Schwangerschaft.
Das Wort Schwangerschaft hat keine ganz bestimmte
Bedeutung. Man kann darunter das Tragen
des Eies nach dessen Austritt aus dem Eierstock bis
zur Ausschliessung desselben aus der äussern weiblichen
Zeugungsöffnung ohne Rücksicht auf die Befruchtung
verstehen; oder für die Periode der Trächtigkeit
die Zeit annehmen, während welcher das
befruchtete Ei im mütterlichen Körper bleibt, ohne
mit demselben verbunden zu seyn; oder diese Periode
auf die Zeit des organischen Zusammenhangs der
Frucht mit der Mutter nach der Befruchtung beschränken.
Eine Schwangerschaft in der ersten Bedeutung
giebt es bei den wirbellosen Thieren; in der
zweiten bei den Wirbelthieren, mit Ausnahme der
Säugthiere; in der dritten bei den Säugthieren und
Pflanzen.
Die Eier der wirbellosen Thiere entstehen vielleicht
in organischer Verbindung mit den Eierstöcken.
Aber mit Bestimmtheit läfst sich dies nicht nachweisen.
Ihren Ursprung nehmen sie aus einer ungeformten
Materie, mit welcher die Anfänge der Eierbehälter
gleichförmig angefüllt sind. Sobald sie soweit gebildet
sind, dafs sie sich deutlich wahrnehmen lassen, schwimmen
sie entweder in der Flüssigkeit eines Sacks, oder
liegen in Röhren oder Zellen, ohne, wie es scheint,
mit ihren Behältern zusammenzuhängen. Liegen sie in
Röhren, die sich zu einem Uterus vereinigen, wie bei
den Insecten der Fall ist, so rücken sie darin nach
dem äussern Ende derselben immer weiter vor, so wie
sie an Gröfse zunehmen, und ist der Uterus mit ihnen
angefüllt, so werden sie gelegt, wenn sie auch noch
nicht befruchtet sind. Durch die Befruchtung kann
das Legen beschleunigt Werden. Aber in einer fest
bestimmten Zeit folgt dieses nicht immer darauf.
Manche Arten wiederhohlen die Paarung von der
ersten Zeit des Entstehens der Eier an bis zum Aus-
schlufs derselben. P feiffer* ) sähe zwei Weinbergschnecken
sich am lOten July begatten, am folgenden
Tage die Paarung wiederhohlen, und gleich darauf die
eine Eier legen. Ich fand diese Thiere schon am
23ten April in der Paarung, während in keinem derselben
noch Eier sichtbar waren.**) Helix aspersa L.
soll nach dreimaliger Paarung gebähren. ***) Für die
Insecten,. Crustaceen und Mollusken, die sich spät im
Herbst begatten,, ist der Winter die Zeit der Trächtigkeit.
Zu diesen , gehören die einen Winterschlaf
haltenden Wespen und Hummeln, ausserdem aber auch
die Nacktschnecken. Nach Lister-{-) begattet sich
Limax cinereus im August und legt im April des
folgenden Jahrs Eier. Von Limax ater traf er im
Anfänge des Mai’s Eier an. Dies stimmet mit meiner
Erfahrung überein. Ich fand zwei schwartze Nacktschnecken
an einem der ersten Tage des August in der
Paarung und erhielt im April Eier dieser Schneckenart,
*) Naturgesch. Deutscher Land- und Siifswasser-Mollusken*
Abth. 3. S. 77.
Man sehe oben S. 33.
***) Turpin, Anhäles des sc. natur. T. 85. p. 486.
f ) Hist, animal. Angliae. Tr. 8. Tit. 15 et 17.