die Beute zu betasten, als deren Abstand nach dem
mehr oder weniger spitzen Winkel, den die Glieder
dieser Organe bei Berührung der Beute mit einander
machen, zu schätzen. Ohne diese vorläufige Messung
unternimmt die Wanze keinen Fang eines andern, ihr
noch so nahen Insects, ungeachtet sie neben den Fühlhörnern
auch Augen besitzt. Sind ihr jene verstümmelt,
so ist sie unfähig zum Fange und kömmt vor Hunger
um.*)
In dieser Form von blofsen Sonden sind aber die
Tastwerkzeuge nur zur Erforschung der Gegenwart
von Körpern überhaupt, der Härte, Weichheit und
Entfernung derselben, nicht aber ihrer Gestalt und
Schwere und der Beschaffenheit ihrer Oberfläche
tauglich. Die Gestalt der Körper wird nur vermittelst
Tastwerkzeuge empfunden, welche die Gegenstände
ganz umfassen können und in allen Puncten empfindlich
sind. Zu den unvollkommenen Organen solcher Art
gehören: die Fangarme der Polypen und Sepien, der
ganze Körper mancher Schlangen und die Winkelschwänze
mancher Säugthiere. Indem diese Theile
einen Körper umschlingen, ohne ihn bei der Berührung
willkührlich drehen und wenden zu können,
geben sie wohl von der Ausdehnung der umfafsten
Fläche, nicht aber von der Gestalt derselben eine
bestimmte Empfindung. Auf ähnliche Weise wirken die
weichen Ballen unter den Fufssohlen mancher Insecten
und die Blätter, woraus bei den Scarabäen das keulenförmige
Ende der Fühlhörner besteht, Jener Ballen
*) C. H e in e lfen , Zoolog. Journ. Vol. V. p. 35.
giebt es zwei unter jeder Fufssohle, z. B. bei Mel-
linus arvensis. Das Insect kann aber nur schmale Körper
zwischen denselben fassen. Bei den Scarabäen machen
die Blätter an dem Ende der Fühlhörner in ihrer
Verbindung ein Tastwerkzeug aus, dessen Theile wie
die Finger der menschlichen Hand geöffnet und geschlossen
werden können. Zur Umfassung harter Körper
sind sie nicht tauglich; wohl aber können weiche Substanzen
von ihnen umfafst werden. Ganz geeignet zur
genauen Bestimmung der Gestalt der Körper vermittelst
des Tastens sind nur die Hände des Menschen
und der Affen, und zwar mehr noch dadurch, dafs
jeder Finger für sich und gegen die übrigen sehr
mannichfaltiger Bewegungen fähig ist, als durch das
feine Gefühl der Fingerspitzen. Dem Menschen stehen
in Rücksicht auf dieses Tastvermögen die Affen am
nächsten, und dann sind ihm darin diejenigen der
übrigen Säugthiere und Vögelarten, die sich ihrer
Füfse einigermaafsen als Hände bedienen können, besonders
die Papageien, verwandt.
Der Mensch und diese Thiere sind durch die
Structur ihrer Tastwerkzeuge zugleich in den Stand
gesetzt, dieselben als Mittel zur Erforschung der
Schwere der Körper zu gebrauchen. Bei allen übrigen
gegliederten Thieren sind die Organe des Tastens
hierzu nicht mit eingerichtet. Ihnen können für diesen
Zweck nur ihre Beine nützen, die um so mehr zur
Bestimmung des Unterschieds der Schwere leichterer
Körper geeignet sind, wenn sie eine grofse Zahl von
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