
Blüteninfection ist in all den Fällen möglicli, wo eine zeitliclie Übereinstimmung in der Brandlagerbildung
der kranken Pflanze und in der Entfaltung der Aveiblichen Blütenteile gesunder
Nährpflanzen zusammentrifft. Die Blüteninfection hat zur weiteren Voraussetzung, dass die
Brandsporen in Wasser und auch in verdünnten Nährlösungen u n m i t t e l b a r auskeimen
und also, Avenn sie auf die Nai’ben mit ihren Sekreten und an den jungen Fruchtknoten mit
dem Nektar, durch den Wind oder durch Insekten vertrieben, gelangen, hifer eindringen und
in dem jungen Fruchtknoten mit seinen Samenanlagen zur Entwicldung kommen können.
Dio Infectionszeit an den Narben und Fi-uchtknoten der Aveiblichen Blüten ist hier eine
ebenso kurze Avie an den jungen Saatlceimlingen, denn nur die jüngsten Gewebe können von
den Infectionskeimen befallen Averden und iu den ausgewachsenen Narben ist die Entwicklung
der Pilzkeime mit Hülfe der Narbensela-ete möglich. B e i d e n F o rm e n d e s F l u g b
r a n d e s , dessen Brandsporen dm-ch den Wind auf die jungen, weiblichen Blüten übertragen
Averden, lässt sich die unmittelbare Keimfähigkeit der Brandsporen in Wasser und in
Nährlösung ebenso sicher iiachAveisen, Avic bei dem Antherenbrande, der durch Insekten auf
die Aveiblichen Blütenteile übertragen wird. Die Keimdauer der Blugbrandsporen erlischt
früh, längstens nach einem Jahre. Eine Infection der Saatkeimlinge neben der Blüteninfection
kann aber überall dort stattfinden, wo die noch ungekeimten Brandsporen mit den jungen
Keimlingen Zusammentreffen. Dies ist aber durch den Umstand erscliAvei-t, dass die Verstäubung
der Brandsporen zu einer Zeit erfolgt, wo die jimgen Saatkeiinlinge noch nicht
voi-lianden sind, welche erst in dem Samen zum Reifen uud nach der Ruheperiode des
Samens zum Auskeimen kommen. B e im A n th e r e n b r a n d e , dessen Sporen in Wasser
auf das Leichteste auskeimen und wohl schon ausgekeimt sind in der Länge der Zeit, bis
Aveiterhin die Saatkeimlinge angriffefähig sich darbieten, ist die Infection dieser Keime in der
Natur, den Umständen nach, ebenfalls nicht begünstigt. Die Sporen des Äntherenbrandes,
ü-ocken aufbcAvahrt, sind noch nach Jahresfrist keimfähig. — Beim Flugbrande des Hafers,
dessen Sporen in Wasser und in Nährlösungen unmittelbar auskeimen, aber zugleich die
Keimfähigkeit auf lange Jahre, mehr als sieben Jahre hinaus, bewahren, ist eine Keimlings-
infection und zugleich auch die Infection junger Blüten möglich. Die Keimlingsinfection ist
aber wohl übei-Aviegend gegenüber der Blüteninfection, wie dies aus zahlreichen Infectionsversuchen
hergeleitet werden konnte. — Auch hei den Formen des Sorghumbrandes, bei
U s t i l a g o c r u e n t a , U. S o r g h i und U. T u l a s n e i ist eine Blüteninfection nach den vorhin
angegebenen Umständen wohl möglich. Die Keimlingsinfection lässt sich hier durch Versuche
an jungen Saatkeimlingen bis zur totalen Infection ganzer Saatfelder steigern, Avenn sie nur
in dem richtigen Empfänglichkeitsstadium ausgefuhrt wird. Die Sporen der genannten Brandpilze
hatten nach fünfjähriger trockner Aufbewahrung ihre Keimkraft noch nicht verloren. —
Bei den Formen dos Hirsebrandes, U s t il a g o r e s p . A n th r a c o c y s t i s d e s t r u e n s und
U. C r am e r i fallen Blütezeit und Reife der Brandlager kaum noch zusammen. Hier ist die
bevorzugte oder ausschliessliche Infection der Saatkeimlinge anzunehmen, die leicht bis zur
totalen Infection durchgeführt werden kann. Die Brandsporen keimen zunächst in Wasser
mangelhaft, in Nährlösungen allgemein aus. Im folgenden Frühjahre ist die Keimung in
Wasser eine reichere, ihre Keimkraft ist nach zehn Jahren trockner Aufbewahrung noch
nicht erloschen. — Beim g e d e c k t e n G e r s t e n b r a n d e und bei d em S t i n k b r a n d e des
W e iz e n s keimen die Brandsporen zAvar schon vereinzelt, bald nach ihrer Bildung aus, aber
reicher und allgemeiner, wenn sie ein oder mehrere Jahre aufbewahrt sind. Der gedeckte
Gerstenbrand keimte noch nach sieben Jahren in geeigneten Nährlösungen aus. Die grossen
Sporen des Stinkbrandes behalten ihre Keimkraft zehn Jahre lang. Sie keimen aber nicht
in Nährlösungen aus, welche nachteilig Avirken, sondern allein auf Kosten der Reservestoffe
ihre grossen Sporen in blossem Wasser. — Die Formen A’on U r o c y s t i s , welche in der
U. o c c u l t a den Roggenstengelbrand verursachen, keimen in Wasser bald nach ihrer Reife
leicht aus. Sie behalten ihre Keimkraft für lange Jahre; die Sporenhaufen von U. V io l a e
sind unmittelbar keimfähig, verlieren aber die Keimkraft schon nach einigen Jahren und
sind meistens ausgekeimt, Avenn die Sporenlager einmal durchnässt sind. Bei U. P r im u l a e
tritt die Keimung in Wasser unmittelbar ein in Hemibasidien, welclie den Autobasidien völlig
gleichen. Die Sporen versagen nachträglich die Keimung, weil sie meist schon ausgekeimt
sind, Avenn die Sporenlager vom Regen betroffen Avurden. — D i e S p o r e n l a g e r in d e n
F r u c h tk n o t e n v o n P o l y g o n u m a r t e n sind zumeist in der Sporenkeimung angepasst.
Sie keimen nicht nmnittelbar aus, sondern erst nach längerer Aufbewahrung im feuchten
Sande. U s t i l a g o ( S p h a c e lo th e c a ) H y d r o p i p e r i s keimte schon nach einigen Monaten
iu allen Sporen aus, welche in feuchtem Sande aufbcAvahrt AA’urden; die Sporen von
U. a n óm a la , U. u t r i c u lo s a und U. d o m e s t i c a keimten erst im Frühjahre, wenn sie
den Winter hindurch im feuchten Sande gelegen hatten; hei diesen Formen ist wohl nur
eine Keimlingsinfection möglich. Die C a r i c i n e n b cA v o h n e n d e n B r a n d p i l z e keimten
nur in U. o l iv a e e a leicht und unmittelbar, aber auch noch nach mehreren Jahren in Wasser
resp. in verdünnten Nährlösungen aus. Die Formen von A n th r a c o id e a , A. C a r y c is ,
A. s u b in c lu s a , A. in c lu s a u n d v o n P r o u s t i l a g o R h y n c h o s p o r a e keimten niemals
immittelbai- aus, sondern erst nach längerer Aufbewahrung in feuchtem Sande an einem
kühlen Orte. Die einmal keimreif gewordenen Sporen keimten auch noch nach mehreren
Jahren ziemlich regelmässig aus.