Nerve steht dem esoterischen Wirken vor, und die
übrigen Nerven nehmen hieran nur insofern Antheil,
als sie mit ihm vereinigt sind. Der Verbindung mehrerer
Hirn- und Rückenmarksnerven mit ihm entspricht ein
rhythmisches oder periodisches Wirken derselben. Alle,
zum Athemhohlen dienende Muskeln und selbst die,
welche nur entfernt dabei mitwirken, haben Nerven,
die Zweige von ihm erhalten. Die zum Herzen gehenden
Zweige des zehnten Nervenpaars sind innigst
mit ihm vereinigt. Er vermischt sich mit allen zu den
Geschlechtstheilen gehenden Nerven, deren Empfin-
dungs- und Bewegungsvermögen nicht zu allen Zeiten
in der, ihrer Bestimmung angemessenen Form vorhanden
ist. Die exoterisch wirkenden Nerven sind aber
auch verschieden in ihren Functionen und theilen sich
ebenfalls gegenseitig durch die Verbindungen, worin
sie mit einander stehen, ihre Eigenschaften mit. Fände
diese Mittheilung nicht statt, so würde ihre Vereinigung
zu gemeinschaftlichen Zweigen ganz zwecklos seyn.
Sie sind theils mehr Empfindungs-, theils mehr Bewegungsnerven.
Von jenen sind mehrere für eigene
Empfindungen organisirt, und von diesen hat jeder
eigene Muskeln, die von ihm beherrscht werden.
Vom Riech-, Sehe- und Hörnerven ist es gewifs,
dafs sie nur zum Auffassen der Eindrücke des Geruchs,
Gesichts und Gehörs dienen, also blos Empfindungsnerven
sind.
Die Nerven des dritten, vierten und sechsten Paars
und die kleinere Portion des fünften Paars sind dagegen
vorzüglich Bewegungsnerven.
Ueber die Function der gröfsern Portion des fünften
Paars der Hirnnerven sind von B e ll, M ag en d ie ,
Mayo und Fode'ra Meinungen geäussert, die auf
unentscheidenden Erfahrungen beruhen. E sc h rich t* )
und J. Müller**) haben darüber Versuche, mit, wie es
scheint, bestimmterm Erfolge gemacht. Sie schliessen
aus ihren Erfahrungen, dafs die Zweige jener Portion
mit dem Empfindungsvermögen in Beziehung stehen.
Für die Richtigkeit ihrer Ansicht sprechen allerdings
sonstige Gründe. Aus den Resultaten ihrer Versuche
läfst sich jedoch nur folgern, dafs Reizungen jener
Zweige indirecte Reactionen verursachten. Ob diese
Bewegungen immer Folgen schmerzhafter Empfindungen
waren, oder ohne Mitwirkung des Sensoriums
erfolgten, läfst sich nicht bestimmen.
Von dem Antlitznerven, der ohne Zweifel direct
auf die Bewegungen der Gesichtsmuskeln einwirkt,
hat man gesagt: es fehle ihm auch nicht das Empfindungsvermögen;
***) es schienen dasselbe aber nur
diejenigen seiner Zweige, in welche Aeste der gröfsern
Portion des fünften Hirnnerven und Fäden der Halsnerven
mit eingehen, zu besitzen.-}-) Die Erfahrungen,
woraus man dies geschlossen hat, beweisen aber ebenfalls
nur, wie die Versuche an der gröfsern Portion
des Trigeminus, dafs Reizungen jener Zweige indirecte
Reactionen verursachen.
De function, nervorum faciei et olfactus organi. p. 42 sq.
**) A. a. O. Nro. 646. S. 117.
***) J. M ü lle r a. a. 0. Nro. 647. S. 133.
f ) E s c h r ich t a. a. 0.