
Methoden der Blütheninfection.
Zur A usfU hrun iv d e r I n f e c t io n s v e r s u c h e war es mm nothwendig,
diejeni^^e Methode ausiindig zu macheu, die der natürlichen Bestäubung am
uäcliriten kommt, also die Erscheimmgeii in der Natur so nachzuahmen, dass die
Leicht verstäuhbaren Braudsjjoren aus den Braudlagern in die Blüthen der Ge-
trcidefonneu mit möglichster Sicherheit hineingelangen, ohne aber Störungen zu
verursachen. Dabei ist ganz besonders zu beacliten, dass der Zeitjuinkt genau
abgepasst wird, in welchem die Blüthen des zu inticivenden Getreides am weitesten
geöffnet sind und so für das Eiublaseii der Brandsporeii die günstigsten
Vorbedingungen ertullt sind. Die Bliltbeninfectionen konnten iiatürlicli nur bei
trockenem, am besten sonnigem Wetter ausgeführt werden, wenn die Nährpflanzen
trocken und die Sporen des Fhigbrandes leicht verstäubbar sind. Nach verschiedenartig
angestellten Vorversnchen wurde ein Ballon von starkem Gummi
mul von geeigneter Grösse zum Eiublaseii verwendet, ln diesen wurden die
brandigen Blüthenstände biiieingebracht und die Oeftnmig mit einem Einsatz
verschlossen, der in ein Rohr mit zutreffender Oeffmmg aiislief. Voraiisgegangene
Droben erwiesen, dass die Brandsporen in dieser Art aus dem Ballon in aus-
reicbeiider Menge in feinster Vertheilnng nnd mit verhältnissmässiger Energie
verti-ieben werden konnten. Die zu inficirenden Aeliren oder Rispen wurden mm
in einen 0 ylinder, dessen untere Mündung mit einem ^\ attestoi»fen lose ver-
.seblossen wurde, eingeführt, und die Sporen von oben her wirksam eiiigcblasen.
Nach kurzer Banse, während welclier das Absetzen der Sporen erfolgen konnte,
wurden die Aehreii wieder aus dem 0>dinder befreit. Natditrägliclie Proben ans
den so iiifioirten Aebren ergaben, dass bei dieser Art der Infectioii die Brand-
spuren thatsachlich in die Blüthen eingefnlirt waren, soweit der jeweilige Zustand
der einzelnen Blüthen das Eindringen gestattete. Natürlich ist die Zahl der
Blüthen einer Aehre, die zur gleichen Zeit geöffnet sind und das Eindringen
eniuiglicheii, mir eine je nach den Umständen mehr oder weniger beschränkte.
Die Bliitlien einer Aehre blühen nicht gleichzeitig auf; gewöhnlich sind sie in
der ,Mltte der Aehre am weitesten vorgeschritten, während die an der Basis und
an der Spitze befindlichen Blüthen erst später im Aufblühen sich anschliesscn.
Hieraus erklärt es sich, dass bei einer einmaligen Infectioii ilurcb Eiublaseii der
S])oreii immer mir ein entsprechender Theil der Blüthen einer Aehre wirksam
iniicirt werden kann. Dementsprechend ist eine Infectioii, welche über einen
o-ewissen Procentsatz hinausgeht, hier von vorne herein nicht zu erwarten. Es
hatte keinen Vortheil, die Infectionen mit den einzelnen Aehren mehnnaLs zu
wiederholen, da immerhin Störungen in der normalen Entwicklung der Blüthen
durch das Verfahren imvermeidlich herbeigeführt werden können.
ln der Natur sind für die Bestäubung die Verhältnisse unverhältnissmässig
glücklichere. Die brandigen Pflanzen, welche im Getreidefelde stehen, verstäuben
ihre Braiids]ioren bei genügender Luftbewegung nicht einmal, sondern stetig in
der ganzen Zeit, in welcher die Blüthen der umgebenden Aehren nacheinander
anfblühen. Hiernach muss sich die Wahrscheinlichkeit der Infection der benach-
barten gesunden Pflanzen um ein erhebliches steigern im Vergleich zu der beschriebenen
Bestäubung in Cyliiidern. Zu den Störungen, welche in der Natur
bei den Infectionen eintreten können, gehört mm vorzugsweise der Regen, also
nasses Wetter, welches den Flugbraiid seiner natürlichen Bestimmuug entzieht
und die Braiulsporen auf das Erdreich abführt, wo sie für die Blütheninfection
verloren sind. Ebenso kann aber auch zu trockenes und zu warmes Wetter,
welches die Entwicklung und Reifung der Friichtkörner zu sehr beschleunigt,
für die infection ungünstig sein. Die Sporenkeiniung hat zudem immer eine
ausreichende Feuchtigkeit zur Voraussetzung.
Für diese Art der Infection, welche in Glascylindern von erprobter Weite
mit Hilfe des beschriebenen Verstäubmigsapparates ausgefülirt wurde, soll in der
Folge der Kürze halber die Bezeichnung „ C y l in d e r in f e c t io n “ eingesetzt
werden.
Eine zweite Art der Infection, welche sich mit der erst angeführten,
möglichst natürlichen ergänzt, ist die Infection durch künstliche Einführung
von Brandsporen in die einzelnen B lü t h e n , die sich eben zum Blülien geöffnet
haben, oder zum Blühen anschicken. Diese Art der Infection durch künstliche
Einführung von ßrandsporen in die einzelnen Blüthen bedeutet natürlich einen
mehr oder weniger gewaltsamen Eingi’itf in diese. Die Brandsporen wurden am
zweckmässigsten mit Hilfe eines feinen Pinsels in das Innere der Blüthen auf
Narbe und Eruclitknoten übertragen. Zur Ausfühi’ung dieser Infection sind
möglichst geschickte Hände erforderlich, welche die Blüthe auch bei etwas
weiterem Oeffnen nicht schädigen und die Brandsporen mit Hilfe des Pinsels
leicht und sicher in das Innere der Blüthe auf Narben und Fruchtknoten übertragen.
Wir haben hier mit Vortheil geschickte Damenhände verwendet, welche
nach einiger Vorübung die Mani])ulation der Infection mit relativer Zartheit und
B r e f e l d , Botan. Unterstellungen. XIII. 3