
Auf diesem festen Substrate kam die Unscheinbarkeit des Pilzes so zum
Ausdrucke, dass man es nur natürlich finden kann, wenn so zarte Bildungen
wie diese der Auffindung und der Beobachtung in der freien Natur ganz entgangen
sind. Wenn man nicht gewusst hätte, dass hier auf dem Substi'ate ein
Pilz vegetirt und fructificirt, würde man ihn ganz übersehen und nicht beachtet
liaben. Ich kann von dem weiteren Verlauf dieser Kulturen nur noch aussagen,
dass die Rljuselieii sich weder zu Strängen vereinigten, noch aucli, dass die
einzeln stehenden Basidien sich zu Hymenien verbanden und eine Steigerung erkennen
liessen, wie wir sie bei Corticium und bei anderen verwandten Formen
unter den dumentelleen bei den niedersten Formen der Autobasidiomyceten beob-
aciiten können. (Vergl. Text und Abbildungen im V lll. Bde. d. W.)
Es war nur noch eine Hoffnung, dass in der Länge der Kultur, also bei
deu in Reihen fortgesetzteii Kulturen, für welche immer die Sporen der voraus-
gegaiigenen Kultur für die nächste in Verwendung kamen, sich eine Veränderung
in der Anlage der Fructification zeigen möchte. Auch diese Hoffnung blieb
unerfüllt. Die letzten Kulturen zeigten noch die gleiche Beschaffenheit wie die
ersten und bei deu minimalen Aussichten auf einen weiteren Erfolg, habe ich
die Kulturen dann auf Alassensubstraten bei meiner Abreise in die Ferien sich
selbst überlassen und hei der Rückkehr konstatiren können, dass sie sich auch
in diesem längeren Zeiträume nicht verändert hatten.
W ir k ö n n e n a l s o v o n d i e s em P i l z e a u s s a g e n , d a s s e r d ie
c h a r a k t e r i s t i s c h e n , m i t S c h n a l l e n v e r s e h e n e n A ly c e l i e n d e r
B a s id i o m y c e t e n z e i g t , d a s s d i e A n l a g e d e r B a s id i e n t y p i s c h
e i n z e ln und f r ü h e r f o l g t u n d d a s s s i e in u n v e r ä n d e r t e r F o rm b
i ld u n g f o r t d a u e r t und auch während einer langen Vegetationsperiode
keinerlei Veränderung erfährt. Es entspricht dem beobachteten Tatbestände,
wenn ausgesagt wird, dass hier die Alycelien eines typischen schnallenführenden
Basidiomyceten vorliegen, welche die charakteristische Fruchtform eines Autobasidiomyceten
allein zur Entwicklung fördern nnd dass wir es also mit einem
Pilze zu tun haben, der die Basidien frei und einzeln auf den Alycelien erzeugt
und zwar in typischer Form fort und fort erzeugt, wie es bisher von keiner bekannten
lYrm der Autobasidiomyceten in gleicher Klarheit und Übersichtlichkeit
festgestellt ist. Nebenfi-ucljtformen in einfachen Conidien zu diesen ßasidien
fehlen vollkommen. Chlamydosporen sind auch nicht in der schwächsten Andeutung
an deu Alycelien gebildet worden, und wir haben hier die einfachste
Form eines Basidiomyceten, der nur in Basidien fructificirt und der jede andere
Nebenfruchtform entbehrt.
Das vorstehend beschriebene Heptasporium gracile ist bis dahin die einzige
einfache Form eines Autobasidiomyceten, deren Reinkultur mit voller Sicherheit
durchgefuhrt werden konnte. Ich muss aber ergänzend anfügen, dass mir in
zwei weiteren Fällen eine dem Heptasporium ähnliche Form eines Pilzes, spontan
in den Kulturen anftreteud, vorgekommen ist, von welcher es leider nicht gelang,
die Sporen zu isoliren und für die Reinkultur zu gewinnen. Die Basidien waren
hier vier- bis sechssporig, aber so klein, dass die Abti'enmmg dev Sporen aus
den Knltnren, in welchen der Pilz auftrat, nicht gelingen wollte. Icli habe fast
keinen Zweifel, dass die Zahl der Pilzfonnen, für welche das Heptasporium als
Repräsentant gelten kann, keine geringe ist, und dass diese nur wegen ihrer
ausserordentlichen Kleinheit und Unscheinbarkeit bisher gänzlich übersehen
wurden. Wenn die Hymenien fehlen, und fruchtkörperartige Bildungen die
körperlichen Erscheinungen dieser Pilze äusserlich nicht Iiervortreten lassen, dann
ist nichts natürlicher, als dass sie übersehen werden, und dass sie nur dann in
die Erscheinung treten, wenn sie in klaren nnd durch.sichtigeu Nährlösungen
z u f ä l l i g a l l e in z u r V e g e t a t i o n komm en . In dem Alaasse, als die Kultur
der Pilze überhaupt in grösserem Umfange durchgefiilirt wird, ist es fast unvermeidlich,
dass auch diese kleinen Bildungen zur körperlichen Erkenntnis kunnnen
und dass es gelingen wird, die hier noch spärliche Ueilie der kleinen zierlichen
Formen fortschreitend zu erschliessen und zu vermehren und durch sie die jetzt
schon ergänzte Lücke in der morphologischen Steigerung der Formen weiter
au.szufülleii, welche nach dem bisherigen Tatbestände mit Hymenien tragenden
Fruchtkörpern bei den Autobasidiomyceten fast unvermittelt zu beginnen schienen.
Auf eine Unterscheidung der einzelnen kleinen Fonnen auf ihren naUrlichen
Substraten muss wohl vou vornherein verzichtet werden. Sie sind so klein, das-s
man sie selbst auf den Substraten übersehen würde, auf welchen sie, wie Hepta-
S])oriuin, in Alassen kultivirt uud nur dadurch unterscheidbar wurden, dass man
die Fläche iiirer Kultur vorher genau fixirt und beobachtet hatte.
Ich habe den Pilz Heptaspoviiiin benannt, weil die Siebenzahl in den
Sporen der Basidien am häufigsten anziitretien war. Es muss aber besonder.s
hervorgelioben werden, dass in der grossen Zahl der Kulturen, welche durchmustert
werden konnten, die Sporenzahl der Basidien keine stetige und bestimmte
war, dass sie in einzelnen Fällen nach unten auf die h ünfzahl zurück