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Sinneswerkzeuge und verschiedenen Theilen des sympathischen
Nerven statt. In dem Augenblick, wo das
Auge mit dem Auffassen eines Gesichtseindrucks ganz
beschäftigt ist, versagt das Gehörwerkzeug seine Dienste,
und daher rührt es, dafs von mehrern Personen, welche
die Zeit des Eintritts eines Sterns in einem gewissen
Punct beobachten, Keiner dieselbe ganz übereinstimmend
mit dem Andern angiebt. *) Der See-Elephant
lebt während der Paarungszeit wenigstens zwei Monate
am Lande, ohne Nahrung zu sich zu nehmen.^*)
Während die Reizbarkeit der Nerven der Zeugungs-
theile durch den Geschlechtstrieb bei ihm aufs Höchste
gesteigert ist, sind also die des Nahrungscanals ganz
unempfänglich für den Ernährungstrieb.
Die nehmlichen Gesetze finden auch bei der Einwirkung
äusserer Reize statt. Diese haben, wenn sie
nicht blos mechanisch wirken, stets eine Nebenwirkung
nicht nur auf das Ströhmen, sondern auch auf die Beschaffenheit
des Bluts, das dem gereizten Nerven zu-
fliefst. Die Veränderung des erstem verändert aber
die Empfänglichkeit des letztem, und so geschieht es,
dafs Eindrücke jener Art, während sie einen Nerven
zur Thätigkeit aufregen, zugleich die Erregbarkeit
desselben in Beziehung auf andere Eindrücke umwandeln.
So w'ird der Geschmack durch jede Speise
auf eine eigene Art für andere Speisen gestimmt, und
die Empfindlichkeit für Wärme durch Kälte, für Kälte
*) N ic o la i in der Isis. 1830. H. 5. S. 673.
**) J. W e d d e ll’s Reise in das siidl. Polarmeer in den Jahren
1822—24. Weimar 1827- S. 84.
durch Wärme erhöhet. Viele Substanzen wirken in so
weit höherm Grade auf das Blut als unmittelbar auf
die Nerven ein, mit denen sie in Berührung kommen,
dafs jener Einflufs diesen weit überwiegt. Sie stimmen
dabei durch die Veränderungen, die sie im Lauf und
der Beschaffenheit des Bluts hervorbringen, oft die
Reizbarkeit ganz anderer Theile des Nervensystems um,
als derer, die von ihnen zunächst afficirt werden.
Ihr Einflufs auf die letztem ist blos topisch, solange
nicht das Blut von ihnen verändert ist. Auf solche
Weise wirken alle Gifte, besonders die narcotischen.
Bestreicht man damit eine Stelle des entblöfsten Nerven
eines willkührlichen Muskels, so erfolgen in diesem
oft gar keine Reactionen, oft nicht stärkere als nach
mechanischen Reizungen, und ihn regt nach wie vor
der Galvanische Reiz zum Zusammenziehen auf, wenn
derselbe nur nicht grade an der bestrichenen Stelle
angebracht wird.*) Die Zufälle von Vergiftung treten
immer erst nach dem Einflufs des Gifts auf das Blut
ein.**) Es zeigt sich dabei eine Aehnlichkeit in der
bestimmten Wirkung derselben auf einzelne Theile mit
der der sinnlichen Triebe, Affecten und Leidenschaften.
Wie Traurigkeit und Kummer, so wirkt die rothe
Digitalis auf den Umlauf des Bluts; wie Bangigkeit
und Angst, so die falsche Angustura auf das Athein-
hohlen; wie iibermäfsige Freude, Opium auf das
Gehirn; wie Furcht, ein drastisches Gift auf den
§1 Biologie. B. 5, S. 375.
Ebendas. S. 379. R en g g e r in M e ck e l’s Archiv f. d. Anat,
und Physiol. 1839. S. 376. 387.