von Kindheit an blödsinnigen jungen Mannes geliefert,
worin die Hirnwindungen höchst unvollkommen entwickelt
erscheinen und der gröfste Theil des Balkens
ganz fehlte. Von eben diesem Organ fehlte auch in
einem von Reil*) beschriebenen Fall der ganze mittlere
und freie Theil bei einem Mädchen, das sonst gesund,
aber soweit blödsinnig war, dafs sie nur von
dem Dorfe, wo sie wohnte, in die Stadt gehen und
alltägliche Botschaften überbringen konnte.
Es liesse sich erwarten, dafs auch aus den Folgen
krankhafter, erst nach der Geburt zufällig entstandener
Veränderungen einzelner Hirnorgane und anderer
Centraltheile des Nervensystems sich Aufschlüsse über
die Verrichtungen dieser Theile ergeben müfsten. In-
defs, alle Resultate, die sich aus solchen Fällen ziehen
lassen, sind sehr unzuverlässig. Einen merkwürdigen
Beweis dieses Ausspruchs geben folgende Beispiele.
Willis**) konnte bei einem Menschen, der von Jugend
an blödsinnig war, keinen weitern Fehler als
auffallende Kleinheit des Gehirns und des untern
Halsknotens des sympathischen Nerven, und eine
kleinere Zahl Nerven des letztem, als im regelmässigen
Zustande von demselben ausgehen, entdecken.
Das Gegentheil hiervon giebt Cayre als das Resultat
der Leichenöffnung von neun Blödsinnigen an. Bei
diesen sollen die Hirn- und Rückenmarksnerven gelb
und dünn, hingegen die Knoten und Zweige des sympathischen
Nerven, besonders die Cervicalganglieu,
*) Ia dessen Archiv für die Physiologie. B. XI. S. 341.
A. a. 0. C. 36. Opp. ex ed. Blasii. p. 05.
und unter diesen vorzüglich das obere, sehr grofs
gewesen seyn. *) Was läfst sich aus solchen Widersprüchen
schliessen?
Es giebt wenig organische Krankheiten des Gehirns,
die nicht auf den Geist und Körper die verschiedensten
Wirkungen hatten. Bur dach hat sich
der schweren Arbeit unterzogen, die Beobachtungen
über diesen Gegenstand im 3ten Bande seines Werks
„Ueber den Bau und das Leben des Gehirns” zu
sammeln, und die Zahl der verschiedenen Wirkungen,
die jede Verletzung eines gewissen Theils des Gehirns
hatte, aufzusuchen. Er hat aber die Beobachtungen
nur gezählt, nicht gewogen, und schon deswegen ist
seine Ernte auf diesem Felde sehr dürftig ausgefallen.
Wären sie aber auch alle möglichst gesichtet, so
würde sich doch wenig Sicheres darauf bauen lassen.
Zufällige Verletzungen des Gehirns von äussern, mechanisch
wirkenden Ursachen haben immer Nebenwirkungen,
die sehr verschiedener Art seyn können,
die sich selten erkennen lassen und deren Einflufs
auf das Gehirn oft weit wichtiger als der der ursprünglichen
Verletzung ist. Krankhafte Veränderungen
einzelner Theile des Gehirns aus innern Ursachen sind
in der Regel nur der, in die Augen fallende Ausdruck
innerer, weit wichtigerer Veränderungen des ganzen
Gehirns oder doch eines grofsen Theils desselben.
Ich habe hiervon Beweise an dem Gehirn eines Greises
gefunden, der seit Jahren verrückt gewesen und plötzlich
*) Nouveau Journal de Médecine etc. rédigé par B e c la rd ,
Chomel etc. T. YI. p. 40.