Sinnenwelt einwirkt, ist das ganze thierische Leben
von ihm abhängig. Die Herrschaft darüber aber tlieilt
er doch bei allen wirbellosen Thieren, die einen
Ganglienstrang haben, mit den übrigen Ganglien.
Sobald diese ohne seine Vermittelung Eindrücke empfangen,
oder sobald von ihm auf sie ein sinnlicher
Eindruck übergegangen ist, bringen sie unabhängig von
ihm die, dem Eindruck angemessenen Bewegungen
hervor. Folgende Beobachtungen werden dies erläutern.
Ein lebhafter Carabus granulatus, dem ich den
Kopf abgeschnitten hatte, lief nach der Operation
eben so wie vorher herum, suchte über die Wände
einer Schaale, worin er sich befand, hinauszukommen,
um zu entfliehen, und spritzte aus den Blasen am
After den darin enthaltenen ätzenden Saft hervor.
Selbst nach Abschneidung des vordem Theils des
Thorax, W'oran die beiden vordem Beine befestigt
sind, setzte der Rumpf mit den vier hintern Beinen
die scheinbar willkührlichen Bewegungen noch fort.
Erst nachdem der Thorax noch weiter bis an die
Wurzeln der beiden hintern Beine abgeschnitten war,
gingen diese Bewegungen in Zuckungen über.
Eine Bremse (Tabanus bovinus) machte, als ich
sie nach Wegnahme des Kopfs auf den Rücken legte,
Anstrengungen wieder auf die Beine zu kommen, ergriff
mit den Füfsen eine Pincette, womit ich einen
dieser Theile berührte, und kroch daran herauf.
Uebereinstimmung und Zweckmäfsigkeit in den Bewegungen
dauerten hier also nach dem Verlust des
Kopfes fort.
Insecten, denen ich nur die rechte oder linke
Hälfte des Kopfs wegnahm, liefen immer im Kreise
nach der Seite der übriggebliebenen Hälfte. Weitere
Versuche aber bewiesen, dafs die Ursache nicht der
Verlust der einen Hirnhälfte, sondern der Sinnesorgane
der einen Seite war.*)
Eine Bombyx pudibunda, der ich das linke Fühlhorn
abgeschnitten hatte, lief ebenfalls immer im Kreise
nach der rechten Seite. Das Drehen nach dieser Seite
wurde noch lebhafter, nachdem ich die ganze linke
Hälfte des Kopfs weggenommen hatte. Ich schnitt
hierauf den Kopf ganz weg. Das Thier gerieth dann
in heftige Agitation, flatterte unaufhörlich mit den
Flügeln, lief fortwährend in Kreisen bald nach der
rechten bald nach der linken Seite, und setzte diese
Bewegungen ununterbrochen eine Viertelstunde fort.
Die Bombyx lebte ohne Kopf drei Tage und fuhr
bis zu ihrem Tode fort, von Zeit zu Zeit so heftige
Bewegungen zu machen, dafs sie sich an den Wänden
der Schachtel, worin sie sich befand, die Flügel ganz
zerschlug. Ihre Bewegungen waren also zwar nicht
mehr zweckmäfsig, nachdem sie die Theile ganz ver-
lohren hatte, wodurch die Zweckmäfsigkeit derselben
bestimmt werden konnte, die Sinneswerkzeuge; die
Uebereinstimmung in den Bewegungen war aber nach
dem Verlust des Kopfs nicht aufgehoben.
*) Auch G o e z e CBelehrung über gemeinnützige Natur- und
Lebenssachen. S. 4 3 ) salie eine Hornisse, der er das zusammengesetzte
Auge der einen Seite mit einem undurchsichtigen Firuifs
bestrichen hatte, immer nach der Seite des unbedeckten Auges fliegen.
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