Die einfachen Augen aller articulirten wirbellosen
Thiere sind so klein und haben durchgängig eine so
convexe Linse, dafs sie nur zum Sehen sehr naher
Gegenstände in einem kleinen Bezirk dienen können.
Für entferntere Objekte und einen weitern Gesichtskreis
sind die zusammengesetzten Augen bestimmt, die
dagegen beim Nahesehen keine Anwendung finden.
Bei dieser Zerstückelung haben die Sehewerkzeuge
der wirbellosen Thiere wenig Vollkommenheit. Durch
die zusammengesetzten Augen müssen nahe Gegenstände
wie hinter einem Gitter erscheinen. Auf eine
bedeutende Entfernung können aber diese Organe auch
nicht wirken, weil jeder Faden des Sehenerven nur
von einem sehr dünnen Strahlenbüschel getroffen wird,
der, wenn er von einem fernen Object kömmt, nicht
mehr kräftig genug ist, den Faden hinreichend zu
rühren, und weil die, von den Theilen eines fernen
Gegenstandes kommenden Strahlenbüschel nicht mehr
in dem Grade divergiren, dafs zu jedem einzelnen
Sehenervenfaden nur ein einziger Büschel gelanget.
Es zeigen in der That auch keine Aeusserungen der
Insecten und Crustaceen, dafs sie ein Object in gröfserer
Weite als höchstens von 15 Fufs erblicken.*) Bei vielen
kann dieser Abstand kaum einige Fufs betragen. Die
einfachen Augen können wohl in einer gewissen Entfernung
eine sehr deutliche Wahrnehmung gewähren.
Allein bei der Kleinheit ihres Wirkungskreises ist doch
die Anwendung jedes einzelnen Auges sehr beschränkt.
Die Zahl derselben ist zwar dagegen bei manchen ungeflügelten
Insecten sehr grofs. Aber es ist schwer
einzusehen, warum sie z. B. bei den Asseln in grofser
Menge dicht neben einander liegen, statt auf dem
ganzen Kopfe vertheilt zu seyn. Ueberhaupt hat die
Function dieser Organe viel Räthselhaftes. Es ist begreiflich,
wie die drei derselben, welche die Hymen -
opteren und Dipteren besitzen, diesen Thieren in den
Röhren der Blumen und an andern Orten, wo sie
ihre Nahrung finden, von Wichtigkeit seyn können.
Aber es ist nicht leicht zu erklären, warum sie grade
auf dem Gipfel des Kopfs angebracht sind und nicht
näher den FrefsWerkzeugen, mit deren Verrichtung
die ihrige doch zunächst in Beziehung steht.
Die Hauptursache der Unvollkommenheit dieser
Organe ist ihre Unbeweglichkeit. Mit dem einfachen
Auge kann das Thier nur den einzigen Punct deutlich
sehen, der in der Axe der Linse liegt, wenn diese nicht
eine vollkommene sphärische Gestalt hat. Ist sie aber
eine Kugel, so rnufs sie unverhältnifsmäfsig grofs seyn,
um für nicht ganz nahe Objecte zu passen. Sie hat
in der That diese Form bei den wirbellosen Thieren.
Aber eben darum ist sie auch immer sehr klein und
nur zum Sehen in der Nähe brauchbar. Die zusammengesetzten
Augen wirken zwar ohne Beweglichkeit auf
eine gröfsere Weite. Allein durch sie können, wie
gesagt, sich keine Bilder mit sehr scharfen Umrissen
darstellen. Alle Wirbelthiere mit ausgebildeten Gesichts-
Werkzeugen haben dagegen bewegliche Augen und sind
hierdurch in den Stand gesetzt, nicht nur ein weites