
Herbst in grossen Kolben ihre gesunden Früchte reiften. — Im folgenden Jahre
setzte ich die Versuche fort in der siclieren Erkenntnis, dass eine Keimlings-
infectioii, entsprechend der bisherigen Auffassung, die brandigen Maiskolben hier
nicht zu ei’zeiigen vermöchten, dass die e n tw ic k e l t e n M a isp fla n z e n den
In f e c t io n s k e im e n z n g ä n g lic li s e in m ü ss ten , und dass demnach, wenn
das Auftreten des ßeiilenbrandes in der Natur seine Erklärung finden sollte,
hier ganz andere biologische Verhältnisse vorliegen müssten, wie sie als allgemein
bestehend für die Getreideformen angenommen wurden. Damals waren in Münster
meine Schüler Möller, Olsen, von Istvanfie und von Tavel anwesend, welche mit
gespanntestem Interesse meinem Gedankengang nnd meinen Versuchen folgten,
bei welchen ich namentlich von meinem vortrefflichen Diener Kappenberg unterstützt
wurde. Die Triumphe waren girasse nach langen Enttäuschungen, und es
ergab sich, dass alle jungen Gewebe dei- Nährpflanze bis zur Anlage der Blutenkolben
noch infectionsfähig waren und schon nach dem kurzen Incubationsstadium
von drei Wochen die riesigen ßrandbenlen zur Ausbildung förderten.
In den Blättern, in den jungen Narben, in den jungen adventiven Wurzeln
wurden durch besondere und geti-ennte Infectionen Brandbeulen erzeugt und ganz
besonders üppig waren die ßrandlagerbildungen in den apicalen männlichen
ßlütenständen und in den zuletzt auftretenden weiblichen Blütenkolben, welche
in den Achseln der untersten Laubblätter entspringen.
Ein neuer Ty^ius in der Biologie der Brandpilze war aufgedeckt,’) an der
Stelle der Infection in der kurzen Incubationszeit von drei Wochen erfolgte die
Brandlagerbildung, nnd männliche und weibliche Blutenstände wurden in der
gleichen Leichtigkeit von den Pilzkeimen direkt inficirt, wenn sie nur jugendlich
genug mit den Sprossconidien des Maisbrandes von Aussen bespreut waren.
Das Eindringen der Infectionskeime durch die Oberhaut und ihr Vordringen
in die jungen Gewebe der Nähi-pflanze bis zur direkten und unmittelbaren
Ausbildung der Brandlager, wie es nie Jemand gesehen hatte, konnte in
geschlossener Folge beobachtet und aus den Beobachtungen der a l l g e m e i n e
S c h lu s s hergeleitet werden, dass a lle ju n g e n G ew e b e d er N ä h r p fla n z en ,
w en n s ie n u r den I n f e c t io n s k e im e n d ir e k t z u g ä n g l i c h g em a c h t
w e rd en k ö n n e n , v o n den P ilz k e im e n b e fa lle n w e rd en , und die Erfolge
der Infection schon innerhalb drei AVochen in Brandlagern sich anschliessen.
’) Die ausführliche Darstellung der Infectionsversuche über den Maisbrand ist im
XI. Bde. d. AV. niedergelegt.
Als ganz speziell bemerkenswert muss liier der besondere Umstand hervorgehoben
werden, dass die männlichen und die weiblichen Blüten als direkt
inficlrbar sich erwiesen und d a ss a ls o bei dem M a isb r a n d e zum e r sten
M a le d er K a o hw e is e in e r e r fo lg r e i c h e n B lU t e n in f e c t io n e r b r a c h t
w e rd en k o n n t e , w e lc h e h ie r a u f d ir e k te I n f e c t io n u nm it t e lb a r an
d er in f i c i r t e n S t e l l e in der F r is t von d r e i W o chen zum ek la ta n te s ten
A u sb ru ch kommt.
Hier habe ich die Blüteninfection bei den Brandpilzen zuerst erwiesen im
Jahre 1886. E r st zw a n z ig J a h r e n a ch h e r i s t e s m ir g e lu n g e n , d ie
zw e ite B lü t e n in f e c t io n ') b e i an d e r en B r a n d p ilz fo rm en n a c b z u w e is e n ,
w e lc b e n ic h t d ir e k t zum ö r t l ic h e n E r f o lg e fü h r t , w e lc h e v ie lm e h r
e r s t im zw e i t e n J a h r e d ie B r a n d la g e r b i ld u n g , a lso in d i r e k t , in der
neu e rw a c h s e n e n N ä h r p f la n z e zu r F o lg e hat.
Nachdem die Versuche mit dem Maisbrande sicher gestellt waren und
ihren vollen Abschluss erreicht hatten, nahm ich nun a ls zw e i t e V e r s u c h s p
f la n z e die grosse Sorghmnpflanze an, welche von Ustilago cruenta, dem
Sorghumbrande, bewohnt wird, d er h ie r in d en a p ic a l e n m ä c h t ig e n
B lu t e n s tä n d e n d ie s e r N ä h r p f la n z e zum g r o s s a r t ig e n A u s b r u c h e
kommt. Ich hatte schon fünf Jahre vorher festgestellt, dass die Sporen des
Sorghumbrandes fructificativ auskeimen und Conidiensprossungen in gleich unendlicher
Fülle erzeugten, wie sie oben für den Maisbrand beschrieben sind.')
Ich führte mit diesen Sprossconidien schon im ersten Frühjahr Infectionsversuche
aus an jungen Saatkeimlingen des Sorghum und stellte fe.st, dass an den jüngsten
Stadien des Keimlings das Eindringen der Infectionskeime allgemein stattfindet,
dass die eingedrungenen Keimlinge die Gewebe durchwachsen bis zur Vegetationsspitze
der jungen Pflanze, hier mit dieser fortwacbsen und, ohne äusseres Zeichen
stattgehabter Infection, die Nährpflanze durchwachsen, um in den apicalen Blutenständen
die Brandlager auszubilden.') N ur die jü n g s te n S ta d ien des S a a t-
k e iu il in g s sind inflcirbar. Schon wenn das erste Laubblatt sichtbar wird,
können die Infectionskeime nicht mehr bis zur Vegetationsspitze Vordringen, die
Infection frustrirt. Hier haben wir den zw e ite n F a l l der b io lo g i s c h e n
■) Man vergl. hierzu Band XIII d. W. „Die Blüteninfection bei den Brandpilzen nnd
die natürl. Verbreitung der Brandkrankbeiten“.
”) Band V d. W. Tafel VII.
“) Man vergl. die Infectionsversuche mit dem Sorgbumbrande im XI. Bde. d. W.