
Es -war bis dahin nur ein Hinderniss gegeben, die vom Brande befallenen
Nährpfiaiizen zu Versuchen der angedeuteten Art heranzuziehen, und dieses
Hiiiderniss bestand in dem Umstande, dass man bei den Versuchen niemals
sicher war, ob die Versuchspflanzen vom Brande befallen sind, und ob mau auch
wirklich mit brandigen Versuchsobjecten operirte, die doch allein eine Entscheidung
der Frage herbeifiihren konnten. Durch die fortschreitend verbesserte
^Methodik der Infection der Nährpflanze durch die Brandpilze ist dies Hinderniss
mm überwunden. Es wurde möglich bei den verschiedenen Hirse-Formen, der
Mohren-, Rispen- und Kolben-Hirse sicher inficirte Keimlinge zu deu Versuchen
heranznziehen, und ebenso sicher ein aus den Blütheninfectionen gewonnenes
Saatgut zu verwenden, welches erfahrungsgemäss nur brandige Pflanzen hervorbrachte.
Für die engeren Versuchsaiistellungen war der natürliche Weg, wie ihn
H e l l r i e g e l eingeschlagen hat, von selbst gegeben. Es wurde sterilisirter, vollständig
reiner Glassand mit mineralischen Nährlösungen nach l i e l l r i e g e l
jedoch ohne Stickstoffverbindungen diirchtränkt, und in Glashäfcn eingefullt, die
im Boden mit Oeffiningen und einer Kiesüberdeckung zum Zwecke der Durchlüftung
versehen waren, ln diesem Substi-ate wurden nun zunächst die frisch
inficirten Keimlinge von den drei Hirseformen, der Mohren-, Rispen- und Kolben-
hirse in den einzelnen Töpfen zu drei bis fünf Exemplaren eingepflanzt. Die
einzelnen Pflanzen wurden auf der Decimalwage beim Beginn der Versuche gewogen
und der tägliche Verlust durch Verdunstung mit stickstofffreiem dest.
Wasser ergänzt. Zum Vergleiche wurden Töpfe beschickt in der gleichen Art,
wie die beschriebenen, nur mit einem entsprechenden Zusatze einer Stickstoffverbindung
in der Form des Calciunmitrats. Hier wurden bei den parallelen
Versuchen die gleiche Zahl von Versuchspflanzen resp. von Keimlingen in jeden
Topf eingesetzt. Die Versuchspflanzen wurden nun zunächst unter Schutz im
Vegetationshause aufgestellt und auf Rollwagen bei schönem Wetter ins Freie
gefahren, um sie der directen Sonne auszusetzen. Fehlerquellen konnten sich
nach der Art der Versuchsmistellung nicht einschleichen. Die eiiigepflanzten
Keimlinge wuchsen in den beiden getrennten Versuchsreihen ohne alle Schwierigkeiten
in dem Glassaiide an und zeigten in den nächsten acht I’agen kaum
merkliche Unterschiede. Dann erst kam mit der Erschöpfung der Nährstoffe in
den Keimlingen der Stickstoffmangel einerseits und die Wirkung der Stickstoffverbindung
andererseits zur Geltung und zu immer auffälligerer Erscheinung.
In den weiteren vier Wochen zeigten die Töpfe ohne Stickstoffverbindungen in
den jungen Pflanzen kaum noch einen Fortschritt, während die Pflanzen in den
Töpfen mit Stickstoffverbindungen täglich üppiger sich ausgestalteten. Nach
sechs Wochen war der Gegensatz ein möglichst grösser. Als ein weiterer Fortschritt
in der Entwicklung der Zwergpflänzchen ohne Stickstoffverbindung nicht mehr zu
beobachten w*ar, wurde eine entsprechend geringe Menge von Stickstoffverbindungen
in Lösungen dem Glassand zugeführt. Die Wirkung trat schon in den nächsten
Tagen hervor. Die Pflänzchen entfalteten sich weiter und Hessen nach Ablauf
von beinahe drei Monaten nach ihrer, wenn auch zwerghaften Grösse, eine
Blüthenbildnng erkennen. Als letztere ausgebildet war, zeigte es sich, dass
sämmtliche Versuchspflanzen, wie es vorausgesetzt werden konnte, brandig geworden
waren. Auch in den vergleichenden Versuchsreihen, die reichlich mit
Stickstüffmengeri versehen waren, und bei welchen auch noch naohträgHch Stick-
stotfverbindungen zugesetzt wurden, um die Pflanzen zur mögliclisten Entwicklung
zu fordern, standen in ihrer Grösse nicht weit zurück gegenüber den Pflanzen
im freien Lande und zeigten mit der Entfaltung der Blüthenstände die üppigste
Brandbildung in allen Individuen. Durch photographische Aufnahmen (von
R. Scholz) sind die beiden parallelen Versuche der Zuckerhirse fixirt und in
der Fig. 1 auf der Tafel 2 dieses Bandes wiedergegeben.
Der Ausfall der vergleichenden Versuche zeigt auf das schlagendste, dass
die parasitisch lebenden Fadeiq)ilze, im speciellea Falle hier die Brand[>ilze, eine
Versorgung ihrer Nährpflanzen mit dem Stickstoffe der Luft nicht zu vermitteln
vennögen. Sie bleiben ohne Stickstoffverbindung im Wachstbuni bald stehen und
nehmen erst die Wachsthumsei-schelniingen wieder auf, wenn weitere Stickstotf-
verbindungen zugesetzt werden. Aus den Vergleichen der Zwergpflanzen ohne
Stickstoffverbindung zu den üppigen normalen Bildungen, welche mit Hilfe der
Stickstoffverbindungen en-eicht werden, geht schlagend hervor, dass die hier in
Frage gezogenen fadenförmigen, parasitisch lebenden Pilze eine Assimilation des
freien Stickstoffes n i c h t herbeizuführen imstande sind, auch wenn die günstigsten
Objecte für die Versuche herangezogen werden. Wenn hier eine Stickstoffas-siini-
lation nicht nachgewiesen werden konnte, so ist die Wahrscheinlichkeit nicht
mehl* gross, dass dies bei anderen parasitisch lebenden Pilzen der Fall sein
könnte. Die früher angedeutete etwas schnellere u*id üppigere Entwicklung der
vom Pilze befallenen Nährpflanzen muss andere nebenläufige Ursachen haben,
die aber jedenfalls auf eine Stickstotfassirailatioii nicht zui*ückzuführen sind.
B r e f e ld , Botan. Unteisuchnngen. XIH. IQ