
I
1
— 100 —
orgaiie, welche mit den früheren schwächeren Linsen kaum, mit den besseren
Abbe’schen übjectiven dagegen sicher unterschieden werden können.
D ie K u l t u r d e r B a k t e r i e n a u f N ä h r g e l a t i n e ist eine einfache
und leicht ausführbare. Sie ist allgemein iu Verwendung gekommen und bedarf
hier keiner ausführlicheren Bes])rechung mehr. Die Kulturformeii bei deu Fadenpilzen,
welche in dieser Arbeit in erster Linie eine Berücksichtigung finden
Süllen, kommen bei den Bakterien nicht zur Verwendung.
D ie E r h a ltu n g u n d A u fb ew a h r u n g d e s e inm a l r e in g ew o n n e n e n
M a t e r ia ls d er v e r s c h i e d e n e n B a k t e r i e n f o rm e n ist kaum anders, als
in d er F o r td a u e r d e r l e b e n d ig e n K u ltu r e n in Reihen in Nährgelatine
möglich. Die Form der Übertragung des Materials ist hier die der Stichimpfung
auf neue Gelatine in Reagentieiiröhrchen, die ganz methodisch und leicht in den
entsprechenden Perioden ausgefülirt werden kann. Von wenigen Bakterienformen,
z. B. von B a c i l l u s s u b t i l i s , lässt sich das Alaterial in d e r S p o r e n f o rm
in Alassen herstellen und für unabsehbare Zeit trocken a n f b e w a h r e n . Die
Sporen sind nach langen Jahren noch so keimfähig, wie bald nach ihrer Bildung.
Höhere morphologische Bildungen in vegetativer und fructificativer ßezieliimg,
durch welche die höheren Pilze ausgezeichnet sind, fehlen den Bakterien vollständig.
Die Ziele der Kultur bei den Fadeupilzeii, die Höhe der vegetativen
Bildung zu erreichen und dann die verschiedenen Fruchtformen auf dem AVege
der Kultur aus den vegetativen Zuständen zu gewinnen, ihre Zusammengehörigkeit
zu den einzelnen Formen der höheren Pilze sicher festzustellen, liegt bei den
Bakterien von voniherein ausserhalb der Frage.stelluiig. — Ebenso sind auch die
Invasionen durch die Keime anderer Pilze, als die von Bakterien selbst und die
Alöglichkeit von Täuschungen und Verwechselungen der Formen durch diese so
gut wie ausgeschlossen.
Dagegen kommen nach einer anderen Richtung d ie B a k t e r i e n a ls
s t ö r e n d e s E l em e n t fü r d ie K u l t u r f o rm e n d e r h ö h e r e n P i l z e
in erster Linie zur Wirksamkeit und müssen darum an dieser Stelle besonders
berücksichtigt werden. D ur ch d ie B a k t e r i e n w ir d d ie E n tw i c k lu n g der
h ö h e r e n P i l z e , d ie A u s b ild u n g ih r e r F r u c h tfo rm e n in d en v e r s
c h ie d e n e n S u b s t r a t e n g e s c h ä d ig t o d e r g a r v e r h in d e r t . Es i s t das
e r s t e E r f o r d e r n is fü r e in e e r f o l g r e i c h e K u ltu r der F a d e n p i l z e ,
d ie B a k t e r i e n k e im e resp. d ie s c h ä d lic h e W ir k s am k e it d e r B a k te r ien
in den S u b s t r a t e n a u s z u s c h a lt e n . Dies ist mit grossen, zeitraubenden
Umständlichkeiten verbunden. Ehe die Sterilisierung der Substrate für Pilzkulturen
mit sicherem Erfolge durchgefuhrt werden komite, war es kaum
möglich, weiter gehende und abschliessende Resultate durch die Kultur zu gewinnen.
Hierfür mussten einmal die Erfahrungen über das Auftreten der
Bakterien und ihren störenden Einflu.ss in den Kulturen sicher fest<>-estellt und
dann der Nachweis geführt werden, durch welche Umstände die gewöhnliche
Alethode der Sterilisierung, das Erhitzen auf deu Siedejiunkt, hier ohne AVirkung
bleibt. Wenn ich an meine eigenen Erfalirungen zurückdenke, so stand ich
früher bei sicher angenommener Sterilisierung des Substrates und dem fast steten
Wiederauftreten der Bakterien in den Kulturen wie vor einem Rätsel. Dieses
Rätsel wurde erst gelöst durch die Untersucluingeu, welche ich Uber den Bacillus
subtilis im Jahre 1877 anzu-stellen vom landwirtschaftlichen Alinisterium veranlasst
wurde.’) Ich fand liier, dass die Sporen des Bacillus subtilis die Siedehitze
mit der grössten Jjeichtigkeit vertragen können, und dass nur höhere Temperaturgrade
über den Siedepunkt hinaus die Sporen zum Absterben bringen.
Die höheren Temperaturgrade konnten aber für die Substrate, namentlieli für
feste Substrate, z. ß. für Brot, nicht verwendet werden, ohne seine physikalirsche
Beschaffenheit und seine Verwendbarkeit für Pilzkulturen zu schädigen. Es
musste hier also ein anderes Verfahren eingeschlageii werden, nm eine sichere
Sterilisierung resp. eine Tötung der ßakterienkeime zu erreichen. Dies geschah
leicht, wenn d ie N ä h rm e d i e n in flüssiger oder in durchtränkter Fomi nicht
einmal, s o n d e r n w i e d e r h o l t , in geeigneten Zwischenräumen e r h i t z t wurden.
Die Sporen werden nicht getötet durch die Siedehitze, vielmehr zur baldigen
Keimung angeregt. Sie keimen in den Substraten aus, und im vegetativen
Zustande sind sie schon bei 55 bis 60 Grad Gelsiiis leicht abzutöten. Die nach
zweimaligem Erhitzen noch nicht zur Keimung gelangten Sporen keimen sicher
aus, wenn eine abermalige oder noch zwei- bis dreimalige Erhitzung in etwas
längeren Zwischenräumen vorgenommen wird. Nach fünfmaliger Sterilisation
in der angedeuteten Form sind nach meinen Erfahrungen alle Bakterienkeime
getötet, und die Substrate und also auch die Kulturen erleiden für die Folge
keine weiteren Veränderungen mehr durch Bakterien. Erst durch die.se Er-
’) Die diesbezügliche Abhandlung über Bacillus subtilis mit den neu gewonnenen
Resultaten findet sich im 4. Teile d. W . 1882. Vorher in einem Vortrage in der Ges. der
Natnrforschenden Freunde 1878.
i ( I