
Wir können aus den bei dem Flugbrande des Hafers gewonnenen Resultaten
der ßlUtheninfectionen zwar nocb keinen endgültigen Schluss ziehen, aber docb
schon soviel aussagen, dass hier die Blütheninfection nur von geringerer Bedeutung
sein kann, dass hingegen die Infection der Keimlinge in der Erde nach den schon
mitgetheilten Resultaten eine ran so erfolgi-eichere ist. Es liegen indess eine
Reihe von Beobachtungen vor, wo das Auftreten vou brandigen Pflanzen nach
unseren Erfahrimgen kaum eine andere Erklärung zulässt, als die, dass auch hier
eine Blütheninfection stattfinden müsse. Schon der Umstand, dass die Blüthen
an den Rispen des Hafers nicht aufrecht stehen, sondern nach unten hängen,
ist einer directen Bestäubung der Blütben durch die Brandsporen in der Natur
nicht so günstig. Die verstäubenden Sporen werden nicht von unten nach oben,
sondern von oben nach unten vertrieben.
Es ist bemerkenswertb, dass die von ims gewonnenen Resultate der Infection
in so natürlichem und harmonischem Zusammenhänge zu den Erscheinungen
stehen, welche sich bei der Keimung der Sporen namentlich in saprophytischen
Substi-aten ergeben haben. Die Vermehrung der Infectionskeime im Boden nnd
namentlich in gedüngtem Boden weist auf die vorherrschende Infection der Keimlinge
des Saatgutes hin. Auch die bemei’kenswerthe Thatsache, dass die Sporen
des Hafer-Elugbrandes Jahre lang ihre Keimkraft behalten, und dass dieselben
so lange Zeit im Boden infectionsfähig verbleiben können, weist auf die Infection
im Boden bin.
Die verschiedenen Resultate, welche hier einmal Bei dem Elugbrande der
Hordeaeeen, das andere Mal bei den Avenaceen gewonnen wurden, mahnen zur
Vorsicht in der zu starken Betonung eines einzigen Factors für die Infectionen.
Aeusserlich ist der Elngbrand des Hafers von den zwei anderen Formen nicht
wesentlich verschieden. In dem biologischen Verhalten zeigt sich erst die Verschiedenheit,
die der Beobachtung entgehen würde, wenn man nach dem Charakter
des Flugbrandes allein, sein Urtbeil bestimmen würde, wie es früher geschehen ist.
Die Blütheninfection bei Melandryum.
Die bisher besprochenen Brandfonnen kamen zur Erscheinung in den
Blüthen von Gräsern, also der Pflanzen, welche durch W in d b lü t h i g k e i t
ausgezeichnet sind. Es gibt nun aber eine Reihe von Brandpilzen, welche bei
insectenblUtblgen Pflanzen auftreten, und welche einzelne Theile in deren Blüthen
betallen. Eine besonders charakteristische Form dieser Art ist in dein Antberen-
brand gegeben, der vorzugsweise in den Blüthen von Caryophyllaceen zur Er-
seheimmg kommt. Die befallenen Nährpflanzen sind in ihrer äusseren Erscheinung
völlig normal, nur die Antheren sind von dem Brandpilze, der Ustilago
anthenu-um oder Ustilago violacea, befallen.’) Statt der Pollenkörner in den
normalen Antheren finden sich hier dicke Brandlager mit violetten Sporen in den
Staubgefässen vor. Die Brandsporen werden sehr reiclilicli gebildet und von der
Bildungsstätte nacligeschoben in solchen Mengen, dass die Antheren aiifreissen
und die Sporenlager frei nach aussen treten. Die Sporen sind nicht so pulverig
und verstäubbar, wie die vom Elugbrande; .sie haben eine eher klebrige Be-
scbaffenbeit, wie sie ja auch dem Pollen von iiisectenblUthigen Pflanzen zukommt.
Wenn mau z. ß. die Blüthen von M e la n d r y um a lb um , welche von dem
Antherenbrande befallen .sind, mehrere Tage hindurch im Anfänge ihres Aufblühens
verfolgt, so findet man, dass sich hier Einflüsse geltend machen, welche
die Sporen ans den Antheren vertreiben. Die weissen ßlüthenkronen erscheinen
wie beschmutzt von angeklebten Brandsporen, durch welche sich für gewöhnlich
der Antherenbrand anf der befallenen Blüthe auch nach aussen hin bemerkbar
macht. Die Blütben von Melandryum album öffnen sich am Abend und bleiben
in der Dunkelheit ofieii; sie werden von Insecteii, besonders von Nacbtscbmetter-
bngen besucht, welche ihren Rüssel iti die Blüthen einsteckeii, um den Nektar
zu holen. Vou diesen werden zugleich auch die Sporen des Brandes vertrieben
und hierbei werden die weissen Blütbenkronen von den dunklen Brandsporen
beschmutzt. Man wird unwillkürlich, wenn man sich von dieser Thatsache überzeugt,
darauf hingewiesen, dass das Verteeibeii der Brandsporen aus den Antheren
befallener Blüthen durch den Rüssel der S c h m e t t e r l in g e herbeigefuhrt wird.
D ie I n f e c t io n r e sp . d ie V e r b r e i tu n g d e r B r a n d k r a n k h e i t e r f o l g t
a ls o h ie r n ic h t d u r c h d e n W in d , s ie e r f o l g t d u r c h in s e c t e i i ,
w e lc h e d ie B e s t ä u b u n g d e r B lü th e n v e rm i t t e ln . Die Insecten, welche
eine brandige Blüthe besucht haben, übertragen die massenhaft an ihrem Rüssel
klebenden Brandsporen auf die Narbe, den Griffel und den jungen I'ruchtknoten
benachbarter weiblicher Blüthen, so dass eine Infection durch Insecten von männ-
’) Zweifellos ist hier die gan:
der stets in allen Blüthen der reich
B r e f e l d , BotftD. Untersnchungen. xm .
von dem Pilze des Äntherenbrandes befallen,
Pflanze auftriti