oder umgekehrt von den Nerven nach dem Innern
des Gehirns statt. Jene geht bei der willkührlichen
Muskelbewegung, diese beim Empfinden vor. Indefs
ist bei allem Wollen und Empfinden keine ohne die
andere. Indem wir einen Act des Wollens vollziehen,
empfinden wir auch das Resultat desselben, und indem
wir empfinden, wirken wir auch auf das peripherische
Ende des Nerven durch willkührliches Aufmerken auf
den Eindruck. Hiervon unabhängig ereignet sich aber
auch bei allen lebhafteren Operationen der Einbildungskraft
ein Wirken von innen nach aussen. Jede Vorstellung
ist ein Abstractes von Einer oder mehrern
Empfindungen. Bei der Empfindung ist das peripherische
Ende eines gereizten Nerven, bei der Vorstellung
ein Theil im Innern des Gehirns das ursprünglich
Thätige. Beim Schaffen der Einbildungskraft geht eine
Thätigkeit vom Innern des Gehirns zu einem oder
mehrern Sinnesnerven über. Je mehr diese Nerven
dadurch in ein ähnliches Wirken wie von einem äussern
Eindruck versetzt werden, desto mehr Lebhaftigkeit
erhält die Vorstellung und desto concreter wird sie.
Auf dieses Wirken hat der Wille Einflufs. Es hängt
jedoch nicht von der Willkühr ab, eine von der Ein -
bildungskraft erzeugte Vorstellung ganz in eine Empfindung
zu verwandeln. Wohl aber können Einwirkungen
auf das Gehirn, die vom sympathischen Nerven
auszugehen scheinen, wirkliche Sinnesempfindungen
hervorbringen, denen keine äussere Gegenstände entsprechen.
Solche Empfindungen kommen als Phantome
vorzüglich in den Sehenerven vor.
(\!
)
Bei diesen Hirnwirkungen ist ohne Zweifel der
Verlauf der Hirnfasern von Wichtigkeit. Sie erfolgen
aber nicht ganz nach den Gesetzen dieses Verlaufs,
und um so weniger, je mehr sie höherer geistiger
Art sind. Manche Thatsachen scheinen anfangs daraus
erklärbar. Allein bei genauerer Prüfung finden sich
immer dabei Schwierigkeiten, die sich nicht heben
lassen, ohne noch andere Thatsachen zu Hülfe zu
nehmen. So hat man vermuthet, und ich selber habe
sonst für glaublich gehalten, die Kreutzung, welche
die Pyramidalstränge im Gehirn des Menschen und
der Säugthiere bei ihrem Uebergang vom Rückenmark
zum verlängerten Mark bilden, enthalte den Grund
der Erscheinung, dafs organische Krankheiten der
einen Hälfte des grofsen Gehirns in der Regel Lähmung
der äussern Gliedmaafsen auf der entgegengesetzten
Seite des Körpers zur Folge haben. Ich
habe mich indefs nachher überzeugt, dafs diese Kreutzung
bei den Vögeln und Amphibien nicht statt findet,
obgleich auch bei ihnen die Lähmung der entgegengesetzten
Extremitäten eine Folge nach Verletzungen
des Innern einer Hemisphäre des grofsen Gehirns ist.
Aus jener Voraussetzung ist auch nicht zu erklären,
warum mit der ungleichseitigen Lähmung Zuckungen
der gleichseitigen Glieder verbunden sind. Die Pyramidalstränge
machen überdies nur einen Theil der,
vom Rückenmark in die Hemisphären des grofsen
Gehirns ausstrahlenden Fasern aus. Es läfst sich nicht
nachweisen, dafs die Nerven der Extremitäten mit
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