der Geschmack gelitten.*) Die eine Beobachtung beweist
so wenig als die andere, dafs der Geschmack
ausschliefslich von dem einen oder dem andern Nerven
abhängig ist. Entsteht doch auch nach Verletzung
der Ciliarnerven des Auges Blindheit, obgleich diese
Nerven nicht unmittelbar zur Aufnahme und Fortpflanzung
der Gesichtseindrücke dienen. Soviel ist
jedoch gewifs, dafs der Zungenfleischnerve der Hauptbewegungsnerve
der Zunge ist; dafs der Zungenast
des fünften Paars für sich schon einen gewissen Grad
oder eine gewisse Art des Geschmacks bewirken kann,
da die Gaumenwärzchen, denen doch auch das Vermögen
zu schmecken nicht ganz fehlt, blos Fäden
von den Nasengaumennerven jenes Paars erhalten, und
dafs auch der Zungenfleischnerve dieses Vermögen besitzen
mufs, wreil sich von ihm Fäden bis in die
kelchförmigen Papillen der Zunge verfolgen lassen.
Wir werden also ein zungenähnliches Organ der Thiere
für ein Geschmacksorgan halten dürfen, wenn dasselbe
Nerven hat, die mit den dreierlei Zungennerven des
Menschen Übereinkommen. Es wird ‘sich aber nicht
annehmen lassen, einem solchen Organ fehle der Ge-
*) Biologie. B. 6. S. 334 fg. Der letztere Fall ist der oft besprochene
in Heuermann’s Physiologie, der aber so oberflächlich
erzählt ist, dafs sich nicht viel darauf bauen läfst. Es ergiebt sich
aus dem, was Heuermann davon sagt, nicht, ob A lbin die Beobachtung
selber gemacht, oder nur mitgetheilt erhalten hat; ob der
Zungenfleischnerve nur auf der einen, oder auf beiden Seiten durchschnitten
war; ob sich der Geschmack ganz verlohren hatte, oder
nur stumpfer geworden war, und welchen Einflufs die Operation auf
das Bewegungsvermögen der Zunge gehabt hatte.
schmacksinn ganz, wenn es nur Einen dieser Nerven
besitzt. Selbst ein Theil, in welchem andere Gründe
den Sitz dieses Sinns vermuthen lassen, wird für ein
Geschmacksorgan gelten dürfen, wenn seine Nerven
auch nicht mit den Zungennerven des Menschen verglichen
werden können.
Wenden wir diese Kennzeichen eines Geschmacksorgans
zuerst auf die Landsäugthiere an, so folgt,
dafs denselben insgesainmt der Sinn des Geschmacks
zukommen mufs. Sie besitzen eine Zunge, die als
Bewegungsorgan einerlei Bau und einerlei Verrichtungen
mit der menschlichen hat, in den nehmlichen
Verhältnissen zu den übrigen Theilen des Mundes wie
die des Menschen steht, und ähnliche Nerven und
Papillen wie diese hat. Bei den vierfüfsigen Säug-
thieren haben zwar die conischen Zungenwärzchen in
der Regel eine steife Scheide mit einer nach hinten
gerichteten, hornartigen Spitze oder Schuppe, die
ihnen als Geschmackswerkzeugen den Werth benimmt.
Aber die pilz- und kelchförmigen Wärzchen sind
doch bei ihnen immer ohne einen solchen Ueberzug.
Nur sind die letztem meist auf ihrer Zunge in geringerer
Zahl als auf der des Menschen zugegen, und oft auch
mit einer nicht so dünnen Oberhaut wie auf dieser
überzogen.
Hiernach kann freilich die Zunge der mehresten
Säugthiere keinen so feinen Geschmack als die menschliche
haben. Doch sind manche dieser Thiere auf andere
Art dafür entschädigt. Bei einigen haben andere Theile
des Mundes ganz den Bau der Geschmacksorgane.