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Nährpflanzen und die Weiterverbreitnng der Brandkranklieiten in den einzelnen
Fällen ihre einfache und natürliche Erklärung findet. — Die diesbezüglichen
neuen Tatsachen über die Entwicklungsgeschichte der Brandpilze sind in dem
5. und in dem 12. Bande d. W. zusammengefasst
Erst durch den Nacliweis der saprophytischen Lebensweise der Brandpilze
und durch die neu gefundene Tatsache, dass mit dieser eine sehr reiche und
weitgehende Vermehrung der Infectionskeime stattfindet, war erst das Material
und damit zugleich die lang entbehrten Hülfsmittel gegeben, die Infectionsversuche
mit den Brandpilzen zur Erzeugung der Brandkranklieiten auf einer breiten und
sicheren Unterlage wieder aufzunehmen und weiterzuführen. Anstelle der oft
keimschwachen und passiven Brandsporen konnte nun das frische virulente
Material der in Nährlösungen in unendlicher Fülle gezogenen Infectionskeime
eingesetzt werden, welches zu jeder Zeit in allen Formen leicht und sicher zur
Verfügung stand.
Als allgemeines Resultat aus diesen Versuchen ergab sich die b em e rk en sw
e r te T a ts a c h e , dass d ie B ra n d k e in ie nur in d ie jü n g s t e n Gewebe der
N ä h r p fla n z en e iu z u d r in g en v e rm ö g e n , und dass alle älteren, erhärteten
Gewebe den Keimen von aussen nicht mehr zugänglich sind. Bei den meisten
Pflanzen b ie ten sich d ie se za r te n , a lle in in f e c tio n s fä h ig e n G ew ebe nur
e inm a l und s c h n e ll v o rü b e r g e h e n d in den jü n g s te n K e im s ta d ien der
N ä h r p fla n z e n aus dem Samen in kurz vorübergehendem Zeiträume den Infec-
tionskeinieii dar. In allen späteren Stadien der Entwicklung sind die jungen
Gewebeteile der Vegetationsspitzeii von den älteren, schneller wachsenden Blatt-
aiilagen derart eiiigeschlossen, dass die Infectionskeime keinen Zugang mehr
finden können, und dass von da ab die vollendete Immunität der Nähi-pflanzeii
gegen diese Infectionskeime eingetreteu ist. Hierdurch fänden die bisherigen Erfahrungen
und Annahmen, dass bei den Getreideformen die Brandkeime nur in
das eben austreibende Saatgut eindringen könnten, ihre einfache und natürliche
Aufklärung. Nur eine beschränkte Eormenzahl von Nährpflanzen der Brandpilze
machen von dieser allgemeinen Regel eine Ausnahme. Als Beispiel mag hier der
Mais mit dem Beuleiibrande angefllhrt werden. Bei dieser grossen Pflanze ist
der Abschluss der jungen Gewebeanlagen an den Vegetationsspitzen und an den
übrigen Stellen der Neuanlagen kein so vollkommener wie sonst, und die durch
die Luft verwehten und leicht vertriebbaren Luftconidien finden durch die hier
gebliebenen Öfiimngeii und Spalten einen leichten Zugang von aussen und vermögen
so auch an der weiter entwickelten Pflanze Infectionen auszufiihren,
welche bis zu meinen Untersuchungen im 11. Bde. d. W. vollständig imbekaimt
und unverständlich geblieben waren. Alle jungen Vegetatioiisspitzen von Wurzeln,
Achsen, Blättern nnd Blütenteilen etc. sind bis zur vollendeten Ausbildung der
Nährpflanze noch infectionsfähig, und sogar die Fruchtknoten und die jungen
Narben der weiblichen Blütenkolben werden direkt durch die in der Luft vertriebenen
Infectionskeime inficirt und brandig.
Mit dem sicheren Nachweise der BlUteninfection bei dem Maisbraiide war
der Gedanke naliegelegt, dass auch bei anderen Nälirpflanzen der Brandpilze
eine B lü t e iiin f e c t io u stattfinden könne und dass, unabhängig von der Infection
des jungen Saatkeimes, noch eine zweite Iiifectionsstelle an der entwickelten
Pflanze in der BlUtenaiilage gegeben sei. Die weiteren Untersuchungen über die
Blüteninfectiüii bestätigten diese Auffassung, und es konnte bereits für die Flugbrandformen
des Getreides, z. B. für Ustilago Hordei und U. Tritici, die Tatsache
festgestellt werden, dass hier zur Blütezeit der Nährpflanzen eine Infection
der Fruchtknoten mit ihren jungen Geweben eintritt, und dass die bis in den
Embrio vorgedriingenen Infectionskeime in dem Saatgute im vegetativen Zustande
latent bleiben, um erst in dem folgenden Jahre in der neu entwickelten Pflanze
zur eruptiven Erscheinung resp. zur Bildung von Braudlagern zu kommen. Bei
den Blüten, bei welchen die Brandlager in den Staiibsäcken angelegt werden,
konnte sogar die Mitwirkung der Insekten für die Infection nachgewieseii werden
in der Art, dass die Insekten beim Besuche der Blüten den Brandstaub aus den
männlichen Blüten auf den jungen Fruchtknoten und anf die Narben der weiblichen
Blüten übertragen. - - Die experimentellen Versuchsreihen über die Infection
und die Erzeugung der Brandkrankheiten sind in dem 11. und 13. Band
d. W. niedergelegt und hier ausführlich beschrieben worden.
Bei den ausgefiihrten Untersuchimgen über die Entwicklung.sgescliichte der
Brandpilze und über ihre Infection auf die Nährpfianzen konnten d ie p a tlio -
lo g is c lie n E r s ch e in u n g en im en g e r en , w e lc h e die B ra n d p ilz e an ihren
W ir ten h e r v o r ru fe u , mir nebensächlich und insoweit berücksiclitigt werden,
als es die Abrmuhing und das Verständnis der Darstellung erforderte. Es würde
aber eine empfindliche Lücke in unserer Vorstellung bestehen bleiben, wenn nicht
an dieser Stelle eine nachträgliche Ergänzung einträte, durch welche, in vergleichender
Behandlung, das K r a n k h e itsb ild der N ä h rp fla n z en zur engeren
ßeti-achtiing herangezogen würde, und die noch rückständigen Einzelheiten über