vielleicht nur darum das Bewegungsvermögen ab, weil
sie sich nicht zu Muskeln begeben. Man kann zwar
nicht gradezu beweisen, dafs ein Sinnesnerve, der sich
in einem Muskel vertheilte, diesen in Bewegung setzen
würde. Aber es sprechen für jenen Satz sowohl That-
sachen der vergleichenden Anatomie als pathologische
Erscheinungen. Es wird sich unten zeigen, dafs bei
einigen Thieren der Sehenerve, bei andern der Riechnerve
durch Zwreige des fünften Hirnnerven ganz oder
gröfstentheils ersetzt wTird, und dafs es einige giebt,
die sehr empfindlich gegen das Licht sind, ohne Augen
zu besitzen. In der Vertheilung mancher Nerven giebt
es individuelle Abweichungen, die nicht statt finden
könnten, wenn das Gebiet des einen von dem des
andern scharf abgesondert wäre. Es entspringt z. B.
der zum Schlündkopf gehende Zwreig des zehnten
Nervenpaars zuweilen auch vom Zungenschlundkopfnerven,*)
und in manchen Fällen findet eine Verbindung,
in andern aber auch keine zwischen dem letztem
und dem ZwTerchfellsnerven, so wie zwischen demHerz-
und Eingewreidenerven statt. ** *) Man hat Fälle beobachtet,
wo nach dem Verlust der Eichel des männlichen
Gliedes der Stumpf die Empfindlichkeit der
Eichel bekam. In Muskeln der willkührlichen Bewegung
erfolgen zuweilen Zuckungen in regelmäfsigen
Intervallen. Könnten diese Theile die Stelle des Herzens
*) N eub aue r descript. anat. nervor. cardiac. p.,89. 193.
fffe W r isb e r g in Commentât. Soc. Reg. scient. Gotting. Vol.II.
p. 87. 99.
***) Biol. B. 6. S; 215. K a h le is in M e ck e l’s Archiv f. d.
Physiol. B. 5. S. 211.
vertreten, so würde die Nervenwirkung, die in ihnen
Zuckungen verursacht, sie pulsiren machen und durch
sie das Blut in Umlauf bringen.
Alle Nebenwirkungen sind verschieden in Rücksicht
auf ihre Extension und Intension. Jene, nicht
aber diese, steht mit dem Volumen der Nerven und
der Gröfse der Fläche, worauf sich dieselben verbreiten,
in Verhältnifs. Viele Fische haben einen weit
dickem Sehenerven und eine gröfsere Netzhaut als
der Mensch, obgleich ihr äusseres Auge viel weniger
zum scharfen Sehen gebauet ist als das des Menschen.
Der gröfsere Nerve dient ihnen zum Ueberschauen
eines weitern Umkreises. Die Insecten nehmen mit
ihren, kaum sichtbaren einfachen Augen, zu denen
microscopische Nerven gehen, in einem kleinen Bezirk
und in der Nähe manche Gegenstände gewifs schärfer
als jene wahr. Dieses Gesetz gilt auch von den Nerven
der willkührlichen Bewegung. C. F. W o lff fand, dafs
zu den sehr kräftigen, aber keiner sehr mannichfaltigen
Bewegungen fähigen Armmuskeln des Löwen verhält-
nifsmäfsig nur dünne Nerven gehen.*)
Das Volumen empfindender Nerven steht ferner
mit der Mannichfaltigkeit der Empfindungen, die sie
verschaffen, in einer gewissen Beziehung. Doch läfst
sich nicht immer aus einem gröfsern V olumen auf einen
hohem Grad dieser Mannichfaltigkeit schliessen. Sie
kann sich auch blos auf eine gröfsere Zahl gleichartiger
Empfindungen beziehen. So besitzen die geflügelten
Insecten in der Regel sehr dicke Nerven der
*) Novi Conunentar. Acad. sc. Petropol. T. XV. p. 542.