
Ein weiterer Aufschluss Uber den so reichlicli in Chlamydosporen fruc-
tilieirendeu Pilz war nur durch Beobachtung an den natürlichen Standorten zu
erreichen, und die erste Voraussetzung hierfür war, die äusseren Störungen gänzlich
fern zu halten, welche durch Zertreten der Frucktkörperaiilagen bisher eiii-
getreten waren. Schon bald nachher kamen denn auch grössere Frnchtkörper-
anlagen znr Frscheinmig, welche in ihren Hymenien den Charakter von Irpex
trugen, nnd welche im weiteren Verlaufe zur Basidienbildung übergingen
(big. 1 4 aut l a f VI). Die Irnehtkürper mit ihren Hymenien waren blendend
weiss und die näliere anatomische Untersuchung ergab, dass die Chlamydosporenbildung
mit der Anlage der Hymenien fortdauerte und dass in den subliymenialeii
Schichten die lad en reichlich mit Chlamydosporen versehen waren (Fig. IG,
Taf. V). Von den Hymenien kleiner Fruchtkörper konnte ich keine Basidiensporen
gewinnen, sie wurden aber regelmässig ausgebildet an grossen Fruchtkörpern,
welche sich konsolenartig an den Wurzeln abhoben und eine beträchtliche
Dicke bis zwei Zoll erreichten. Hier fructificirten alle Basidien in Basidio-
spoieu (Fig. 18) trotz der reichen Anlage von Chlamydosporen in den unteren
Schichten.') Die eiförmigen, nach unten etwas zugespitzten Sporen konnten leicht
anfgefangen und zur Kultur herangezogen werden. Sie bildeten Mycelien, gleich
denen, welche früher aus den Chlamydosporen gezogen wurden nnd in ihren
Fadenverzweigungen trat dieselbe reichliche Chlamydosporenbildung ebenso früh
em, wie sie vorher beschrieben worden ist (Fig. 20, 21). So gross auch die
Mycelien wurden, so reichlich die Anlage der Chlamydosporen erfolgte, eine
weitere und höhere Bildung war in der Kultur nioht zn erreichen. Hier schliesst
die Entwicklung des Pilzes an, wie sie anf den Banmwurzeln selbst erfolgt.
Durch das Auftreten der Chlamydosporen in den Mycelien der Basidio-
sporen Ist der untrügliche Nachweis erbracht, dass die Chlamydosporen eine
Fnichtforni des vorliegenden Pilzes sind und dass dieser Pilz in Übereinstimmung
mit den Formen von Nyctalis, Oligoporus und Fistuliua durch überaus reichliche
Bildung von Chlamydosporen amsgezeichnet ist. Die Chlamydosporen treten
111 den Mycelien der Basidiosporen schon in der ersten Jugend auf, sie werden
weiter in allen Fäden auf das reichlichste angelegt und ihre Anlage dauert fort
■) Leider ist der schönste Fruehtkörper dieser Art durch Insektenfrass zerstört worden
ehe eme photographische Aufnahme, namenüich auch des Querschnittes mit dem Hymenium’
möglich war, ’
in den jungen Fruchtkörpern und begleitet sogar die Ausbildung der Hynienien
bis zur Anlage der Basidien. Die Hymenien tragenden F'ruclitkörper bestehen
in allen iliren Teilen auf das reichlichste aus Clilamydosporeii, welche mitimter
ein weisses krümeliges Pulver darstelleii. Man kann sich wundern, dass es liier
noch zur Bildung von Basidien kommt, kann aber leicht beobachten, dass in
allen üppigen Ff rnchtkörpern fruotificirende Basidien angelegt werden. Wenn
man die grösseren F'rucbtkörper von den Banmwurzeln abbebt, so fallen sie
förmlich auf durch ihre eigentümliche Schwere, also durch ihr Gewicht, welches
wohl vorzugsweise bedingt wird durcb die massenhafte und kompakte Anlage
der Chlamydosporen, welche liier den ganzen Fruehtkörper durchsetzen, alle seine
Anlagen begleiten, sogar bis zu den Hymenien, welche unterhalb der Ba.sidieii
an keiner Stelle ihre Anweseiibeit vermissen lassen.
Ich babe den Filz und seine FT-iiclitkörper mit den mir bekannten Irpex-
foniien verglichen und die Bildung von Chlamydosporeu, wie sie ihm eigen sind,
bei keiner anderen F’orm beobachten können. Fibenso wenig ist es mir möglich
geworden, die Bescbreibnug eines Irpex zu finden, der in seiner massenhaften
Chlamydosporenbildung mit dem iien gefundenen übereinstimmt.
Es ist hiernach gerechtfertigt, in dem Pilze eine neue F’orm resp. Gattung
zu erkennen, welcbe bisher der Beobachtung entgangen ist und welche durch
die iiherreiche Bildung in Chlamydosporen in ähnlicher Weise ausgezeichnet ist,
wie Nyctalis, Oligoporus und Fistulina. Da die bekannten F'ornien von Irpex
Chlamydo.sporen nicht besitzen, so ist es gerechtfertigt, diese neue Form auch
als eine neue Gattung zu bezeichnen, welche durch die Chlamydosporenbildung
von den F’ormeii der bisherigen Gattung Irpex verschieden ist. Ich will sie als
Irpieium bezeichnen und nach ihrem Standorte auf den Wurzeln von Ulmen als
„Irpiciuui Ulmicola Bref.“ benennen. Das irpieium reiht sich als eine interessante
I'orm den besobriebeneii F’onntypen der Basidiomyceten au, welcbe durch
reiche Chlamydosporenbildung besonders ausgezeichnet sind.')
') Mit den Abbildungen von Irpieium ist zugleich aucli die Conidien- und
Chlamydosporenbildung an den Mycelfäden von Polyporus destructor wiedergegeben, deren
Beschreibung sich bereits im XIV. Bde. d. W. auf pag. 180 befindet.