
III. Die unzugehörigen Glieder der bisherigen
Brandpilzformen.
Unter den ßnindj^ilzen finden sicli nnn eine Reihe von F o rm en , w e lch e
in ihren Krankheitserscheinimgen an deu Nährpflanzen und in der äusseren Erscheinung
ihrer Brandsporenlager a lle C h a r a k te r e der t y p i s c h e n B r a n d p
i l z e an s i c h t r a g e n , w e lc h e a b e r gleichwohl in den weiteren biologischen
Einzelheiten, soweit sie sich d u r ch d ie K u ltu r d e r B r a n d sp o r e n a u s s e r h
a lb d e r N ä lir p f la n z e n ergeben, A b w e i c h u n g e n e r k e n n e n l a s s e n ,
welche es mir schon frUher im V. Bde. d. W. Brandpilze I zweifelhaft erscheinen
liessen, diese Formen den eigentlichen Brandpilzen anzureihen. W ir k o n n te n
h i e r n a c h d ie in F r a g e s t e h e n d e n F o rm e n a ls z w e i f e l h a f t e B r a n d p
i l z e b e z e i c h n e n , müssen ihnen aber jetzt im Anschlüsse an die eigentlichen
typischen Brandpilzformen, eine besondere Aufmerksamkeit zuwenden. Es
gehören hierher, soweit unsere derzeitigen Kenntnisse reichen, die Eormen von
G e m in e l l a , weiter die Formen von E n t o r r h i z a und endlich die Formen,
welche auf Reis und auf Hirse auftreten und welche als U s t i l a g o v i r e n s
beschrieben und benannt sind.
D e r C h a r a k t e r d e r B r a n d p i l z e , abgesehen von der Bildung der
Brandsporen iu den Mycelien, is t in d en K e im p r o d u k t e n der ß r a n d s
p o r e n b e s o n d e r s a u s g e p r ä g t . D ie S p o r e n b i ld e n m it ih r e r K e i m
u n g k l e i n e F r u c h t t r ä g e r mit Conidiensporen, w e lc h e in unzweifelhafter
Deutlichkeit die C h a r a k te r e der zw e i H a u p t t y p e n der B a s id iom y c e te n
s c h o n v o r g e b i ld e t e r k e n n e n la s s e n . D i e F o rm e n n a c h d em
T y p u s v o n U s t i l a g o keimen in bestimmt gegliederten PTuchtträgern aus,
welche aber eine noch nicht bestimmte Zahl von Conidien ausbilden. D ie
S p o r e n n a c h d em T y p u s v o n T i l l e t i a bilden ungegliederte einzellige
b ruchtti'äger, welche ajiikal an der Spitze, eine noch unbestimmte Anzahl von
Conidien tragen. Die Steigerung der Frnchtträger von Ustilago und von Tilletia
flihrt in der unmittelbarsten und natürlichsten Art zu den beiden P'ormentypen
der echten Basidiomyceten, zu den Protobasidiomyceten mit bestimmt gegliederten
Basidien und bestimmter Sporenzahl und zu den Autobasidiomyceten mit einzelligen
ungegliederten ßasidien und bestimmter Sporenzahl auf der Spitze
hinüber. Ich habe hieniach d ie so c h a r a k t e r i s t i s c h a u s g e p r ä g t e n K e im l
in g e der B r a n d sp o r e n b e i den U s t i la g in e e n a ls H em ib a s id ie n b e z
e i c h n e t , und die ganze Gruppe der Brandpilze als natürliche Ergänzung.sform
zu den echten Basidien a ls H em ib a s id i i benannt. Wohl an keiner Stelle im
Bereiche der Pilzkunde flndet sich eine natürlichere Verbindung der Fonnen von
den einfacheren zu deu vollkommeneren, wie sie hier von den Hemibasidii nach
den eigentlichen Basidiomyceten gegeben ist.
ln der höchst charakteristischen Keimung der Brandsporen, einmal in
bestimmtzellige Hemibasidien mit unbestimmter Sporenzahl bei Ustilago, das
andere Mal in der einzelligen Hemibasidie mit unbestimmter Sporenzahl bei der
Tilletia, ist nun der eigentliche morphologische Charakter der Brandpilze mit
einer Schärfe ausgeprägt, welche nach Richtung der höheren Formen der eigentlichen
Basidiomyceten in ihren Basidien nicht überzeugender gedacht werden kann.
Wir können nun aber diese Brandpilze nach dem Typus von Ustilago zu
Formen znrückverfolgen, in welchen die Hemiba.sidie in bestimmter Gliederung
noch nicht ausgebildet und sozusagen noch in der Ge.staltung unvollendet geblieben
ist. Diese Formen sind in der Gattung P r o u s t ila g o gegeben, bei welcher
z. B. in Prou. longissima die charakteristisch bestimmte Gestaltung der Hemibasidie
noch nicht zu erkennen ist. Schon etwas schärfer ausgeprägt findet sich
die Hemibasidie bei Prou. grandis. Hier treten mit der Sporenkeimung Hemibasidien
auf von bestimmter Gliederung, welche aber nicht beibehalten wird und
nachträglich in der Kultur weitere Veränderungen erfährt. Bei H em iu s t i la g o ,
bei Vaillantii und bei H. bromivora werden dagegen schon typisch drei- und
zweizeilige Hemibasidien gebildet, aus deren Conidien aber immer wieder drei-
und zweizeilige Hemibasidien in Reihenkulturen hervorgehen. Hier ist die
Hemibasidie bereits bestimmt gegliedert, aber sie ist noch nicht zu der einmaligen
Bildung bei der Keimung der Brandsjmren fortgeschritten, wie wir das
bei den übrigen Formen der Gattung Ustilago, bei E u u s t i la g o , in ausgeprägter
Deutlichkeit beobachten können. (Vergl. die Schliissbetrachtung im XII. Bde.
Werkes.)
e f e i a , Botan. Untorsuchungeu. XV. ly