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Erst wenn wir diese Erscheinungen des Parasitismus bei den Brandpilzen
mit den frliiier beschriebenen einfacheren Einzelheiten vergleichen, Avie sie in
der Aetiülügie des Maisbrandes dargelegt sind, können wir aus dem Vergleiche
(len Unterschied ermessen, der zwischen beiden Typen hier zur Entwicklung gesteigert
ist. In dem D la isb r a n d e h a b e n w ir d en e in f a c h e n und n a tü r l
i c h e n A u s g a n g s p u n k t d e s P a r a s itism u s , d ie E r z e u g u n g d er K r a n k h
e i t e n in ih r e r p r im it iv s t e n Form. B e i den K e im lin g s - und B lü te n -
in f e c t io n e i i h a b e n Avir d en h o ch g e s t e i g e r t e n P a r a s i t ism u s , d e r
in s e in e r v o l l e n d e t e n A n p a s s u n g , z w i s c h e n P ilz und N ä h r p fla n z e ,
K r a n k h e i t s b i ld e r zu T a g e f ö r d e r t , w e lc h e in il iv e r E ig e n a r t u n te r
d er G e s am th e i t der L e b ew e s e n k aum ih r e s G le ic h e n fin d en d ür ften .
Beim Maisbrande haben Avdr die lokalisirte Infection und Brandlagerbildiing:
Gleich an der inficirten Stelle kommt die Krankbeitserscheinuiig zum Ausdrucke,
und ein kurzes Incubationsstadium von nur drei Wochen führt bereits zum Ausbruche
des frappanten Beulenbrandes. Bei der Keimlings- und ßlüteninfection
der übrigen Brandpilze sind die Infectionsstätten und die Ausbruchsstellen der
Braiidkrankheiten so weit als möglich von einander getrennt, ein Incubationsstadium
von der einen Vegetationsperiode zur anderen liegt zwischen Infection
und zwischen Ausbruch der Krankheit eingeschoben. Die Infectionskeime haben
sich in vollendeter Art den Nährpflanzen angepasst. Sie schädigen ihre Entwicklung
nicht, sie fordern sie sogar bis zum Ausbruche der Bvaiidkrankheit, avo
der Zerstörungsherd für die einzelnen Eormen und flir die einzelnen Nälirpflanzen
an bestimmter Stelle plötzlich in die Erscheinung tritt. Und wie die Dauer
des Incubationsstadiums für die einzelnen Pilze wiederkehrt, das tritt am klarsten
bei der BlUteninfection hervor. Beim Maisbrande ist das Incubationsstadium
drei Wochen, und schon nach dieser Zeit tritt aus den inficirenden Pilzkeimen
die Brandlagerbildung in den Riesenbeiilen des Fruchtknotens ein. Bei den
Blüteninfectionen des Flugbrandes kann in dem jungen Saatgute, der natürlichen
Stätte für die Brandlagerbildung, die Entwicklung der Infectionskeime im ersten
Jahre nicht eintreten, sie kann erst in der folgenden Vegetationsperiode, wenn
die Bildung von ßlütenanlagen von neuem stattgefunden hat, erfolgen und in
diesen die Brandlager erzeugen. Verglichen mit dem Maisbrande, tritt hier
die Eigenart in dem biologischen Verhalten der Brandpilze ganz besonders
scharf hervor. Der Maisbrand bildet Brandlager nach drei Wochen an der in-
flcirten Stelle ans; der Flugbrand, bei der Bllitenanlage durch Infection eiiigedrangen,
erzeugt die Brandlager erst im nächsten Jahre in der entwickelten
Pflanze in den wieder neu angelegten Fruchtknoten.
Bei der Keimlings- und Blüteniiifection Avird mit dem frühen Eindringen
der Infectionskeime in die jugendlichsten Stadien dev Nährpflanzen die ganze
Pflanze inficirt, resp. von dem Pilze durchwachsen. Man macht sich aber eine
nicht richtige Vorstellung von dem Leben der Parasiten in den Nälirjiflanzeii,
wenn man annehmen wollte, dass von den erreichten Vegetatioiisspitzen aus eine
reiche Verbreitung der Pilzmycelien in den befallenen Pflanzen erfolge. Dies
ist keiiiesAvegs zutreffend. Die Infectionskeime Avachsen, Avemi sie die Vegetationsspitze
erreicht haben, mit dieser und in dieser fort und gelangen von
hier aus auch in alle Neubildungen, welche von der Vegetationsspitze angelegt
werden. Die Ausbreitung der Mycelien bei dem eingedrungenen Parasiten
bleibt aber so lange eine bescheidene und relativ beschränkte, bis d ie
Stellen der Nährpflanzen zur Ausbildung gelangen, in welchen d ie e in z e ln e n
B r a n d p i l z f o rm e n ih r e B r a n d la g e r a u s z u b i ld e n g ew o h n t sind. Er.st
wenn diese Entwicklungsherde für die Parasiten angelegt sind, dann erfolgt in
diesen Stellen eine stärkere EntvA’ickliing der ]\iycelien, Avelche sich Aviederum
nur in den jungen parenchymatischen Geweben auf das Reichste und Üppigste
verbreiten, nm bald nachher aus dem reichen Zuflusse der Nährstoffe nach diesen
gesteigerten Bildimgsherden, die Brandlager zur Ausbildung zu fördern. Es wird
unzweifelhaft durch die frühe Infection der Saatkeimlinge oder sogar der Em-
brioneii im Eruclitknoten die ganze Nährpflanze von dem Pilze befallen, aber
die Stellen seiner Entwicklung bleiben bescheidene mul beschränkte so lange,
bis erst die natürlichen Bildungslierde für die Brandlager von den Nährpflanzen
angelegt Averden. Die ganzen Nährpflanzen werden unzweifelhaft von den Parasiten
befallen, aber in so eigenartig beschränkter resp. lokalisirter Art, dass es
hierdurch verständlich wird, Avie die Nährpflanzen äusserlich nichts von dem
gefährlichen Parasiten in ihrem Innern verraten, der erst dann sein Zerstörung.s-
werk beginnt, wenn die ßildungsherde für die Brandlager angelegt sind. Die
Entwicklung der Brandlager nur allein in den Fruchtknoten lässt zwar keinen
Zweifel bestehen, dass es die GeAvebe des Fruchtknotens allein sind, in welchen
die Brandlagerbildiing möglich wird. Es AvUrde aber die Beurteilung keine
richtige sein, Aveim Avir hier die Biologie des Pilzes selbst nicht mit in Betracht
Zügen. Bei der Blüteniiifection dringen die Infectionskeime direkt in den Fruchtknoten
resp. in den Embrio ein, der Stätte, wo doch die Brandlagerbildiing
B r e to ld , Boten. Untorsuchuiigon. X \’. 3
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