
Geminella ist die grosssporige, rau liwai-zige, schwarzgefärbte und paarweise verbundene
Form, welclie in der Sporeiigrösse die kleinere Form um das Doppelte
übertrillt. Für sie mag der Name G em in e l la (S c h r o e t e ria) D e la s t r in a bestehen
bleiben. Ob bei den letztgenannten Formen noch eine engere Unterscheidung
eintreten kann, will ich hier dahingestellt sein lassen.
Die Keimung der Sporen von Geminella ist schon von Schroeter angegeben.
Fr hat offenbar die Keimung von Geminella parvispora beobachtet und bereits
gesehen, dass hier auf e in em Sterigma, welches immer nur in der Einzahl aus
der Spore keimt, nach einander mehrere Conidien iu Reiben ausgebildet werden.
Ich habe in meinen früheren Untersuchungen aus dem Jahre 1882 offenbar die
grosssporige Form der Geminella Delastrina zum Keimen gebracht und in meinen
Abbildungen auf Taf. XI, Fig. 13 d. V. Bds. gezeigt, dass hier entsprechend der
Grösse der Keimsporen, nicht ein einzelnes, sondern eine Anzahl von Sterigmen
an beliebigen Stellen gebildet werden, welche die Conidien in Reihen abschnüren.
Erst nachträglich bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass auch in der
Sporenkeimung der vorbeschriebene Unterschied in Form und Grösse dahin scharf
sich ausprägt, dass die einzelnen Sporen von Geminella parvispora stets nur mit
e in em Sterigma (Fig. 16, Tafel 111 dieses Bandes) auskeimen, und dass es flir
die grosssporige, paarweise verbundene Form von G. Delastrina die allgemeine
Regel ist, dass hier nicht ein Sterigma, sondern e in e u n b e s t im m t e A n z a h l
v o n S t e r igm e n aufti-eten, welche sämtlich Conidien in Reihen abschnüren.
(Vergl. Fig. 13, Taf. XI, Bd. Y). Ich habe in den früheren und in den späteren
Fällen diese Keimungen stets bestätigt gefunden und das Schicksal der kleinen
reihenweise gebildeten Conidien ergänzend weiter verfolgt. Es stellte sich heraus,
das wir es hier bei den i'ormen von Geminella mit Gonidienbildungen zu tun
haben, welche in Wasser und in Nährlösungen nicht auskeimen wollen und welche
in der Länge der Zeit ohne Keimung untergehen. Lässt man in reinem Wasser
die ßrandsporen auskeimen, so dauert die reihenweise Abschnürung der Conidien
an den Sterigmen tagelang fort, bis zur Erschöpfung des Sporeninhalts. Die
(Jonidien fallen einzeln oder noch verbunden ab und bleiben in Nährlösungen
und in Wasser bis zu ihrem Untergange unverändert.
Es geht aus diesen Keimungserscheinungeii mit Sicherheit hervor, dass wir
es hier bei Geminella nicht mit der typischen Hemibasidienbildung zu tun haben,
durch welche die eigentlichen Ustilagineen als Hemibasidii charakterisirt sind,
dass hier vielmehr bei der Sporenkeimung nur einfache, gewöhnliche Conidienbildungeii
eintreten, wie sie als Nebeiifruchtfonnen namentlich bei Ascomyceten
allverbreitet Vorkommen. Ich brauche hier nur an die Conidienbildung von den
verschiedenen Peziza-Formen unter den Discomyceten zu erinnern, z. B. von
Peziza ciborioides, mn die Analogie hervortreten zu lassen, welche hier mit unserer
Geminella unzweifelhaft besteht. Die Übereinstimmung steigert sich iioch dadurch,
dass auch bei den Peziza-Formen') die reihenweise gebildeten Conidien nicht
keimen wollen und ungekeimt zu Grunde gehen, ganz wie es hier für Geminella
eben beschrieben wurde. E s l i e g t h i e n ia c h w o h l e in e r u d im e n tä r g e w
o rd en e C o n id i e n b ild u n g in beiden Fällen v o r , eine Bildung, w e lc h e in
m o r p h o lo g is c h e r B e z ie h u n g m it d e r so c h a r a k t e r i s t i s c h e n A u s k
e im u n g d e r B r a n d sp o r e n in H em ib a s id i e n g a r n ic h t s zu tu n h a t.
Ich habe nun die Entwickelung der vermeintlichen Brandsporen von
Geminella in Nährlösungen weiter verfolgt und festgestellt, dass die Sterigmen
in Nährlösungen die Bildung der erbärmlichen keimschwachen Conidien aufgeben
und zu gegliederten, grossen IMycelien auswachsen, welche in ihrem weiteren
Verlaufe dicke bis erbsengrosse Fadenknäuel von gelbbrauner Farbe in Luft ausbilden,
in welchen allerdings eine Aveitere Sporenbildung, Avelche über den Charakter
der Geminella entscheiden müsste, nicht aufgetreten ist. (Man vergl. hierzu
Text und Tafel im V. Bde. d. W.) Auch in vielen weiteren Kulturen ist es
nicht gelungen, die grossartigen LTycelbildungen zur weiteren Fructification zu
fördern. Ich möchte aber gleichwohl glauben, dass diese Richtung der Untersuchung
noch nicht aufzugeben ist, und dass es vielleicht mit einer günstig veränderten
Kulturmethodik gelingen Avird, das ersehnte Ziel zu erreichen. enn
man nämlich hinreichend verdünnte Nährlösungen anwendet, so erhält man
Mycelien, an deren Fäden die Conidienbildung auf einzeln stehenden Sterigmen
sich Aveiter fortsetzt und bei Avelchen schliesslich auch dichtere Verzweigungen
auftreten, die vielversprechend sind.
Ergänzend zu meinen Kulturen der Geminella (Schroeteria) Delastrina aus
dem Jahre 1882 habe ich nun nachträglich auch die kleinsporige borm von
Veronica liederaefolia vou Neuem kultivirt. Es wurden mit Vorsicht verdünnte
Nährlösungen angewendet, mit Avelehen es gelang, reichverzweigte 'Mycelien aus-
1) Man vergleiclio hierzu die Untersuchungen über die Ascomyceten und speziell die
Kulturen von Peziza Fonnen im X. Bde. d. W. Tafel XIII und im IV. Bde. über Sclerotinia-
(Peziza)-Formen Tafel IX.