen, von dem
umgebenden Boden ausgehend, vollzogen worden sind. — Bei anderen Formen von
Tilletia, welche die verschiedensten Formen der Gräser bewohnen, sind die Erscheinungen
des Brandes ähnliche oder fast übereiuvStimmende.
Weit abweichend von dem Stinkbrande des Weizens tritt nun eine zweite
Brandkrankheit am W'eizen auf, welche durch den Flugbrand verursaclit wird,
der in der Regel die sämtlichen Blüten einer Ähre in eine fast einheitliche
schwarze ßrandsporenmasse umwandelt. Mit den Blutenständen Averden hier zugleich
die Brandsporenlager frei mid verstäuben pulverig mit der grössten
Leichtigkeit durch die Luft, ln ganz übereinstimmender Form mit dem Flugbrande
des Weizens tritt auch der Flugbrand bei der Gerste auf und ebenso
auch in den Risjien des Hafers. Ich habe iiachgeAviesen, dass diese Formen des
Fliigbrandes nicht einer einheitlichen Gattung der Ustilago Garbo zugehören,
Avie man früher annahm, dass sie vielmehr Avohl unterscheidbare Arten der
Gattung Ustilago bilden, welche durch die leicht verstäubbareii Brandlager in
den Blilteiiständen ausgezeichnet sind. (l\Ian vergl. pag. 123 und Taf. VIJ im
XII. Bd. d. W.). Der auf Hordeaeeen vorkoinmende Flugbrand bildet keine
Conidien aus, während der Flugbrand des Hafers durch reiche Bildung von
B r e f e l d , Botau-Untersuchungen. XV. 4