Gefäfs unterbunden ist, so findet doch das Blut, dem
der gewöhnliche Weg versperrt ist, sehr bald einen
Ausgang durch anastomosirendC Zweige. Was hindert
dasselbe bei der Entzündung, nicht ebenfalls durch
solche Zweige zu entweichen?
Erwägt man dieses Alles, so wird man zugeben
müssen, dafs Entzündung noch andere Ursachen als
blofse Abweichung der mechanischen Bewegung des
Bluts Von ihrer gewöhnlichen Form haben mufs. Was
zuverlässig in jedem entzündeten Theil vorgeht,' ist
Anhäufung der Blutkügelchen. Diese kann nicht auf
mechanische Art entstehen, sondern mufs von einer
anziehenden Kraft herrühren. Es ist möglich, dafs
damit anfangs auch ein Anschwellen der Blutkügelchen
verbunden ist. Doch läfst sich dies nicht beweisen.
Die Blutkügelchen verändern allerdings ihr Volumen.
Es hat mir oft geschienen, dafs sie mit Wasser vermischt
anfangs sich ausdehnten. Da sie indefs im
Wasser ihre Lage verändern und bald eine gröfsere,
bald eine kleinere Axe dem Beobachter zuwenden, so
hält es schwer, hierüber etwas Gewisses auszumachen.*)
*) J. M üller sagt tin Burdach’s Physiologie B. 4. S. 105):
er habe beobachtet, dafs die elliptischen Blutkörperchen der Fische,
Amphibien und Vögel, nach der Vermischung mit Wasser, rund und
kuglich würden. Dies sähe ich nie; wohl aber habe ich oft gefunden,
dafs die Blutkügelchen unter Wasser eine Stellung annehmen, worin
sie der Oberfläche des Wassers und dem Auge des Beobachters das
eine Ende ihrer langem Axe in mehr oder weniger schiefer Richtung
zukehren. In einer solchen Lage erscheinen sie dann freilich
beinahe kuglich. Man überzeugt sich aber, dafs dieses Ansehn von
ihrer veränderten Stellung herrührt, wenn man das Wasser soweit
verdiinsten läfst, bis sie nicht mehr darin aufrecht stehen, sondern
Zuweilen aber habe ich sie deutlich zusammengezogen
gefunden, und zwar auch dann, wenn sie so eben
erst aus den Blutgefäfsen eines lebenden Thiers hervorgetreten
waren, und nicht etwa das Serum, worin
sie schwammen, verdünstet war. Ihre äussere Hülle
war dann oft so gefalten, dafs sie bei schwacher
Vergröfserung als aus mehrern kleinern Kügelchen
bestehend aussahen.
Die Blutkügelchen stehen in einer Wechselwirkung
mit dem Serum. Ohne die Voraussetzung eines solchen
Einflusses läfst sich nicht das Gerinnen des gelassenen
Bluts erklären. Dieser wird aber durch einen Einflufs
des Nervensystems geregelt, der von doppelter Art ist.
Der eine ist fortwährend und erhält das angemessene
Verhältnifs jedes Theils zum Ganzen und zur Aussen-
welt. Der zweite tritt bei jeder Einwirkung der Aus-
senwelt auf den Körper und des Körpers auf die
Aussenwelt ein. Beide sind in jedem besondern Theil
von besonderer Art. Die Wechselwirkung zwischen
den Blutkügelchen und dem Serum mufs sich also
bei jedem Uebergang des Bluts in andere Zweige
des Gefäfssystems verändern. Der fortwährende Einflufs
und durch ihn diese Wechselwirkung wird aber
sich auf die Seite legen. In einem Tropfen einer Flüssigkeit, die
specifisch schwerer ist als das Wasser, stehen sie nicht wie in dem
letztem auf dem Grunde, sondern schwimmen an der Oberfläche,
mit der breiten Seite nach oben gekehrt. Eine solche Flüssigkeit ist
das Serum, und Wasser, worin Kochsalz und Zucker aufgelöst ist.
M ü lle r hat sich also auch getäuscht, wenn er glaubte, in diesen
Materien veränderten die Blutkügelchen nicht ihre Gestalt wie im
reinen Wasser.