Die sänimtlichen Sinne eines Thiers wirken um so
mehr in einer, sowohl in Beziehung auf einander als
auf die äussere Welt prästabilirten Harmonie, je niedriger
dessen Stufe im Reiche der thierischen Wesen ist.
Das Insect bedient sich gleich nach dem Ausschlüpfen
aus dem Ei seiner Glieder so sicher, als wräre es nicht
erst neu in die Welt getreten. Der Vogel, das Säugthier
und der Mensch aber lernt erst nach der Geburt
den Gebrauch seiner Flügel, Füfse und Hände, lernt
erst allmählig Sinnesempfindungen Einer Art durch die
einer andern berichtigen. Jene ursprüngliche Sicherheit
im Handeln setzt ein angebohrnes Wissen um die Beziehung
dessen, wovon in einer gewissen Sphäre des
Daseyns die Sinne gerührt werden, zu dem Wesen
voraus, das in Besitz dieser Sinne ist. Je beschränkter
die Sphäre, um desto bestimmter ist dieses Wissen,
und umgekehrt.
Der Geluhlsinii.
Die allgemeinste Modification dieses Sinnes ist das
Vermögen, den Eindruck der Wärme und Kälte als
eine äussere Einwirkung zu empfinden. Im ganzen
Thierreiche giebt es keine Wesen, die, wrenn sie nicht
wie die Lithophyten und Ceratophyten ursprünglich für
ein Medium bestimmt sind, worin kein Wechsel der
Temperatur eintritt, den ihnen angemessenen Grad
von äusserer Wärme nicht aufsuchen, also einen Sinn
dafür besitzen. Ueber die Feinheit dieses Sinnes bei
den einzelnen Thierarten läfst sich im Allgemeinen
nichts bestimmen. Das Mifsbehagen der einen bei
höherer, der andern bei geringerer Wärme ist kein
Maafsstab dafür: denn die Pflanze leidet auch bei
einer Temperatur, die ihrer Natur nicht angemessen ist,
ohne dieselbe als etwas Objectives zu empfinden.
Es ist nicht blos die Thermometerwärme, sondern
auch das verschiedene Leitungsvermögen äusserer Körper,
wovon der Gefühlsinn gerührt wird. Die Luft
erregt bei einerlei Temperatur nach dem Thermometer
das Gefühl von Wärme oder Kälte, wenn sie trocken
oder feucht, ruhig oder in Bewegung ist. Für diese
verschiedene Einwirkung müssen viele geflügelte In-
secten sehr empfänglich seyn, da sie so oft nicht
schwärmen, wenn auch die Luft nach dem Wärmemesser
sie zum Schwärmen einzuladen scheint. Von
derselben rührt die brennende Hitze (Calor mordax)
in Faulfiebern her. Es wird nehmlich die Wärme von
dem kohlensauren Gas und Stickgas langsamer als von