
meines bliiteiibiologisehes Interesse in Anspruch nehmen kann und welche auch
schon von früheren Autoren beobaclitet und beschrieben worden ist. Diese Nälir-
])flanze hat dicline Blüten. In den weiblichen Blüten kommen normaler Weise
keine Antheren zur Ausbildung, die also auf die männlichen Blüten allein beschränkt
sind. Wenn nun aber die Nährpflanzen von dem l ’ilze infizirt sind,
so werden nicht hloss in den männlichen Blüten die Antheren in Brandlager
uingewaiidelt, sondern auch in den weiblichen Blüten, in Avelclien normaler Weise
keine Antheren zur Erscheinung kommen, werden durcii die Infection des Pilzes
Staubfäden zur Anlage gefördert und ilire Antheren in Brandlager nmgewandelt.
Der Pilz reizt gleicbsam die Nährpflanze zur Wiederbildung von Antheren, in
welchen allein die Ausbildung des Brandlagers erfolgen kann. Man triflt die befallenen
weiblichen Blüten mit brandigen Antheren an, freilich nicht ganz so
üppig ansgebildet wie bei den männlichen Blüten, und man flndet zugleich in
diesen weiblichen Blüten die Fruchtknoten bis zu einem gewissen Grade verkümmert,
wenn die brandigen Antheren durch den Pilz hier zur Ausbildung gefördert
sind. Beide ßlütenteile, der Fnichtknoten durch Verkümmern, die Antheren
durch den Brand, sind für die Nährpflanze unfruchtbar, und die Blüten bringen
keine Samen hervor. Die Blüten werden also künstlich durch den Pilz veranlasst,
wieder hermaphroditisch zu werden; sie tragen Staubblätter und Fruchtknoten,
aber beide in verkümmerter, unfruchtbarer Form.
Wir k ommen nun zu der p h ä n om e n a ls te n E r s c h e in u n g , w e lc h e ,
n eb en dem B e u le n b r a n d e des A lais, b is h e r a ls K r a n k h e it s b ild b e i
den B r a n d p ilz e n b e i u ns b e k a n n t g ew o rd en ist. Es ist dies der eigentliche
Hirsebrand, der als Nähi-pflanze Panicum mileaceum bewohnt. Hier flnden
Avir nicht die einzelnen Blüten des grossen, rispenartigen Blütenstandes befallen
und in Brandlixger umgewandelt, sondera der ganze Blütenstand ist offenbar schon
in seiner ersten Veranlagung einheitlich von dem Parasiten befallen und bei
eigenartiger, möglichster Einschränkung und Verkürzung der Achse in eine
mäclitige Brandgalle nmgewandelt, welche ihre morphologische Einheit in dem
besonderen Umstande an sich trägt, dass die ganze Galle von einer dichten,
blendendweissen Hyphenhülle eingehüllt ist, und dass erst bei dem Durchschneiden
der Galle das Innere des schwarzen Brandlagers zur Erscheinung kommt, wie
es die Fig. 1 — 8 auf Tafel I dieses Bandes veranschaulichen. Die befallenen
Nährpflanzen veiTaten auch hier bis zur Anlage des Blutenstandes in ihrer
äu.sseren Erscheinung iiiclits von dem Parasiten, den sie in sich bergen. Erst
nach der völligen Ausgestaltung, wenn die Pflanze nahezu schon die volle Hohe
erreicht hat, zeigt sich in ihren oberen Teilen mit der Ausbildung des Blütenstandes
eine bemerkenswerte Vei'kUrzung der Achse und eine dichte, oft bUschel-
fonnige Anordnung der Laubblätter, welche hier an kurzen Internodien sitzen
und welche dann in ihrer Alitte die eben beschriebene, weiss umkleidete Brandgalle
gleiclisam wie eine Frucht iu sich tragen. Bei den Panicumfornien mit
scliAvarzen Fruchten werden die Pflanzen kaum Uber 1 Aleter hoch, und die
Brandgallen erreichen etwa die Grösse einer Nuss. Bei Panicumfonnen mit weissen
Körnern werden aber die Pflanzen bis iVa Aleter gross, und hier tritt die Brandgalle,
von den obersten Laubblättern der Nährpflanze büschelartig dicht umstellt,
an der verkürzten Achse in der Grösse einer kleinen Walnuss um so auffälliger
hervor, als die Galle selbst mit ihrer weissen Umhüllung von den grünen Laub-
blättern hullenartig iimsclilossen wird. AVeim wir in einem Versuchsfelde mit
infizirten Pflanzen die normalen Hirsepflanzen uud die brandigen Individuen mit
einander vergleichen, so ist der Gegensatz so auffallend wie möglich. Die lange,
reichgegliederte blattlose BlUtenrispe, von welcher Tafel 11 ein Bild gibt,’) erreicht
die Länge von 80 — 40 ctm.; die Seitenverzweigungen hängen malerisch von der
Eispe etwas nach unten, die blütentragende Achse ist schlank gestreckt und
erhebt sich frei über die Blätter der letzten Internodien. Bei der brandigen
Pflanze wird die normale Grösse fast bis zu dem Blütenstande erreicht, dann
folgen in dichter, büscheliger Stellung die Laubblätter der obersten verkürzten
Internodien, welche in ihrer Alitte, gleichsam wie eine weisse hruc,ht. die riesige
Brandgalle umschliessen. Es bedarf keines Suchens nach den brandigen Pflanzen,
sie treten in ihrer änssereii Erscheinung so auffällig gegen die gesunden hervor,
dass sie von jedem Laien sofort erkannt werden können. Und auch für die
äussere Formbildung flndet sich die natürliche Erklärung gleichsam von selbst
vor, welche hier die normale Pflanze durch deu Einfluss des Parasiten ertahren
hat. Die Einwirkung des Parasiten beschränkt sich nicht ausschliesslich auf den
rispenartigen Blutenstand, der zur Brandgalle wird. Sie macht sich schon geltend
in den vorausgegangenen Internodien unterhalb des Blütenstaiides, Avelcbe ebenfalls
eine starke Verkürzung erfahren bis zur büschelartigen Anordnung iiirer
1) Statt der Photografie einer Blütenrispe von Panicum miliaceuin ist der sehr ähnliche
Blütenstand von Panicum Grus Ardeae Wilid auf Tafel II photografisch wiedergegeben,
(der hier, mir in einzelnen Blüten, von dem falschen Ilirsebrande der Xjstilagmoidea Pamci
befallen ist.)