Weniger Einflufs auf die Richtung der Bewegungen
als bei diesem Nachtfalter hatte die Wegnahme des
Fühlhorns der einen Seite bei einer Kellerassel (Por-
cellio scaber La tr.) und einer Vespa parietum. Die
Assel schien zwar vorzugsweise nach der rechten Seite
zu laufen. Doch kroch sie auch oft in grader Richtung
und zuweilen nach der linken Seite. Die Wespe lief
nach wie vor sowohl nach der rechten als der linken
Seite. Eiue Aeshna forcipata aber, der ich die untere
Hälfte der Hornhaut des rechten Auges mit möglichster
Schonung des Sehenerven weggeschnitten hatte, lief
wieder stets nach der linken Seite. Sie lebte ohne
Kopf vier Tage und gab fortwährend in dieser Zeit
Excremente von sich. Sie setzte sich aber nur noch
in Bewegung, wenn ich ihre Palpen am After mit einer
Pincette zusammendrückte, und konnte sich ihrer Flügel
nicht mehr bedienen.
Walckenaer*) erzählt von der Cerceris ornata,
einer Art der Wespenfamilie, die einer, einsam in
Löchern lebenden Biene, dem Halictus Terebrator,
sehr nachstellt und immer in die Löcher desselben
einzudringen sucht: Er habe einer solchen Wespe in
dem Augenblick, wo sie eindringen wollte, den Kopf
abgestofsen, und doch dieselbe nicht nur ihre Bewegungen
mit unveränderter Geschwindigkeit fortsetzen,
sondern auch, nachdem ér sie nach der entgegengesetzten
Seite hingedrehet hatte, zu dem Loche
umkehren und darin eindringen gesehen. Nach meinen
*) Mém. pour servir ä 1’Hist. nat. des abeilles solitaire» qui
composent Ie genre Halicte. Paris. 1817. S. 39.
eben angeführten Erfahrungen ist in dieser Beobachtung
nichts Unwahrscheinliches.*)
Der im Kopf enthaltene Hauptknoten des Nervensystems
der wirbellosen Thiere läfst sich als das
Rudiment des Gehirns der Wirbelthiere betrachten,
ist aber darin von diesem verschieden, dafs er im
Innern nie aus ungleichförmigen Theilen besteht.
Die Masse desselben hat nie ein bedeutendes Ueber-
gewicht über die der Nerven, die aus ihr entspringen.
Sie steht bei vielen jener Thiere selbst der Masse
einzelner von diesen weit nach, und hat immer ein
sehr kleines Yerhältnifs zur Masse des ganzen Körpers.
Jedes Sinnesorgan empfängt aus ihr immer nur einen
einzigen Nerven, der sich als Sinnesnerv in demselben
verbreitet. Dieser Umstand, die Lage der Masse rings
um den Schlund und die Abwesenheit eines Fortsatzes
von ihr, der mit dem Rückenmark der hohem
Thiere verglichen werden könnte, lassen vermuthen,
dafs ihre beiden Hälften die über und unter dem
Schlund mit einander vereinigten halbmondförmigen
Knoten der Nerven des fünften Paars der Wirbelthiere
sind, die schon bei manchen Amphibien und Fischen
ein sehr grofses Verhältnifs zum Gehirn haben. Ich
fand z. B. bei einem Kabliau (Gadus Morrhua) das
Gewicht dieser beiden Knoten, nach Trennung derselben
von den aus ihnen entspringenden Nerven-
stämmen, zusammengenommen 8 Gran und das des
Gehirns 48a Gran. Ihre Masse machte also ein Sechstel
der Masse des letztem aus.
*) Man yergl. Biologie. B. 5. S. 439.