Auf der niedrigsten Stufe sehen wir kaum Spuren
von Aeusserungen des geistigen Princips, die Freiheit
und Wahl verrathen. Es zeigt sich dort ein Hinwenden
nach gewissen Einwirkungen und ein Abwenden von
andern. Diese Bewegungen entstehen ohne Zweifel
ursprünglich in Folge angenehmer und unangenehmer
Gefühle. Das Gefühl aber verursacht anscheinend will-
kührliche Bewegungen ohne Vermittelung von Re-
flection, und diese können auch, wenn sie durch öftere
Wiederhohlung mit dem Eindruck, der sie veranlafste,
associirt sind, oder nach andern, blos organischen Gesetzen,
ohne alles Gefühl erfolgen. So zieht sich ein
abgeschnittener Froschschenkel, der noch bei voller
Lebenskraft ist, eben so zurück, wenn er an den Zehen
gekniffen wird, als ob er noch von dem Thier, dem
er angehörte, bewegt würde. Einen höhern Grad von
geistigem Daseyn hat schwerlich der Blasenwurm.
Auf einer höhern Stufe stehen alle Wesen, denen
die Bedürfnisse ihres leiblichen Lebens nicht ohne ihr
Zuthun entgegenkommen, und auf einer noch höhern
die, welche ihres Gleichen zur Paarung aufsuchen
und Sorge für ihre Nachkommen tragen. Mit diesen
Wesen fangt ein Gebiet an, in welchem das Handeln
durch angebohrne, oder wenigstens nicht unmittelbar
durch sinnliche Eindrücke vermittelte Vorstellungen
bestimmt wird. Man hat von langer Zeit her gesagt
und oft wiederhohlt: der Verstand habe nur, was er
von den äussern Sinnen empfange. Richtiger ist es,
dafs der Verstand nichts hat, was er nicht entweder
von den äussern Sinnen, oder von der productiven
Einbildungskraft erhält. Die Aeusserungen der thieri-
schen Runsttriebe sind nur dann erklärbar, wenn man
Visionen der Thiere annimmt, die, nach festen Gesetzen
in gewissen Perioden des Lebens entstehend, das Bestimmende
aller der Handlungen sind, wovon der Grund
nicht blos in äussern Sinneseindrücken enthalten seyn
kann. Ich nenne diese Ursachen Visionen, weil die
Sprache kein anderes Wort für sie hat. Sie sind aber
nicht blos Vorstellungen von sichtbaren Gegenständen,
sondern auch Producte einer eigenen Stimmung aller
übrigen Sinne. Der junge Vogel erkennet sogleich, nachdem
er die Eischaale durchbrochen hat, im Wasser das
Mittel seinen Durst zu löschen. Der blofse Trieb zu
trinken kann nicht den Grund davon enthalten. Dieser
ist ein Drang zur Stillung eines Bedürfnisses ohne
Wissen um das Mittel zur Abhülfe desselben. Das
Erkennen des Mittels im Trinken des Wassers setzt
voraus, dafs die Empfindung des Drangs mit Empfindungen
und Vorstellungen von gleicher Art associirt ist,
wie der Vogel hat, der schon aus Erfahrung die durststillende
Eigenschaft des Wassers kennet. So ist es
mit allen instinctartigen Handlungen. Das Thier könnte
nicht ohne alle vorhergegangene Erfahrung wissen,
was ihm angemessen oder schädlich ist und wie es sich
in der Sorge für die Zukunft zu benehmen hat, wenn
es nicht aus einem andern Zustand eine Kenntnifs der
Sphäre, worin es zu leben bestimmt ist, mit sich brächte.
Man kann nicht sagen, alle jene Handlungen erfolgen
ganz automatisch nach blofsen organischen Gesetzen:
denn sie sind zum Theil weit längere Reihen von