
Die Formen von P r o u s t ila g o und von H em iu s t i la g o sind also gleichsam
als die einfacheren V o r s tu f e n des T y p u s von E u u s t ila g o anznsehen, w e lch e
e in e V o r s t e llu n g g e b e n , wi e h ie r die H em ib a s id i e (und d a r ü b e r
h in a u s d ie e i g e n t l i c h e B a s id ie ) im G a n g e d er m o r p h o lo g is c h e n D if -
f e r e n z ir u n g a u f g e t r e t e n u n d n a tü r lic h z u S ta n d e g ek om m en ist.')
Ein unmittelbarer Anschluss dieser einfachsten Formen der Hemibasidii an die
terrestrisch angepassten isogam ditferenzirten Formen der niederen Pilze ist zwar
vorläufig nicht naohzuweisen, wird aber vielleicht noch in neuen Formen gefunden
werden. Und wenn er auch nicht gefunden wird, so können wir uns hier, wie
an vielen anderen Stellen im Pflanzenreiche, mit der Erwägung trösten, dass die
cliarakteristischen Gruppen der Formen so unmittelbare Verbindungen nur selten
erkennen lassen, wie Avir sie von den Hemibasidii nach den eigentlichen Basidiomyceten
feststellen können.
In den H em ib a s id ie n der U s t i la g in e e n is t d er e i g e n t l i c h e m o r p
h o lo g is c h e C h a r a k te r d e r B r a n d p ilz e g e g e b e n , und w ir b r a u c h e n
n ur d ie K e im u n g e n d er B r a n d sp o r e n vou zw e i f e lh a f t e n B r a n d p ilz e n
n ähe r zu u n te r su c h e n , ob sie d ie H em ib a s id ie n in d en b e id e n c h a r a k t
e r i s t i s c h e n F o rm e n d e r P r o t o - u n d d e r A u t o h em i b a s id i e n b e s
i t z e n , um d a r a u s d en N a c h w e i s zu f ü h r e n , ob s i e den H e m i b
a s id ie n a n z u s c h l i e s s e n s in d o d e r n u r a l s E n tA v i c k lu n g s g l i e d e r
v on a n d e r en h ö h e r en P i lz e n g e l t e n k ö n n en . Mit dieser vorausgeschickteu
Erläuterung können Avir nun in d ie e n g e r e B e t r a c h tu n g d e r z w e i f e l h
a f t e n F o rm e n d e r B r a n d p i l z e übergehen und den Formen der G a t t
u n g G e m in e l l a zuerst unsere Aufmerksamkeit zu wenden.
Die Nährpflanzen flir die Formen der Geminella sind in den kleinen
Veronica-Arten gegeben, welche namentlich im Frühjahr auf Äckern allverbreitet
aufzutreten pflegen. Die Sporenlager des Parasiten Averden in den Fruchtknoten
gebildet und verraten sich an diesen Stellen meistens schon dadurch, dass die
sehr dunkel, fast schAvarz gefärbten Sporen aus den ßissstellen der Fruchtknoten
ausgetreten sind und diese Avie mit einem schmutzigen Staube überziehen. Bei
näherer Untersuchung der Nährpflanzen ist es unschwer festzustellen, dass die
sämtlichen Fruchtknoten von unten bis oben au der Veronica-Pflanze von dem
') Weitere Ausflüu’ungen und Ergänzungen finden sich 1. c. in dem XII. Bde. d. W.
Brandpilze III.
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Pilze befallen sind, dass also die ganze Pflanze von dem Pilze durchAvachsen ist,
der nur in den Fruchtknoten allein seine Sporenlager ausbildet. Gewöhnlich
sind, wenn man eine von Geminella befallene Veroniea aufflndet, auch die in
der Umgebung wachsenden Nähiqjflanzen von dem Pilze befallen, der erst in
Aveiterer Entfernung sich verliert. Die Pflanzen verraten in ilirer äusseren Formbildung
keine Krankheitserscheinung. Diese kommt allein zum Ausdrucke in dem
Sporenlager der Fruchtknoten, die der Avesentlichste Sitz für die Entwicklung des
Parasiten sind. Untersucht man die Sporenlager eines Fruchtknotens, so hat man
durchaus den Eindruck eines typisclien ßraiidpilzes vor sich, der seine Brandlager
an den gewohnten Stätten iu den Fruchtknoten zur Ausbildung fördert.
Die Brandlager füllen den Fruchtknoten aus, in Avelchem man meistens vergeblich
nach den normalen Bildungen der Nähriiflanzen sucht.
Untersucht man die Sporenlager von den verschiedenen, von dem Pilze
befallenen Veronica-Arten genauer, so macht sich eine Verschiedenheit dahin
geltend, dass die Sporen in den Fruchtknoten von Veruiiica hederaefolla ein
staubiges Pulver bilden aus einzelnen nur selten zu zweien verbundenen Sporen,
dass die Sporenlager eine violette und nicht schwarze Farbe besitzen, dass die
einzelnen Sporen selbst ein nur wenig rauhes Exosporium zeigen, und dass die
Sporen von dieser Nährpflanze fast um die Hälfte kleiner sind (Fig. 16, Tafel III
dieses Bandes), wie man sie in anderen Veronica-Arten, namentlieh in den Fruchtknoten
von V. triphyllos und V. arvensis antrifft. Ich fand regelmässig wiederkehrend,
bei den letztgenannten Nähi-pflanzen die Sporen zu zweien und oft zu
dreien verbunden und durch kleine sterile Zwischenglieder der Mycelien getrennt,
auch zu Reilien angeordnet, die sich auf weitere Strecken noch deutlich unterscheiden
liessen. (Fig. 18, Tafel IV.) Die nach dem Zerfall der Fäden meist
paarweise verbundenen Sporen haben ein schwarzes, starkwarziges und dickes
Exosporium. Die Aussenseite der Spore ist bald mehr rundlich, bald etwas
länger ausgezogen, und die einzelnen Sporen sind mehr Avie doppelt so gross als
die von V. hederaefolia. Man kann schon nach diesem stark hervortretenden
Unterschiede in den Sporen der Fig. 16 u. 18 auf Tafel III mit Sicherheit beurteilen,
dass hier zwei verschiedene Formen von Geminella vorliegen, und die
wiederholte Untersuchung der genannten befallenen Nährpfianzen bestätigt diese Auffassung
durchaus. Der auf V. hederaefolia lebende Pilz ist die kleine, einsporige,
leichtverstäubende, bläuliche Form und soll hier G e m in e l l a ( S c h r o e t e r ia )
p a r v is p o r a benannt werden. Die auf V. triphyllos, V. arvensis etc. lebende