
'Fageii zur Erscheinung konunt. Die schnell wachsenden Mucorinen und verwandte
Formen der niederen Pilze sind es vorzugsweise, welche zuerst auftreten,
oft das Substrat ganz verdecken, dann abblühen und mit ihrem Zurtick-
treten anderen Formen der höheren l ’ilze, namentlich den verschiedensten Formen
tler Ascomyceten und der Basidiom)'ceten, das Feld räumen. Man trifft hier
die verschiedensten Formen der Discomyceten nnd Pyrenomyceten an, und ebenso
treten die Formen der Hutpilze, in erster Linie die Formen von Coprinus, in
reicher Folge in die Erscheinung. Die Entwickelung der Pilze auf diesen Fäkalien,
namentlieli von grossen Tieren, z. B. von Pferden und Kühen, geht
monatelang in consecutiver Folge der Formen weiter, sie erreicht kaum einen
Abschluss, wenn man nur dauernd für hinreichende Feuchtigkeit sorgt und die
Stiiningen durch Insekten vermeidet, die häufig einzutreten pflegen.
j\Ian kann wohl ohne Übertreibung aussagen, dass die Mehrzahl der Pilze,
deren Sporen in der Natur auf die Vegetation niederfallen, welche den Tieren
als Nahrung dient, den Leib der Tiere passieren, dann in ihren Fäkalien zur
Entwickelung gelangen in einer Üppigkeit uud einer Fülle, wie sie in gleicher
Art an anderen Stellen in der Natur kaum anzutreffen ist. Die Fäkalien sind
die natürlichen Standorte flir die meisten Pilzformeii, und es kann nichts
Instructiveres für einen iungen Mycologeii geben, der sich in den Pilzforinen
orientieren und Material für entwickelungsgeschichtliche Untersuchungen gewinnen
will, als die Fäkalien von den verschiedenen Kräuter fressenden Tieren
in zweckmässiger AVeise flir Pilzbildimgen resp. Entwickelung einzusammeln uml
aiiszulegen. Je frischer diese Fäkalien verwendet werden, um so günstiger entwickelt
sich die Pilzflora auf diesen.
Um ein klares Verständnis für die richtigen Hülfsinittel zur Entwickelung
der Pilzsporen in der freien Natur zu gewinnen, ist es durchaus notwendig, sich
über diese eben besprochenen Vorgänge der Verbreitung und Entwickelung der
Pilze sachlich und eingehend zu orientieren. Die Fäkalien sind wohl immer die
Ausgangspunkte für die Entwickelung der meisten Pilze in der Natur, und die
T'iei'G sind hierbei gleichsam nicht ein nebenläufiges, sondern ein wirksam ein-
setzendes Verbreitungs- und Eörderungsmittel für die Sporen, welcbe zunäclist
durch die Luft vertrieben werden. Die Sporen werden zudem mit den Vegeta-
bilien an der einen Stelle gefressen, an anderen, oft weit entlegenen Stellen entlöscht
und an diesen zur Entwickelung gefördert.
Schalten wir diese Hülfsmittel fiir die Verbreitung der Pilzsjioren und für
ihre Entwickelung durch die 'Piere aus, so finden wir in unserer Vorstellung für
die Pilzverbreitung und Entwickelung in der Natur eine unaufgeklärte Lücke,
und unser Verständnis für die Pilzentwickelung in der Natur bleibt unklar und
ungescblossen.
Es darf aber nicht unvermerkt bleiben, dass es aiicli Fälle gibt, in welclien
Pilzsporen vou den Tieren gefressen, getötet und also unwirksam gemacht werden.
Ich habe Fälle dieser Art namentlich bei dem lnsektenfra.ss von Brands|)oren
kennen gelernt und liier immer wieder gefunden, dass die Fäkalien, die oft ganz
aus Brandsporenmaterial bestehen, keine lebenden Brandsporen mehr enthalten,
die also hier als Nahrung verwendet und keimungsunfällig gemacht sind. Es
sind dies Ausnahmen, die es ja überall in der Natur gibt, welche die allgemenie
liegel niclit beeinflussen, dass die meisten Pilzsiioren mit den Vegetabilien von
den Tieren gefressen, durch die Körjierwärine und die Verdauungsvorgänge im
Leibe der 'Tiere für ihre Keimung günstig beeinflusst werden und mit der Entlöschung
der Fäkalien in dem denkbar günstigsten Substrate zur Entwickelung
gelangen, welcbe für die Kultur der Pilze möglich ist.’)
Legen wir diese Erfahrungen liier zugrunde, so ist selbstverständlich in
den Fäkalien der Tiere das günstigste Material gegeben, um Nährsubstrate für die
Kultur und die Entwickelung einzeln rein isolierter Pilzformen lierzustellen.
Mau braucht nur die frisch entlöschten Fäkalien, mit Wasser zu einem dicken
Brei angerührt, der Siedehitze des Wassers auszusetzen, die vorhaiidenen Pilz-
’) Es kann wohl mit Sichorheit angenommen werden, dass unter den Pilzkeimen,
welche in den tierischen Leib gelangen, eine Anzahl von diesen schon in dem Leibe selbst
und namentlich in dem letzten Abschnitte, in dem Darnikanal, zur Entwickelung gelangen.
Die anaerobon Formen mit ihren enzymatischen Eigenschaften dürfen an dieser Stelle ganz
besonders bevorzugt sein und vielleicht für die Entlöschung der Fäkalien mit ihren Gas-
ausscheidungen eine wirksame Kolle spielen. Wir können sogar einen Schritt weiter gehen
und liier die Vermutung anschliessen, dass die Anaerobie als eine angepasste Eigenschaft
ganz besonders im Leibe der Tiere die günstigste Gelegenheit zu ihrer eigenartigen Ausbildung
gefunden hat, da kaum andere Stellen an der Erdoberfläche, welche ja doch
den Ausschluss des atmosphärischen Sauerstoffes zur Voraussetzung liaben, zu gleicli wirksamer
Geltung kommen können. — Es liegt hier noch ein eigenartiges Gebiet für weitere
mycologische Untersucimngen vor, welches bisher wohl in seiner Bedeutung nicht gebührend
berücksichtigt worden ist und welches nach biologischer, physiologischer, pathologischer nnd
sanitärer Beziehung ebenso interessante als wichtige Aufschlüsse ergeben dürfte.