erscheinen, obgleich die Gegenstände dabei in der
Nähe und Ferne deutlich erkannt werden.*) Hiernach
ist es sehr wohl möglich, dafs auch nicht alle Thiere
das Unterscheidungsvermögen der Farben besitzen.
Bei dem Menschen aber, dem dasselbe in der Regel
nicht fehlt, hat dabei das Auge, in Folge der blättrigen
Textur der Linse, eine achromatische Beschaffenheit.
Man hat zwar diese geleugnet. Unter allen
Thatsachen aber, die zum Beweise des Gegentheils
vorgebracht sind, finde ich keine, die sich nicht von
Diffractionen des Lichts ausserhalb dem Auge ableiten
lassen.
Nach anhaltendem Blicken auf Gegenstände von
sehr lebhaften Farben bei stärkerer Erleuchtung, so wie
heller Figuren auf einem dunkeln, sehr abstechenden
Grund oder dunkeier auf einer hellen Fläche, schweben
bekanntlich dem Auge noch eine Zeitlang ^Bilder von
ähnlicher Gestalt, aber anderer, zuweilen wechselnder
Farbe vor, wenn man dasselbe schliefst, oder gleich
nachher damit in die Finsternifs geht. Man hat diese
Spectra von einem, in der Netzhaut zurückgebliebenen
Eindruck des Lichts abgeleitet, manche Versuche darüber
angestellt, und geglaubt, aus den Resultaten derselben
Schlüsse in Beziehung auf das Wirken der
Netzhaut ziehen zu können. Es ist aber nicht bewiesen,
dafs diese Erscheinungen nicht von einer schwachen,
partiellen Phosphorescenz entstehen, welche durch die
Wie in einem, im London med. and siirgical Journ. Febr. 1830
mitgetheilten Fall. (Uebers. in Horn’s u.s. w. Archiv für medicin.
Erfahrung. 1830. Novbr. Decbr. S. 1080)
Bestrahlung eben so in der Hornhaut oder der Linse
wie in vielen unorganischen Substanzen hervorgebracht
werden kann. Von anderer Art sind die Bilder, welche
die Phantasie beim Träumen im halben Wachen erzeua t.
Diese müssen allerdings in einer gewissen Thätigkeit
der Netzhaut ihren Grund haben, die mit der, von
wirklichen Gegenständen verursachten übereinkömmt,
und die vielleicht durch die Ciliarnerven vom Gehirn
aus erregt wird. Der hierbei von der Phantasie ausgehende
Einflufs ist bei der Bildung aller Spectra mit
im Spiele, und modifizirt dieselben so sehr, dafs der
Erfolg Eines und desselben Versuchs bei verschiedenen
Menschen immer verschieden ausfallen mufs.
Ausser der Phantasie hat auch die Urtheilskraft
auf alle Gesichtsempfindungen Einflufs. Wir beurtheilen
instinctartig bei jedem Sehen eines Gegenstandes dessen
räumliches Verhältnifs zu uns und zu den übrigen Dingen,
die mit ihm im Gesichtskreise sind, und dieses Urtheil
modifizirt wieder die Art der Erscheinung des Gegenstandes.
Wir sehen nicht unmittelbar die Entfernung,
Gröfse, Gestalt, Lage und Bewegung der Objecte,
sondern beurtheilen dieselben. Die Gründe unsers Ur-
theils sind die Winkel, unter welchem die Dinge wahrgenommen
werden; die Bestimmtheit ihrer Umrisse;
die Vertheilung des Lichts und Schattens am Ganzen
und an dessen Theilen, und die Veränderungen dieser
Winkel, Umrisse und Schattirungen bei unverändertem
Stand und Aufmerken des Auges. Bei Schätzung der
Entfernung ist vorzüglich die gleichzeitige Richtung der
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