wirklicher Gegenstände kömmt es aber auch auf scharfe
Umrisse dessen an, was nicht in der Augenaxe selber,
sondern in deren Nähe liegt, und für dieses mufs
durch die vorausgesetzten Veränderungen des Auges
die Deutlichkeit der Darstellung mehr vermindert als
befördert w'erden, wenn nicht dabei auch Veränderungen
der Krümmung des Hintergrundes eintreten, auf welchem
die gebrochenen Strahlen Zusammentreffen. Bei keinem
der Mittel, wovon man angenommen hat, dafs sie die
Accommodation bewirken, läfst sich aber nachweisen,
dafs sie die Krümmung dieses Hintergrundes so verändern,
wie dieselbe den hypothetischen Veränderungen
der brechenden Theile des Auges gemäfs abgeändert
werden müfste. Ueberdies sind, wie ich im 6. Bande
der Biologie (S. 496 fg.) gezeigt habe, jene Mittel
nicht einmal zur Bewirkung dieser letztem Veränderungen
geeignet.
Ein Gegenstand wird deutlich gesehen, wenn er
sich mit bestimmten Umrissen darstellt. Zu dieser
Deutlichkeit des Sehens bei verschiedenen Entfernungen
des Objects bedarf es eines bestimmten Verhältnisses
der strahlenbrechenden Kräfte des Auges gegen einander;
einer Krümmung des Hintergrundes des Auges,
welche diesem Verhältnifs genau entspricht, und einer
demselben angemessenen Reizbarkeit sowohl der Netzhaut
als der Iris. Findet unter diesen Momenten nicht
die gehörige Harmonie statt, so kann es geschehen,
dafs das Sehen blos für eine einzelne Entfernung
deutlich, für jede andere aber nicht ist. Beim deutlichen
Wahrnehmen der Gegenstände kömmt es auch
noeh auf einen andern wichtigen Punct an, den man
bei der Frage nach einem Einrichtungsvermögen des
Auges nicht gehörig berücksichtigt hat, auf das Vermögen,
die Reizbarkeit der Netzhaut willkührlich für
einen gewissen Eindruck durch Aufmerken zu erhöhen.
Da die Strahlenbüschel von entfernten Puncten bei
ihrem Durchgang durch die Luft mehr an Stärke
verliehren als die von nahen, so können sie, wrenn sie
sich auch eben so genau als die letztem auf der Netzhaut
vereinigen, doch absolut nie so kräftig als diese
auf die Sehkraft wirken, und es mufs für ihren Eindruck
die Reizbarkeit der Netzhaut erhöhet werden,
wenn derselbe relativ dem absoluten der Strahlen von
nähern Objecten gleichkommen soll. Dieses Wirken
der Seele auf die Netzhaut ist zugleich die Ursache
der Zusammenziehung und Erweiterung der Iris beim
Ferne- und Nahesehen. Man kann vermittelst desselben
Bewegungen der Iris hervorbringen, die den Schein
willkiihrlicher haben, doch in der That nur mittelbare
Folgen einer Thätigkeit des Willens sind.*)
Obgleich es aber keine innere Veränderungen des
Auges beim Ferne- und Nahesehen ausser den Bewegungen
der Iris giebt, so besitzen doch viele Thiere
ein äusseres Mittel zum deutlichem Sehen in der Nähe
'0 Mit den obigen Sätzen glaube ich die Erinnerungen beantwortet
zu haben, die von Muncke in seiner Beurtheilnng des lten
Hefts meiner Beitr. zur Anat. u. P h y sio l. der S in n e sw e r k /,
in den H e id e lb e r g e r J ahrbü ch ern der L itte r a tu r (1830,
Nro. 15—1/7), der einzigen, mir bekannt gewordenen Anzeige dieses
Werks, die fiir mich belehrend war,0 gegen meine Meinung vom
Nahe- und Fernesehen gemacht sind.