Axen beider Augen auf den Gegenstand von Wichtigkeit.
Wir können sie einigermaafsen auch mit Einem Auge
aus der Gröfse des Winkels, unter welchem das Object
diesem erscheint, aber mit Gewifsheit nur aus der
Gröfse des Winkels, den die Axen beider Augen mit
einander machen, wenn beide auf Einen und denselben
Funct gerichtet sind, abnehmen. Jene Gröfse wird
unmittelbar aus der Anstrengung empfunden, deren es
zu dieser Richtung bedarf. Ohne ein geistiges Wirken
auf die Augenmuskeln bleiben die Axen beider Augen
immer in paralleler Stellung, und durch ein solches
Wirken können sie immer nur zur Convergenz, nie
zur Divergenz gebracht werden. Einige Thiere, z. B.
der Chamäleon und nach C ouch*) der Blennius Pholis,
sind zwar im Stande, mit beiden Augen nach verschiedenen
Richtungen zu blicken. Dieses Sehen geschieht
aber nicht durch die gewöhnlichen Augenmuskeln.
Beim Chamaeleo carinatus habe ich hierüber
folgende Beobachtungen gemacht. Der Augapfel dieses
Thiers liegt in einer, an allen Seiten von knöchernen
Wänden umgebenen Augenhöhle. Der vordere Rand
der Sclerotica ist an der inwendigen Fläche eines
ringförmigen Augenlids so befestigt, dafs der Augapfel
den Bewegungen dieses Theils folgen mufs.
Hinter dem Augenlid befindet sich eine Nickhaut, die
einen, an der Wand der Augenhöhle, auf der Seite
des innern Augenwinkels befestigten Muskel hat, wodurch
sie zurückgezogen wird. Die vordere Fläche
dieser Haut ist mit der hintern des Augenlids verwachsen.
Wenn also ihr Muskel auf sie wirkt, so
zieht derselbe zugleich das Augenlid und damit auch
den Augapfel nach dem innern Augenwinkel. Der
Augapfel hat dabei die nehmlichen vier graden und
zwei schiefen Muskeln, die es an ihm bei den übrigen
Wirbelthieren giebt, und blos diese wirken auch immer
auf die gewöhnliche Weise an beiden Augen, so oft
der Chamäleon ein Insect scharf ins Auge fafst, das
er erhaschen will.
Für jene Anstrengung, die erforderlich ist, um
die Axen beider Augen auf einerlei Punct zu richten,
müssen manche Thiere ein noch feineres Gefühl als
der Mensch haben, da einige, z. B. die Gemse, die
Fledermäuse, viele Raubsäugthiere und Raubvögel,
beim Sprunge oder beim Herabstürzen im Fluge den
nöthigen Kraftaufwand so genau zu schätzen wissen,
dafs sie sehr selten ihre Beute oder die Stelle, worauf
sie sich niederlassen wollen, verfehlen. Ein nicht weniger
scharfes Augenmaafs besitzen zwar auch manche
Insecten, denen doch die Beweglichkeit der Augen
fehlt, z. B. die Jägerspinnen und die Libellen. Allein
die Augen dieser Thiere haben keine Axe, worin die
Gegenstände vorzugsweise gesehen werden. Sie nehmen
in jedem Punct ihrer Augen, sowohl der einfachen
als der zusammengesetzten, jeden äussern Punct gleich
deutlich wahr, von welchem zu jenem ein Strahl gelangt,
der auf der Fläche ihrer Hornhaut senkrecht
steht. Immer aber wird ein solcher äusserer Punct
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