ZW ÖL FT E S BUCH.
Periodischer Wechsel
in d e n E r s c h e i n u n g e n de s L e b e n s .
In der ganzen Natur finden periodische Veränderungen
statt. Es giebt auf unserer Erde einen
Wechsel von Jahres- und Tageszeiten, und die physischen
Verschiedenheiten dieser Zeiten bestehen nicht
nur in einem hohem und geringem Grade der Temperatur
und einerstärkern und schwachem Beleuchtung,
sondern betreffen auch den übrigen Zustand der
ganzen Atmosphäre. Grade .von den Einwirkungen,
die jenem Wechsel unterworfen sind, ist aber das
Leben aller, organischen Wesen abhängig. Es mufs
daher auch ein periodischer Wechsel der Lebenserscheinungen
demselben entsprechen. Dieser zeigt
sich vorzüglich au dem Wachen und Schlaf, worin
das Leben aller Pflanzen und Thiere getheilt ist, und
an der periodischen Lethargie, welcher viele derselben
unterworfen sind. Ob jedoch dieser Wechsel blos
Folge desjenigen ist, der in den äüssern Einwirkungen
vorgeht, oder ob er nicht auch nach einem, in der
Autonomie des Lebens begründeten Gesetz erfolgt,
wird sich aus den folgenden Untersuchungen ergeben.
Wachen und Schlaf.
Der Mensch ist wachend, wenn er in der Sinnenwelt
lebt. Während dem Schlaf nehmen seine Sinne
keine Eindrücke auf, überbringen keine dem Senso-
rium und geben keinen Antrieb zu wiilkührlichen
Bewegungen. Aber die Verrichtungen des unbewufsten
Lebens haben ihre Fortdauer. Ein Character des Schlafs
ist daher Ruhe im Aeussern. Allein ein Thier, bei
dem wir blofs diese finden, sind wir noch nicht befugt,
für schlafend zu halten. Mehr Grund hierzu
haben wir da, wo jene Ruhe periodisch zu gewissen
Tageszeiten wiederkehrt, und noch mehr dann, wenn
mit derselben ein Gegensatz im Zustand gewisser
äusserer Organe gegen den sonstigen verbunden ist.
Während der äussern Ruhe in den wdllkührlichen
Bewegungsorganen des schlafenden Menschen findet
nicht in allen diesen Theilen gänzliches Aufhören
ihrer Wirksamkeit statt. Der Aufhebemuskel des obern
Augenlids ist dann ausgedehnt, aber der ringförmige
Muskel beider Augenlider zusammengezogen. Es sind
überhaupt dann alle willkührliche Muskeln nicht ganz
erschlafft, sondern in einem solchen Grade von Spannung,
dafs keiner seinen Antagonisten ganz überwindet,
aber auch nicht von diesem ganz überwunden
wird. Wenn bei der periodischen Ruhe zugleich solche
Gegensätze in der Thätigkeit äusserer Theile vorhanden
sind, so läfst sich annehmen, dafs dieser
Zustand dem Schlaf des Menschen ähnlich ist.